Kiefersfelden – In einem Container befindet sich die Kommandozentrale der Bundespolizei auf der Autobahnraststätte Inntal Ost an der A93. Seit 2015 steht die provisorische Polizei-Kontrollstelle hier. Gerade ist Olaf Tietz mit seinen Leuten zur Frühschicht eingetroffen. Der Kontrollstellenleiter, der mit seinem Einsatzzug aus dem niedersächsischen Duderstadt kommt, steht vor einer Tafel. Hier notieren die Beamten sämtliche Fälle eines Tages. Fünf waren es in der Nacht. „Wir machen das hier seit vier Jahren“, sagt Tietz. „Das ist für uns schon fast zur Normalität geworden.“ Bundespolizisten aus ganz Deutschland sind überall an der Grenze zu Österreich abwechselnd im Einsatz.
An kaum einem Grenzübergang passieren mehr Autos die Grenze als an der A93 zwischen Kufstein und Kiefersfelden. Und hier versuchen auch besonders viele durchzuschlüpfen, die illegal nach Deutschland einreisen wollen. Heute ist das Wetter angenehm. „Aber wir stehen immer draußen“, sagt Bundespolizist Tietz. „Egal, ob die Sonne knallt oder es minus zehn Grad hat und schneit.“
Verfolgungsfahrzeug
immer zur Stelle
Auf der Autobahn rollt der Verkehr mit zehn Stundenkilometern durch die Kontrollstelle. Trotzdem gibt es an normalen Tagen kaum Staus. Auf zwei Spuren werfen die Polizisten einen kurzen Blick in jedes Auto. Hinter der Kontrollstelle steht ein Polizeiwagen mit zwei Beamten. „Das ist unser Verfolgungsfahrzeug“, sagt Bundespolizeisprecher Rainer Scharf – falls jemand die Kontrolle durchbricht und abhauen will.
Immer wieder winken die Beamten einzelne Autos aus dem Verkehr in die Kontrollstelle. Wer wird ausgewählt? „Da gibt es keine festen Regeln“, sagt Scharf. „Das sind Erfahrungswerte jedes einzelnen Kollegen.“ Autos mit abgedunkelten Scheiben, ältere Fahrzeuge, viele Insassen – das scheinen augenscheinlich für die Polizisten ausschlaggebende Faktoren zu sein, genauer hinzuschauen. Aber immer seltener säßen Schleuser selbst hinterm Lenkrad, weiß Scharf. Aktuelle Taktik der Schlepper: Sie drücken den Menschen irgendwo in Italien eine Fahrkarte in die Hand, setzen sie in einen Fernbus und schicken sie gen Norden.
Das weiß natürlich auch die Bundespolizei. Kaum ein Fernreisebus passiert den Grenzübergang unkontrolliert. Und gleich im zweiten Bus, den sich die Frühschicht näher anschaut, deutet sich ein Treffer an.
Die Polizisten positionieren sich immer an allen Türen eines Busses, während draußen Kollegen die Lage sichern, die mit Maschinengewehren bewaffnet sind. „Das gehört zu unserer Standardausrüstung“, erklärt Scharf. Im Bus sammeln die Beamten Ausweise ein und kommen mit einem ganzen Stapel raus. Ein Beamter verschwindet damit in einem eigens eingerichteten Container und gleicht die Papiere mit Polizeidaten ab. Nicht nur Illegale gehen den Polizisten hier ins Netz. Wer auch immer gerade von deutschen Behörden oder per internationalem Haftbefehl gesucht wird, für den ist die Reise hier zu Ende.
Diesmal ist es ein Mann aus Guinea, der nach der Ausweiskontrolle die Aufmerksamkeit der Polizisten hat. Aufenthaltstitel in Italien, in Deutschland Asyl beantragt, so sitzt der Mann mit einem Ticket nach Stockholm im Bus – mit zehn Euro Bargeld in der Tasche. Viel zu wenig, um als Nicht-EU-Bürger in Europa als Tourist frei reisen zu können.
Zwei Polizisten bitten den Mann aus dem Bus. Er folgt ihnen in einen Container, wo die Beamten ihn und sein Gepäck genauer unter die Lupe nehmen. In gebrochenem Englisch verständigt er sich mit den Beamten. Als er merkt, dass der Fernbus die Reise ohne ihn fortsetzt, wirkt er angespannt. Die Polizisten sind jetzt zu viert.
Nach einer Kontrolle von Papieren und Gepäck machen sie dem Mann klar, dass er für weitere Überprüfungen auf die Dienststelle nach Rosenheim gefahren werde. Und was passiert dann? Sollte sich der Anfangsverdacht eines illegalen Einreiseversuchs bestätigen, übergebe ihn die deutsche Polizei an die Kollegen in Österreich, sagt Bundespolizeisprecher Scharf. Von dort aus gehe es wahrscheinlich zurück nach Italien. Aber das sei Sache der österreichischen Kollegen.