Bad Feilnbach – 10.45 Uhr. Wlodek Bocian sitzt seit vier Stunden in seinem Lkw. Am frühen Morgen ist er in Trient in Italien gestartet, will nach Posen. 300 Kilometer hat er hinter sich, 870 noch vor sich. Acht Stunden Fahrt, wenn alles gut geht. Am Parkplatz „Im Moos“ (Gemeinde Bad Feilnbach) winkt ihn die Verkehrspolizei raus. Heute hat sie die „Brummis im Blick“, läuft die länderübergreifende Verkehrssicherheitsaktion „sicher.mobil.leben“ – allein im Bereich des Polizeipräsidums Oberbayern Süd wurden zehn Kontrollpunkte eingerichtet.
Der Parkplatz „Im Moos“ ist einer davon. Hier kontrolliert Polizeihauptkommissar Arne Stock mit seiner sogenannten Schwerverkehrsüberwachungsgruppe die Trucker. „Heute haben wir vor allem drei Dinge im Visier: Hatte der Fahrer ausreichend Schlaf? Wie ist der technische Zustand des Lkw? Wie sicher ist die Ladung verstaut?“
Waage in Fahrbahn
der BAB 8 integriert
Jetzt fährt Wlodek mit seinem Lkw in die Kontrolle. Schon etwa drei Kilometer vorher – am Kilometer 51,6 – fuhr er über eine in die Fahrbahn intregrierte Waage. Schon dort erfolgten die ersten Messungen – mit vier Sensoren, die die komplette Fahrzeugbreite erfassen. Über Lichtwellenleiter wurden die Daten zum Kontrollpunkt gesandt. Hier fließen alle Informationen zusammen.
Wlodek fährt mit seinem Truck an die Ampel. Grün. Er bewegt das Fahrzeug im Schritttempo über eine zweite Waage. Im Kontrollraum beobachtet Christian Antretter die dynamische Auswägung am Computer. Jede Achse wird einzeln vermessen. „28 Tonnen“, ruft der Technische Inspektor seinen Kollegen zu. Passt. Der Lkw von Wlodek dürfte 40 Tonnen wiegen. Der Computer zeigt auch, dass sein Fahrzeug gut beladen wurde, die Achsen weder über- noch unterlastet sind. Gleichzeitig kontrolliert eine Wärmebildkamera die Reifen auf Profil, Verschleiß und Temperatur. „Bei 30 Grad Hitze kann die Betriebstemperatur eines Reifens bis zu 100 Grad Celsius betragen“, erklärt Antretter.
Draußen tritt Polizeihauptkomissar Robert Karrer an den Lkw. „Führerschein bitte! Driving licence. Permis de conduire.“ Der ideale Verkehrpolizist spreche sieben Sprachen und gebrochenes Deutsch, witzeln seine Kollegen. „Prawa jazdy prosze“ hieße es auf polnisch. Doch Wlodek versteht auch so. Weiter geht es für ihn mit persönlicher Kontrolle. Karrer inspiziert das Fahrzeug, kontrolliert die Profiltiefe der Reifen.
Dann geht’s ans Eingemachte. Im Fahrerhaus werden die technischen Daten ausgedruckt. Alles in Ordnung. Der Massenspeicher des Fahrzeugcomputers wird auf einen Stick geladen und ausgelesen. Keine Geschwindigkeitsüberschreitungen. Auch der digitale Fahrtenschreiber spricht für Wlodek. Sogar eine einstündige Pause hat er heute schon gemacht. Auch Fahrzeuglizenz und Frachtbrief sind vollständig. Alles perfekt. „Der Kamerad ist blitzeblank“, lobt Karrer der Lkw-Fahrer.
Doch bis nach Posen schafft er es heute nicht mehr. Auch die Stunde Verkehrskontrolle zählt für ihn als Arbeitszeit. „Für die Jungs ist Zeit ganz entscheiden“, weiß Karrer. „Deshalb sind wir froh, mit moderner Technik den Wiegeprozess von einst zwei Stunden auf heute kaum eine Minute reduziert zu haben. Eine komplette Kontrolle allerdings kann noch immer bis zu einer Stunde dauern.“
In vier Stunden
muss er pausieren
Wlodek darf seinen Truck heute noch vier Stunden lang lenken, dann muss er pausieren. Mindestens neun Stunden lang. „Doch morgen“, freut er sich, „bin ich zu Hause.“ Dann ist auch für ihn endlich Wochenende, ehe es ab Montag wieder auf die Piste geht: Posen-Trient und zurück.
Gegen 15 Uhr endet die Kontrollaktion. 64 Lkw hat Einsatzleiter Stock heute mit seinen Männern kontrolliert. Und nicht alle waren so vorbildlich wie Wlodek. 21 Beanstandungen gab es. Vier durften nicht weiterfahren. Darunter auch ein österreichischer Lkw. Schon seit Italien schleppte sein Sattelzug 23,5 Tonnen schwere Bleche: schlecht geladen, unzureichend gesichert. Seine Fahrt endete hier. „Wir bemühen uns gemeinsam mit dem Fahrer und der Spedition um eine Lösung“, betont Stock, denn die Bleche werden in Luxemburg erwartet.