Bernau – Es gibt noch viele Unklarheiten rund um die Verdachtsfälle von Bernau, Prien, Frasdorf und Achenmühle. Fakt ist: Bei „Armani“, einem Rüden aus dem Tierheim Bernau, der an inneren Verblutungen verendet ist, wurde bei der Obduktion festgestellt: Hier war Gift im Spiel.
Weitere Verdachtsfälle taten sich seither auf. Hunde sind verstorben, darunter auch der BRK-Rettungshund „Korbinian“ (12) aus Frasdorf. Insgesamt sieben Vierbeiner mussten in den vergangenen vier Monaten ihr Leben lassen. Andere, fünf an der Zahl, konnten mehr oder weniger knapp gerettet werden. Und sie alle waren auf beliebten Gassi-Runden unterwegs, die einen in Prien, die anderen auf der Sportplatzrunde in Bernau.
Was nicht bekannt ist: die Art der Köder – und um welches Gift es sich exakt handelt. „Wir wissen nur, dass es kein modernes Rattengift war, denn dann würden die ersten Anzeichen erst nach Wochen auftreten“, erklärt Tierarzt Dr. Michael Lehner vom Tierärztezentrum in Teisendorf. Er betreut das Tierheim Bernau.
Hintergrund: Im Fall „Armani“ hatte man nur eine sogenannte einfache toxikologische Untersuchung veranlasst, um den Verdacht bestätigt zu bekommen. „Weiterführende Untersuchungen, um das Toxin exakt bestimmen zu können, wären einfach zu teuer gewesen“, so Lehner.
Eines ist aber gewiss: Es handelt sich um ein Gift, das die Blutgerinnung hemmt – und damit die Tiere grausam verbluten lässt. Sämtliche Schleimhäute würden angegriffen. „Es blutet im Mund, im Darm, in der Blase, einfach überall“, verdeutlicht der Tierarzt das tragische Leiden der Vierbeiner. „Eine absolut feige Tat.“
Und Kleinkinder, die bekanntlich alles in den Mund stecken – was wäre, wenn sie mit dem Gift in Berührung kämen? Brandgefährlich, kann diesbezüglich Dr. Lehner nur warnen: „Grundsätzlich ist die Toxilität die gleiche.“ Denn: Das Gift sei auf ein gewisses Gewicht ausgelegt. „Wenn man sich vorstellt, der Rüde Armani hatte 20 Kilogramm, andere Hunde bringen nur fünf bis zehn Kilogramm auf die Waage, da wäre es für ein Kind mit zehn bis zwölf Kilogramm Gewicht ebenso hochgefährlich“, erläutert er. „Das Gift an sich würde beim Menschen genauso wirken.“
Allerdings, schränkt er ein, müsste es eben oral aufgenommen werden. „Man muss eben wirklich darauf achten, dass ein Kind auf einem Spaziergang nichts in den Mund steckt“, warnt Dr. Lehner.
Dass es sich bei den aufgetretenen Fällen um eine konzertierte Aktion handelt und hier möglicherweise ein Hundehasser sein Unwesen treibt, hält der Tierarzt aus jahrzehntelanger Erfahrung für sehr wahrscheinlich. „Auf solche Serien stößt man alle paar Jahre wieder“, sagt er und erinnert sich an Fälle im Raum Saalach/Salzach und Burghausen aus seinem südostbayerischen Einzugsgebiet. „Meist ist es dann so, dass sich die Täter nicht mehr trauen, wenn das Thema öffentlich wird und die Wachsamkeit steigt.“ Im Fall Bernau und Umgebung rät die Polizei dazu, bei verdächtigen Wahrnehmungen umgehend die Nummer 110 zu wählen. „Und zwar ohne Scheu“, betont Polizeisprecher Alexander Huber. Die Beamten würden sich dann der Sache annehmen.
Gleichzeitig ist die Gruppe Operative Ergänzungsdienste im Polizeipräsidium Oberbayern mit dem Sachverhalt befasst. Allerdings liegt aktuell nur eine einzige Anzeige vor.