Traunstein – Nach zehn Jahren als Präsident des Landgerichtsbezirks Traunstein, der die Landkreise Traunstein, Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf sowie Stadt und Land Rosenheim umfasst, tritt Dr. Rupert Stadler am Montag in den Ruhestand. Ab Dienstag steht Professor Dr. Ludwig Kroiß an der Spitze des Bezirks mit Landgericht und fünf Amtsgerichten, der für 820 000 Einwohner zuständig ist. Vor etwa 200 Ehrengästen würdigte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich gestern die Verdienste beider Persönlichkeiten.
Alle Facetten der Justiz kennengelernt
Landgerichtsvizepräsident Dr. Wolfgang Beckstein hieß ranghohe Vertreter aus Justiz, darunter der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Peter Küspert und Repräsentanten der Gerichtsbarkeit in Österreich und Ungarn, aus Politik und Gesellschaft, von Polizei, Bundeswehr sowie vielen Behörden willkommen. Dr. Rupert Stadler habe die insgesamt 600 Mitarbeiter im Landgerichtsbezirk Traunstein immer ernstgenommen und „versucht, zu helfen, wo es geht“. Sein Nachfolger Professor Dr. Ludwig Kroiß habe in seiner bisherigen Laufbahn „alle Facetten der Justiz im Landgerichtsbezirk kennengelernt“ und sei der „Wunschkandidat“ aller gewesen, betonte Dr. Beckstein.
Mit einer Anekdote erinnerte Justizminister Georg Eisenreich an die Kindheit von Rupert Stadler, ein „Chiemgauer Urgestein“: „Als kleiner Bub mit sieben Jahren ist er fast auf die schiefe Bahn geraten. Er hat mit dem Traktor des Vaters Milch transportiert. Als die Polizei kam, ist er weg übers Feld. Aber Rupert hat die Kurve gekriegt und ist bei der Justiz gelandet.“ Die Sache sei längst verjährt, merkte der Minister schmunzelnd an.
Krönung war das Präsidentenamt
Dr. Stadler, in der Großen Kreisstadt geboren und wie Professor Dr. Kroiß früher Schüler am Chiemgau-Gymnasium in Traunstein, habe eine lange, bewegte Karriere bei der Justiz hinter sich. Er habe sich als Spitzenkraft in München im Ministerium wie in Bonn – kurz vor der Wende als Referatsleiter in der „Ständigen Vertretung“ – bewährt. Georg Eisenreich wörtlich: „Krönung war die Aufgabe als Präsident in Traunstein. Dr. Stadler hat die Behörde mit höchster Fachkompetenz geführt.“ Dafür gebühre ihm großer Dank.
Der berufliche Weg von Professor Dr. Ludwig Kroiß habe 1987 bei der Staatsanwaltschaft Traunstein begonnen, betonte der Minister. Acht Jahre lang habe sich der künftige Präsident in der Ausbildung von Nachwuchs engagiert als hauptamtlicher Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Referendare. Er wirke als Honorarprofessor an der Universität Passau, sei für seine Sachbücher bekannt und als Autor ausgezeichnet worden. Dr. Kroiß habe das Amtsgericht Traunstein geleitet, sei Vize-Landgerichtspräsident und zuletzt Leiter der Staatsanwaltschaft Traunstein gewesen. Mitentwickelt habe er das sogenannte „Traunsteiner Modell“ zur grenzüberschreitenden Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, erinnerte Eisenreich.
Nach Eindruck des Justizministers halten Bürger vieles für selbstverständlich: „Demokratie, Freiheit und Wohlstand sind aber nicht selbstverständlich. Der Rechtsstaat ist gefordert. Wir brauchen eine starke Polizei, starke Sicherheitskräfte und eine starke Justiz.“ In seine Dankesworte schloss der hohe Politiker die gesamte Justiz mit ein. Dem scheidenden Landgerichtspräsidenten gab Eisenreich die besten Wünsche für den neuen Lebensabschnitt mit auf den Weg, Professor Kroiß den Wunsch auf viel Erfolg.
In seinem Grußwort rief Traunsteins Oberbürgermeister Christian Kegel die enge Verbundenheit zwischen Stadt und Justiz ins Gedächtnis: „Die Justiz hat viel zur Bedeutung Traunsteins beigetragen. In Traunstein wird Recht und Gerechtigkeit gesprochen.“ Dr. Stadler sei zu danken, „das Schiff Justiz in ruhigen Gewässern gehalten zu haben“.
Rechtsgeschichte im Chiemgau mit Spuren
Vize-Landrat Sepp Konhäuser freute sich, dass im Präsidentenamt ein Chiemgauer dem anderen folge. Im Chiemgau habe die Rechtsgeschichte Spuren gelegt – etwa mit dem in Herrenchiemsee geschaffenen Grundgesetz vor 70 Jahren. Das Landgericht Traunstein könne 140. Jubiläum feiern.
Auf den Tag genau ein Jahrzehnt lang habe er „eines der schönsten Ämter, das die bayerische Justiz zu vergeben hat“, ausüben dürfen, erwiderte Dr. Rupert Stadler, der 37 Jahre in Diensten der Justiz im Freistaat stand. Er habe stets „große Begeisterung“ für diesen Beruf empfunden – vor allem wegen der Menschen, mit denen er zusammengearbeitet habe. Das Lob, das er erhalten habe, gebe er weiter an alle Mitarbeiter: „Es hat Spaß gemacht, mit diesem Team zu arbeiten.“ Dass die Justiz funktioniere, sei das Verdienst vieler Beteiligter. Seinem Nachfolger wünschte Dr. Stadler „Freude, Erfolg und die glückliche Hand, die auch ein Präsident braucht“.
An gleicher Schule wie Papst Benedikt
Papst Benedikt und Paul Breitner hätten ebenfalls das Chiemgau-Gymnasium absolviert – „wenn auch nicht in einer Klasse“, ergänzte der künftige Präsident mit Zwinkern in den Augen. Er erinnerte mit alten Fotos an Ereignisse in der Amtszeit seines Vorgängers. Dr. Stadler sei ein „warmherziger, charakterstarker Mensch“. Die Justitia in Traunstein sei ein „Hort der Gerechtigkeit“.
Den Ehefrauen der Noch- und Bald-Präsidenten, Irmengard Weiß-Stadler und Katja Kroiß, überreichte der Minister zum Abschluss des Festakts Blumen. Für schwungvolle musikalische Umrahmung mit bayerischen Weisen sorgten die „Leonharder Musikanten“ mit ihrem Leiter, Justizwachtmeister Franz Tradler. Das Catering für den anschließenden Stehempfang lag in Händen der Jugendsiedlung Traunreut, Hauswirtschaftlicher Fachservice Traunstein-Berchtesgadener Land.