Schwimmfähigkeit geht baden

von Redaktion

Lob, aber auch Kritik an der Aktion „Bayern schwimmt“

Rosenheim – Immer weniger Kinder können schwimmen. Die BRK-Wasserwacht Bayern rief darum unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Ilse Aigner unter dem Motto „Bayern schwimmt“ zur Schulschwimmwoche auf. Das Problem: Viele Wasserwacht-Ortsgruppen sehen sich aufgrund mangelnder Kapazitäten außerstande, sich daran zu beteiligen.

Für viele Wasserwachtler kam die Meldung ihres Landesverbands über den Start von „Bayern schwimmt“ aus heiterem Himmel. „Es wäre gut gewesen, wenn man uns darüber im Vorfeld informiert hätte“, ärgert sich Andreas Maurer vom BRK Kreisverband Rosenheim. Nur die Wasserwacht-Ortsgruppen Bad Aibling und Flintsbach machen mit: „Unsere anderen Ortsgruppen können so kurzfristig keine Schwimmlehrer zur Verfügung stellen.“

Große Resonanz seitens der Lehrer

Bei den Lehrern in Stadt und Landkreis Rosenheim stieß die Aktion „Bayern schwimmt“ dagegen sofort auf offene Ohren. „Wir bekamen viele Anfragen“, erzählt Andreas Maurer. Seiner Meinung nach sehen viele Schulen in diesem Angebot gerade jetzt, kurz vor den Sommerferien und nach Zeugnisschluss, auch eine gute Möglichkeit, die Resttage mit unterhaltsamem Programm zu füllen. „Aus ihrer Sicht durchaus verständlich, aber für uns ein Problem. Schule findet nun mal am Vormittag statt und da gehen die meisten unserer Mitglieder einer geregelten Arbeit nach“, so Andreas Maurer.

Die Arbeit der Wasserwacht Rosenheim basiert zum großen Teil auf ehrenamtlichem Engagement. Zeit ist darum für die rund 1200 Mitglieder grundsätzlich ein rares Gut. Generell führt die Wasserwacht ihre Schwimmkurse deshalb bevorzugt in der kälteren Jahreszeit durch. „In den Sommermonaten ist es wichtiger, in den Schwimmbädern und Gewässern nach dem Rechten zu sehen“, erklärt Andreas Maurer.

An den Kinderschwimmkursen der Wasserwacht Rosenheim nahmen im Jahr 2018 308 Kinder teil, bei den Jugendkursen für Fortgeschrittene zählte man 362 Teilnehmer. Grundsätzlich stellt Andreas Maurer fest, dass immer weniger Eltern diese wichtige Aufgabe selbst übernehmen. „Wohl aus Mangel an Zeit oder weil sie meinen, dass ausgebildete Schwimmlehrer mehr Ahnung als sie selbst haben“, mutmaßt er.

Mit dem Schwimmtraining beginnen könne man im Alter von etwa fünf Jahren. Erst einmal gehe es darum, dem Nachwuchs spielerisch die Angst vor dem Wasser zu nehmen: „Man startet mit zwei bis drei Schwimmzügen. Klappt das gut, weitet man nach und nach die Distanz immer weiter aus.“ Von sicherem Schwimmen könne man erst sprechen, wenn ein Kind eine ganze Bahn mit 120 Metern problemlos bewältigt und neben der Technik auch noch versteht, wie man sich bei einem Notfall richtig verhält.

Bei der Maria-Caspar-Filser-Schule in Brannenburg steht Schwimmunterricht bei allen dritten und vierten Klassen im Stundenplan. „Schon bei unseren Drittklässlern finden sich kaum Anfänger“, erzählt Schulleiterin Alexandra Mayr. Vielen fehle aber zu diesem Zeitpunkt noch die nötige Sicherheit und Ausdauer und daran würde man dann während des Schwimmunterrichts arbeiten. Die Schwimmabzeichen sieht Alexandra Mayr als gute Motivation dafür, dass die Kinder auch in ihrer Freizeit eifrig weiter üben. „Sicher schwimmen lernt man nicht in ein paar Stunden. Dafür braucht es viel Übung“, steht für sie fest.

Angst vor

dem Wasser

Auch Christa Fiedler, Rektorin der Grundschule Wasserburg, empfindet den schulischen Schwimmunterricht als sehr wichtig. „Das Niveau unserer Kinder ist ganz unterschiedlich. Viele können es schon in der dritten Klasse perfekt, andere noch gar nicht und es gibt auch immer welche, die richtig Angst vor dem Wasser haben“, lautet ihre Erfahrung.

Besonders bei den Schülern mit Migrationshintergrund sei das oft der Fall. Umso mehr freut sich Christa Fiedler, wenn es dann auch bei ihnen am Schluss mit dem Abzeichen klappt: „Heuer hatten wir einen Buben aus Syrien, der noch gar nicht schwimmen konnte, als er zu uns kam und dann sein Bronzeabzeichen geschafft hat. Das ist toll.“

In der Astrid-Lindgren-Schule in Rosenheim ist der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund besonders hoch. Das wirkt sich auch auf die Zahl der Nichtschwimmer aus. „Die Hälfte unserer Viertklässler kann nicht schwimmen“, erzählt Schulleiterin Inge Thaler. Deshalb geht es auch für die Schüler der Astrid-Lindgren-Schule regelmäßig zum Schwimmunterricht. Finanzielle Unterstützung kommt von der Bürgerstiftung Rosenheim. Sie setzt sich seit sieben Schuljahren an allen acht Rosenheimer Grundschulen dafür ein, dass jedes Kind schwimmen lernt. Gut 5000 Kinder haben davon bereits profitiert. Die Durchführung wird aber immer schwieriger. Die Astrid-Lindgren-Schule kann den Schwimmunterricht nur durchführen, wenn das Wetter mitspielt. „Uns bleibt nur der Weg ins Freibad gleich am frühen Morgen. Das Hallenbad ist zu jeder Zeit besetzt“, erzählt Inge Thaler.

Seen sind keine Alternativen

Viele andere Schulen im Landkreis nehmen teils weite Anfahrten mit dem Bus in Kauf, um ihren Schülern den Schwimmunterricht überhaupt noch ermöglichen zu können. Seen sind keine Alternative, weiß Andreas Maurer vom Roten Kreuz: „Das ist zu unsicher. Man sieht häufig nicht, wann man den Grund unter den Füßen verliert und es ist kaum möglich, dort den Überblick über so viele Kinder zu behalten.“

Deutschlandweit nimmt die Zahl der Schwimmbäder aber immer weiter ab. Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft rechnet damit, dass heuer 70 Schwimmbäder schließen müssen, weil ihr Erhalt zu teuer ist. Sie hat deshalb jüngst die Politik dazu aufgefordert, die Situation zu verbessern. In ihrer Kampagne heißt es: „Schwimmen lernen kostet Geld. Ertrinken das Leben.“

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