Bad Aibling – Otto Bodner und seine Frau Katharina verstehen die Welt nicht mehr: Die Aiblinger Hütte war ihr Leben, vier Jahrzehnte waren sie als Hüttenwarte auf der Selbstversorgerhütte der DAV-Sektion Bad Aibling hoch über Bad Feilnbach aktiv. Bis sie diesen Sommer von der Vorstandschaft vor die Tür gesetzt wurden – nach einer Beschwerde. Der Rauswurf erfolgte urplötzlich, per Einschreiben, ohne das Gespräch zu suchen.
„Die Hütte war ein großer Teil unseres Lebens“, sagt Otto Bodner mit einer gewissen Verzweiflung in der Stimme. Die Tatsache an sich, dass er nach über 40 Jahren Ehrenamt nun nicht mehr den geliebten Hüttendienst verrichten soll, ist für ihn und seine Frau schon schlimm genug. Doch was ihn noch viel mehr wurmt: die Art und Weise, wie der Rauswurf von statten ging. Ohne ihn mit den genauen Vorwürfen zu konfrontieren und ohne ihm auch nur eine Chance zur Rechtfertigung zu geben.
Als Grund für den Rauswurf nennt die DAV-Sektion Bad Aibling um ihre Vorsitzende Sylvia Klimesch eine schriftlich eingegangene Beschwerde einer Jugendgruppe, die im Sommer ein Wochenende auf der Aiblinger Hütte verbracht hatte. Dort war es offenbar zum Streit gekommen – wobei sich die Darstellungen durchaus widersprechen.
Die Vorwürfe
der DAV-Sektion
Die DAV-Sektion Bad Aibling, die das Schreiben als Vereinsinternum betrachtet, will auf die Hintergründe nicht näher eingehen. Fasst die Beschwerde an den geschassten Hüttenwart ihm gegenüber nur wie folgt zusammen: „Es wurde versucht, Unstimmigkeiten bezüglich der Abspülzeiten zu bereden. Dabei wurde einer der Gäste ‚buchstäblich‘ angeschrien und dies vor den zu betreuenden Minderjährigen. Es wurden Vorschriften bezüglich der Zeitplanung der Jugendgruppe gemacht. Es kam zu Eingriffen in den Kompetenzbereich der Gruppe. Der Kompetenzbereich der Jugendleiter wurde vor den Augen der Jugendgruppe untergraben, gegen die Gesetze des Jugendschutzes und ohne erkennbare, nachvollziehbare Gründe.“ Das Schreiben der Beschwerdeführer im Original wie auch eine Stellungnahme seinerseits auf die Vorwürfe wird Otto Bodner bis heute verwehrt.
Für die Familie des Hüttenwarts: ein schier unglaublicher Vorgang. Zum einen der Hergang. Denn einer der beiden Söhne des Hüttenwarts, die im Übrigen beide ebenso in diesem Ehrenamt für die DAV-Sektion tätig sind, war just an diesem Wochenende auch vor Ort. Und mit ihm weitere Gäste, die die Entwicklungen und Streitpunkte bezeugen können. Und sie sagen unisono: Es wurde niemand angeschrien, es wurde auch nicht laut gesprochen oder Kinder verängstigt. Das bekräftigt unter anderem Michael Messerer, der zusammen mit seiner Frau an dem besagten Tag auf der Hütte war – und der das sogar eidesstattlich versichert. Das entsprechende Schreiben, datiert auf den 24. Juli 2019, liegt unserer Redaktion vor. Mehrere Gäste als Zeugen und eine eidesstattliche Versicherung zu dem Vorgang – und bis heute, so beteuern es Michael Messerer wie auch die Bodners, habe sich von Seiten der Vorstandschaft niemand für ihre Sichtweise interessiert. „Im Hüttenbuch ist ja vermerkt, wer an dem Wochenende noch vor Ort war“, erklärt dazu Thomas Bodner, Sohn des gefeuerten Hüttenwarts. „Es wäre ein Leichtes, nachzuschauen und mit den Leuten zu sprechen.“
Auch zu den weiteren Streitpunkten mit der Jugendgruppe hat die Familie eine Erklärung. So habe sich eine Diskussion mit einem der Jugendgruppenleiter zur Abspülzeit entsponnen. Hintergrund: die sehr beengten Verhältnisse in der Hüttenküche. „Erst hat die Jugendgruppe gekocht, dann die anderen Gäste“, erinnert sich Messerer. Noch während des Kochens hätte die Jugendgruppe mit dem Abspülen beginnen wollen. „Was aber zu gefährlich ist, wenn direkt neben dem Becken der Herd ist und dort gekocht wird“, klärt Thomas Bodner über die Verhältnisse vor Ort auf. Deshalb die Bitte: das Spülen zu verschieben – was mit Unmut aufgenommen worden sei, so Messerer.
Zweiter Streitpunkt: die Verteilung auf die Schlafräume. Der Hüttenwart hatte aus Sicherheitsgründen Wert darauf gelegt, dass in jedem der beiden Schlafräume mit insgesamt 44 Betten zumindest ein Betreuer nächtigt. Das hätten die Jugendleiter zunächst strikt verweigert. „Aber was wäre denn, wenn es brennt, und die Kinder sind allein im Raum?“, fragt Thomas Bodner fassungslos. Schließlich führe der Fluchtweg durchs Fenster auf den Balkon und dort wiederum über eine Klappe eine stählerne Wendeltreppe hinunter. „In Panik findet da kein Kind den Weg hinaus“, ist er überzeugt.
Streit um
Sicherheitsfragen?
Ein Streit also um Sicherheitsfragen? Davon sind zumindest die Bodners überzeugt – und weshalb sich auch Otto Bodner im Recht sieht. Von der DAV-Sektion Bad Aibling wie auch vom Dachverband des Deutschen Alpenvereins (München) war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zum Thema Sicherheitsrichtlinien und den diesbezüglichen Regelungen zu erhalten.
Doch was steckt dann hinter dem Rauswurf? Die Familie von Otto Bodner hält eine „Privatfede“ zwischen ihrem Senior und einem Mitglied der Vorstandschaft für den wahren Grund dafür, dass der altgediente Hüttenwart nun das Feld hatte räumen müssen. „Und dann auch noch die Art und Weise, per Einschreiben, den hätte ja der Schlag treffen können beim Lesen“, ärgert sich Sohn Thomas über die seiner Ansicht nach unmenschliche Überbringungsweise. „Die Hütte war schließlich sein Leben.“