Abtauchen in die Urzeit

von Redaktion

Lokschuppen: Wiedereröffnung mit Saurier-Ausstellung

Rosenheim – Der Lokschuppen meldet sich nach einem längeren Umbau zurück, und das mit einer Ausstellung der Superlative. Wo zuletzt bis Dezember 2017 die Welt der Pharaonen gezeigt wurde, sind jetzt die Meeresreptilien aus der Urzeit eingezogen. „Saurier – Giganten der Meere“ ist der Titel der Schau, die am morgigen Donnerstag ihre Pforten öffnet und bis zum 13. Dezember 2020 zu erleben ist. Gewissermaßen der Star der Ausstellung ist der Liopleurodon, ein Meeressaurier mit höchst beeindruckendem Gebiss, der auch das Ausstellungsplakat ziert.

22 lebensgroße Nachbildungen

Im frisch renovierten Ausstellungszentrum Lokschuppen erwartet die Besucher eine Zeitreise in eine Welt, in der die Dinosaurier vor 230 bis 66 Millionen Jahren den Globus beherrschten. Nachdem 2009 bereits die auf dem Land herrschenden Giganten vorgestellt wurden, geht es diesmal um die Meeresreptilien. Neben rund 200 Original-Fossilien gibt es 22 lebensgroße Saurier-Modelle zu bestaunen, die eigens von einem internationalen Team aus Künstlern, Handwerkern und Wissenschaftlern in Venetien (Italien) für die Ausstellung angefertigt wurden.

Die größten Modelle sind der zwölf Meter lange Mosasaurier „Tylosaurus proriger“ und der zehn Meter lange Spinosaurus. Sie eignen sich besonders gut als Fotomotiv, da sich die Besucher daneben stellen und die Nachbildungen auch vorsichtig berühren dürfen.

Zudem wird auf einer über 42 Quadratmeter großen Projektionsfläche die Welt von damals mit 3D-animierten Sauriern lebendig. Die Besucher sitzen gewissermaßen vor einem gigantischen Aquarium aus dem Erdmittelalter, in dem sich per Zufallsgenerator bestimmte Szenen abspielen.

„So etwas ist weltweit einzigartig“, betonte Dr. Bernd Herkner, Direktor des Naturhistorischen Museums in Mainz, bei der Vorstellung der Schau. Der Saurier-Experte fungiert als Kurator der Ausstellung und hat die Rekonstruktion von Fortbewegungsweisen fossiler Wirbeltiere als einen Schwerpunkt in seiner wissenschaftlichen Arbeit.

„Wir entführen die Besucher in eine Unterwasserwelt im Erdmittelalter. Unsere Zeitreise beginnt vor etwa 250 Millionen Jahren und endet ganz radikal mit dem Aussterben der Saurier“, so Herkner. „Wir zeigen aber auch, was danach geschah: Mit dem Einschlagen eines Asteroiden vor etwa 66 Millionen Jahren starben 70 Prozent der Tierarten aus. Profiteure davon waren die Säugetiere“, erläuterte der Experte.

Ein Dinosaurier
im Wasser

Als sein Lieblingstier in der Ausstellung nannte Herkner den Spinosaurus. „Er ist deswegen so interessant, weil es die einzige Dinosauriergruppe ist, die im Wasser gelebt hat. Alle anderen Dinosaurierarten haben an Land gelebt.“

Gerade bei dieser Ausstellung über eine längst vergangene Welt sei ein multisensorischer Ansatz von zentraler Bedeutung, sagte Dr. Peter Miesbeck, Leiter des Ausstellungszentrums Lokschuppen. „Wir kombinieren Sehen, Fühlen und Hören. Jeder Raum hat sein ganz spezielles Klangdesign, ein eigenes Farbkonzept und speziell abgestimmte Medienelemente“, führte Miesbeck aus.

Bei der Gestaltung der Texte habe man darauf geachtet, dass diese pointiert und leicht verständlich sind. Erstmals sind die Erläuterungen auch in Englisch webbasiert über QR-Codes verfügbar.

Die Veranstaltungs + Kongress GmbH Rosenheim (VKR) hat rund 3,1 Millionen Euro in die Ausstellung investiert. Rund 86 Prozent der Kosten sollen durch Eintrittsgelder refinanziert werden. „Das ist ein Spitzenwert für einen Kulturbetrieb. Wir gehen von rund 290000 Besuchern aus“, sagte VKR-Geschäftsführer Peter Lutz.

Besonderes Augenmerk wurde seinen Worten nach auch wieder auf eine familienfreundliche Ausstellung gelegt. „Es gibt vergünstigte Preise am Familienmontag, ein Familienbuch mit Mitmachteil, spezielle Familienführungen und Workshops in den Ferien“, so Lutz.

Begleitet wird die Ausstellung wieder von einem hochwertigen museumspädagogischen Angebot. Die Workshops und altersgerechten Führungen orientieren sich an den Lehrplänen bayerischer Schulen.

Der Beginn der Saurier-Ausstellung markiert auch das Ende der eineinhalbjährigen Renovierung des Lokschuppens. Architekt Sven Grossmann berichtete von einem Telefonat, das er mit Peter Miesbeck geführt habe. „Es tropft mal wieder, kannst Du bitte vorbeikommen“, habe der Leiter des Ausstellungszentrums zu ihm gesagt.

Es stellte sich heraus, dass der 1988 eröffnete Komplex dringend saniert werden musste. Ab Anfang 2018 wurden die Anlagen für den Brandschutz, das Dach sowie Heizungs- und Klimatechnik auf den neuesten Stand gebracht. Im neu errichteten Anbau wurden vier Räume für die Museumspädagogik, Garderoben, Toilettenanlagen und ein Museumsshop geschaffen.

Sanierung kostet 10,65 Millionen Euro

„Materialauswahl und Konzeption wurden so gewählt, dass der raue Charakter des Industriedenkmals Lokschuppen spürbar bleibt und in den Erweiterungsbau mitschwingt“, erläuterte Grossmann. Die Gesamtkosten für die Modernisierung und Sanierung belaufen sich nach VKR-Angaben auf rund 10,65 Millionen Euro.

„Erst die Sanierung, dann die Saurier“ – so brachte es die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Ilse Aigner, bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung auf den Punkt. „In Zeiten, in denen manch einer ein Wildschwein nicht mehr von einem Hamster unterscheiden kann, wie jüngst in Attaching polizeilich dokumentiert, leisten Ausstellungen wie diese auch eine ganz wichtige Bildungsarbeit“, sagte die CSU-Politikerin. Die Saurier seien eine perfekte Materie zum Lernen und der Einblick in eine untergegangene Welt erfülle den Betrachter mit Demut. „Das Wunder der Evolution steigert unsere Ehrfurcht vor der Schöpfung, wie wir bewahren müssen.“

„Verantwortung

für den Planeten“

Genau das ist ein zentrales Ziel der Ausstellung. „Das Aussterben der Saurier war ein immenser Verlust an Biodiversität. Es hat etwa zehn Millionen Jahre gedauert, bis die Erde sich wieder erholt hat“, so Kurator Bernd Herkner. „Wir Menschen sind dabei, das Artensterben massiv zu beschleunigen. Mit unserer Ausstellung wollen wir das Bewusstsein dafür stärken, welche Verantwortung wir für den Planeten haben.“

Artikel 6 von 11