Rosenheim/Griesstätt – Eine Geldbuße von 8400 Euro und eine Führerscheinsperre von weiteren vier Monaten für einen 24-jährigen Rosenheimer sowie eine zur Bewährung von eineinhalb Jahren ausgesetzte Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe, eine Geldbuße von 1000 Euro und eine Führerscheinsperre von weiteren sechs Monaten für einen 18-jährigen Griesstätter – so lautete das Urteil des Jungendgerichts Rosenheim wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennen und Kennzeichenmissbrauchs.
Dem jüngeren der beiden Fahrer wurde zusätzlich Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen, weil er seine Maschine über das zulässige Maß auffrisiert hatte.
„Extrem gefährlich“, „so krass“ oder „so riskant würden wir nicht mal bei einem Einsatz fahren“ – sagten die beiden Polizeibeamten vor dem Jugendgericht, vor dem wegen des 18-jährigen Griesstätters verhandelt wurde, und hatten die Erinnerung an die Ereignisse des 7. Oktober noch sehr präsent.
Auch zwei andere Zeugen berichteten von dem risikoreichen Fahrstil. Allerdings ließ sich eine konkrete Gefährdung von Fußgängern – wie in der Anklageschrift angenommen – nicht belegen.
An dem Sonntagmorgen war die Polizeistreife in der Wittelsbacherstraße in Rosenheim auf eine Gruppe von drei Motorradfahrern aufmerksam geworden, weil das Kennzeichen des Rosenheimers schwer lesbar war und das Nummernschild des Griesstätters ein Scharnier zum Abklappen aufwies. Da der Verdacht auf weitere Manipulationen bestand, forderte die Polizistin, die als Beifahrerin im Wagen saß, die Fahrer auf, dem Polizeifahrzeug zur Kontrolle zu folgen.
Doch nur der 31-jährige Bruckmühler machte Anstalten, der polizeilichen Aufforderung zu folgen. Die beiden anderen Kradfahrer hatten keine Lust auf Kontrolle, wie ihre Äußerung: „Nö, könnt ihr vergessen“, vermuten lässt. Stattdessen gaben sie mächtig Gas und lieferten sich, laut Anklage, unter grober Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei durch das Stadtgebiet. Dies belegen auch die Videoaufzeichnungen der Helmkamera des 18-jährigen, die eine rasante Fahrt beispielsweise im Bereich Prinzregenten-Rathausstraße mit 127 km/h zeigen.
Trotz der kurvigen und unüberschaubaren Fahrstrecke überholten die beiden Angeklagten vor ihnen fahrende Fahrzeuge ohne Rücksicht auf die weiteren Verkehrsteilnehmer und fuhren mit etwa 80 km/h entgegen der Fahrtrichtung in die Dr.-Steinbeißer-Straße ein.
Die weitere Flucht führte über die Innstraße, Mühlbachbogen und anschließend über den Fußgängerweg der Schönfeldstraße in Richtung Inndamm. Ab diesem Zeitpunkt versuchte der Polizeibeamte dem Duo zu Fuß zu folgen, „denn die weitere Verfolgung mit dem Fahrzeug wäre unverantwortlich gewesen“, betonten die beiden Polizeibeamten.
Video per Helmkamera
gemacht
Die beiden Kradfahrer entkamen jedoch nur kurzfristig, denn sie veröffentlichten das Video im Internet und brachten die Ermittler so wieder auf ihre Spur. Im Laufe der Beweisaufnahme zeigten sich die beiden Angeklagten zunehmend geständig und räumten die Tatvorwürfe schließlich umfassend ein. Eine Mitgliedschaft in der Bavaria Racing Crew und eine vorangegangene Absprache über ein Straßenrennen bestritten beide.
Vorangegangen war eine Verständigung, die einen Strafrahmen zusicherte. Für den Rosenheimer waren das 120 bis 180 Tagessätze und eine weitere Führerscheinsperrfrist von drei bis sechs Monaten. Beim Griesstätter, der sich darüber hinaus noch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten musste, stand im Raum, die Entscheidung über eine Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen und eine sechsmonatige Sperrfrist zu verhängen. Er hatte, laut technischem Gutachten, die Nennleistung seines Krads von ursprünglich neun auf 19 KW auffrisiert. Mit einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 136,4 km/h anstatt der eingetragenen 105 km/h sei die Betriebserlaubnis erloschen.
Staatsanwalt Jan Salomon sah die Tatvorwürfe bis auf die Gefährdung der Fußgänger erbracht. Die Angeklagten seien bei einem verbotenen Fahrzeugrennen mit extrem hoher Geschwindigkeit vor der Polizei geflüchtet. Der Kennzeichenmissbrauch sei durch den Neigungswinkel beziehungsweise das angebrachte Scharnier belegt. Zudem habe der Griesstätter das Krad seines Vaters erheblich manipuliert und mit der Klasse A1 nicht die dafür erforderliche Fahrerlaubnis gehabt. Er forderte den oberen Strafrahmen und für den Griesstätter zusätzlich eine Geldauflage von 1000 Euro und einen sozialen Trainingskurs.
Den hatte der Vertreter der Jugendgerichtshilfe angeregt ebenso wie die Entscheidung über eine Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen. Zum Tatzeitpunkt seien schädliche Neigungen nicht auszuschließen. Aktuell scheine es aber, dass das Verfahren Eindruck beim 18-Jährigen hinterlassen hätte und er sich mit der Tat auseinandersetze.
Verteidiger: Eine
Kurzschlussreaktion
Die Verteidiger Maximilian Hoh und Andreas Leicher plädierten für eine Strafe im unteren Bereich und rückten das Geständnis ihrer Mandanten in den Mittelpunkt. Es habe sich um eine Kurzschlussreaktion gehandelt, die beide zutiefst bereuten. Der Rosenheimer sei zudem Ersttäter und habe keinerlei Eintragungen weder im Bundeszentral- noch im Verkehrszentralregister. Bei den beiden Eintragungen des Griesstätters handle es sich um Bagatellen.