Rosenheim/Pristina – Fünf Jahre muss der heute 31-jährige Mann im Gefängnis verbringen – so das Urteil des Amtsgerichts Pristina. Den Schuldspruch nehmen Polizei und Staatsanwaltschaft in Rosenheim mit großer Genugtuung zur Kenntnis.
Schließlich mussten die Fahnder damit rechnen, dass der Bankräuber straffrei davonkommt. Immerhin liegt der spektakuläre „Coup“ von Rosenheim schon über acht Jahre zurück. Tatort war im Frühjahr 2011 die Sparkassenfiliale Happing-Rosenheim im Stadtteil Kaltmühl. „Räuber kam mit der Plastiktüte“ hatten die OVB-Heimatzeitungen damals getitelt.
Der junge Mann, der an einem Donnerstagmorgen plötzlich in Kaltmühl am Schalter stand, hatte nicht nur eine gelbe Plastiktüte mit roter Aufschrift dabei, sondern auch eine Pistole. Die Waffe hielt er den geschockten Sparkassen-Mitarbeitern in der Happinger Straße vor die Nase und verlieh damit seiner Forderung Nachdruck: Er wollte Bargeld.
35000 Euro in gelbe Plastiktüte gestopft
Der mit Kapuzenpulli, Mütze und Schal vermummte Bankräuber bekam auch, was er wollte. Rund 35000 Euro soll er in die Tüte gestopft haben. Dann floh er und verschwand zwischen den Häuserblöcken in Kaltmühl. Sofort startete die Polizei eine Großfahndung. 40 Streifenbesatzungen suchten nach dem Mann, Hubschrauber kreisten über dem Rosenheimer Süden. Trotzdem konnte der „Kapuzenräuber“ entkommen.
Hatte er einen Komplizen, der im Fluchtwagen wartete? Es sah ganz danach aus. Drei Stunden später fiel einem Zeugen am Bahnhof ein Mann auf, der ein paar 100-Euro-Scheine verlor. Darauf angesprochen, lief der Unbekannte davon. Er wurde als Osteuropäer beschrieben, war aber älter als der Bankräuber.
Bald fanden die Rosenheimer Ermittler die Identität des mutmaßlichen Täters heraus: ein damals 23-jähriger Mann aus dem Kosovo, der in Rosenheim wohnte. Aber in der Region suchten die Fahnder vergeblich nach ihm. Er hatte sich in sein Heimatland abgesetzt.
Deshalb bat die Rosenheimer Staatsanwaltschaft die Republik Kosovo um die Übernahme der Strafverfolgung. Das war 2014, wie Oberstaatsanwalt Gunther Scharbert auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte. Alle Ermittlungsunterlagen wurden damals den Kollegen in Pristina übergeben.
Beispielhafter Fall
mit Signalwirkung
In seinem kleinen Heimatland (knapp 1,9 Millionen Einwohner) konnte der Rosenheimer Bankräuber vier Jahre lang untertauchen. Dann klickten im Sommer 2018 die Handschellen. Nun folgte das Urteil. Der heute 31-Jährige soll in dem Prozess geständig gewesen sein. Vor Gericht stand er ausschließlich wegen des Bankraubs in Oberbayern von 2011.
Für Scharbert, den Leiter der Staatsanwaltschaft Rosenheim, ist das Urteil der gelungene Abschluss eines beispielhaften grenzübergreifenden Ermittlungsmarathons: „Der Fall zeigt, dass die Zusammenarbeit mit dem Kosovo erfreulich gut funktioniert.“ Das gelte nicht nur für die junge Republik (unabhängig erst seit 2008), sondern auch für andere osteuropäische Staaten – zum Beispiel Albanien.
So sendet das Urteil über den Einzelfall in den Augen der Rosenheimer Fahnder eine klare Botschaft an Straftäter und die Bevölkerung: Wer glaubt, dass Straftäter auf der sicheren Seite sind, wenn sie in ihren Heimatländern außerhalb des EU-Raums abtauchen, der täuscht sich.
Auch das Strafmaß – fünf Jahre für den bewaffneten Raubüberfall – lässt sich gut mit den Maßstäben deutscher Rechtssprechung in Einklang bringen. Weil nach dem Verfahren nun auch der Strafvollzug im Kosovo abgewickelt wird, spart sich der deutsche Staat auch noch eine Menge Geld an Haftkosten und für die Resozialisierung nach der Entlassung aus dem Gefängnis.
Mitarbeitern
geht es gut
Für die betroffenen Sparkassen-Angestellten war der Überfall ein Albtraum. Aber sie haben das traumatische Erlebnis überwunden. „Unseren Mitarbeitern geht es gut, so wurden damals vom Haus entsprechend begleitet“, teilte Sparkassen-Sprecherin Linda Gallner mit.