Chieming – „Es kann doch nicht sein, dass wir die Monika alle nur bemitleiden. Ich muss was machen.“ Gedacht, getan: Anni Maier schaffte es binnen weniger Wochen, das ganze Dorf zu mobilisieren. Für Monika, eine gute Bekannte, wie sie selbst aktiv im Gartenbauverein und im Frauenbund.
Weil sie immer so müde war, hatte die 60-Jährige beim Arzt ein Blutbild machen lassen. Die Diagnose Leukämie hat sie „mitten aus dem Leben gerissen“, weiß Maier.
Nachdem sie sich bei der Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) informiert hatte, klopfte Maier die Ortsvereine ab. „Klar sind wir dabei“, beschloss der Frauenbund. Die Feuerwehr bot ihr Gerätehaus an, der Burschenverein hatte die Idee, am Tag der Typisierung Bosna zu verkaufen. Die Gartler, die Veteranen… – reihum sagten alle zu.
Eine Woche lang
Kränze nachgebunden
Auf die Schnelle wurde für den Harter Flohmarkt Ende September ein Herbstkranzverkauf in die Wege geleitet. „Der Vorsitzende vom Veteranenverein hat zwei Kipper voll Grünzeug gebracht, und wir haben unsere Gärten geplündert“, schildert Maier. Binnen vier Tagen banden die Freiwilligen 160 Kränze. „Ich habe mich schon mit den Übrigen hausieren gehen sehen“, hatte sie Sorge, diese Stückzahl an den Käufer zu bringen. Doch dann waren alle Kränze weg und so viele weitere Bestellungen da, dass die Frauen noch eine Woche lang weiter banden.
Auf zehn Personen – sieben Frauen, drei Männer – ist das Organisationsteam inzwischen angewachsen. Dass die Hilfe generationenübergreifend ist, freut die Initiatorin. Die Jungen kümmern sich um die Werbung in den Sozialen Medien, und beim Kranzbinden halfen in den Ferien die Schulkinder fleißig mit.
„Es läuft“, freut sich Anni Maier. Jetzt hofft sie nur noch, dass am 10. November möglichst viele ins Harter Feuerwehrhaus kommen. Sie selbst ist seit rund 25 Jahren in der weltweiten Datenbank als potenzieller Knochenmarkspender registriert. „Da war mal ein Fall in Siegsdorf, der mich bewegt hat“, erinnert sie sich an den Anlass.
Schirmherr ist schon
in der Spenderdatei
Mit ebenso gutem Beispiel geht Georg Hunglinger voran. Der Zweite Bürgermeister von Chieming ließ sich einst gemeinsam mit seiner Frau typisieren. Diese, so sagt er, wurde sogar einmal als mögliche Spenderin angeschrieben. „Aber dann haben sie doch noch jemand gefunden, der besser passt“, erzählt er.
Mit seinen 69 Jahren kommt Hunglinger selbst als Spender nicht mehr infrage. Knochenmark spenden kann man nur bis zum Alter von 60 Jahren; die Typisierung ist nur bis 45 Jahre möglich. Als ihm jedoch die Schirmherrschaft für die Aktion angeboten wurde, zögerte er nicht.
Natürlich kennt er die Monika persönlich. „Der Monika ihr Vater war sogar mein Taufpate. Ich habe als Kind die Ferien bei denen auf dem Hof verbracht“, klärt Hunglinger auf. Während seine Eltern im Sommer vollauf mit der Landwirtschaft beschäftigt waren, wohnte er als Bub in der Familie der neun Jahre jüngeren Monika.
Der große Zusammenhalt in dieser Sache freut den Zweiten Bürgermeister sehr. 7000 Euro, so weiß er, haben die Vereine schon zusammengebracht. „Das brauchen‘s auch, das wird gar nicht langen“, sagt er. Schließlich kostet jede Typisierung 35 Euro, für die die Krankenkasse nicht aufkommt. Auch Monikas frühere Kollegen wollen ihren Beitrag leisten: Sie beteilige sich am Kuchenverkauf, und wer vom Alter passt, kommt zur Typisierung.
Dass es dabei gar nicht mehr darum geht, für Monika einen Spender zu finden, ist ihnen egal. Die gute Nachricht, dass für sie inzwischen ein passender Stammzellenspender gefunden ist, ging in Windeseile durchs Dorf. Martina Prankl von der AKB bestätigt dies auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. „Noch stehen aber medizinische Untersuchungen an. Ob am Ende beide genau so zusammenpassen wie angedacht und der Spender auch wirklich spenden darf, wird sich erst durch Untersuchungen herausstellen“, will sie noch nicht zu optimistisch sein.
Wahrscheinlich ist Spender gefunden
Die Aktion in Hart wird dennoch stattfinden, und es wird mit Nachdruck dafür geworben. „Für Monika konnte nur ein Spender gefunden werden, weil sich regelmäßig neue Freiwillige registrieren lassen. Die Chance auf Heilung sollte jeder Patient bekommen, doch leider sieht es in der Realität anders aus“, so Prankl. Noch immer warte jeder fünfte Leukämiepatient vergeblich auf einen Stammzellenspender, weil in der weltweiten Datenbank kein passender genetischer Zwilling gefunden werden kann. Aus Alters-, Krankheits- oder anderen Gründen scheiden jährlich unzählige potenzielle Spender aus der Datenbank aus.
„Der Spenderpool muss immer wieder mit neuen Spendern gefüllt werden. Und dazu sind solche Aktionen, die einen konkreten Patienten zum Anlass haben, sehr wichtig“, erklärt die AKB-Mitarbeiterin.
Betroffene aus
der Schusslinie
Bei den Hartern zeigt sich der gute Zusammenhalt derzeit auch darin, wie sie die an Leukämie erkrankte Monika aus der Schusslinie nehmen. „Lieber nicht. Ich habe das ja nicht organisiert. Über meine Krankheit möchte ich nicht sprechen“, hatte die 60-Jährige auf die erste Presseanfrage reagiert. Ein Wunsch, den alle Seiten respektieren.
„Die Monika braucht jetzt ihre ganze Energie, um gesund zu werden. Wenn wir sie da reinziehen, das tut ihr nur weh“, erteilt Anni Maier entsprechenden Anfragen eine Absage. Aber über eines könnten sich alle, die sich einbringen, sicher sein: „Was wir für sie machen, das gibt ihr Kraft.“