Bad Feilnbach – „Direkt ausglacht hams mi in da Winterschui wegen meine 15 Hektar ned. Abers Gfui war scho da: Eigentlich bist im Weg.“ Aus dem Weg gehen, also aufhören mit seinem kleinen Landwirtschaftsbetrieb, stand für den 61-jährigen Balthasar Höfer aus Litzldorf bei Bad Feilnbach aber nie zur Debatte. Ihm war schon als jungem Mann klar: Er wollte von seinem Hof leben können. Und das Ziel hat er erreicht, sogar so gut, dass sein Betrieb ausgewählt wurde, um dort den Startschuss zu geben für die frisch eingerichtete Öko-Modellregion Hochries-Kampenwand-Wendelstein.
Sieben Kommunen sind am Start
Dass der räumliche Bogen für diese neue Form der Landwirtschaftsförderung mit den sieben Teilnehmergemeinden Bad Aibling, Bad Feilnbach, Raubling, Rohrdorf, Samerberg, Aschau und Frasdorf relativ weit gespannt ist, kann man, so Bad Feilnbachs Bürgermeister Anton Wallner, relativ einfach erklären: Als er sich mit Bad Aiblings Bürgermeister Felix Schwaller über diese neue Möglichkeit erste Gedanken gemacht hätte, hätten sie mitbekommen, „dass der Georg Huber aus Samerberg da östlich vom Inn scho Vollgas gehm hat“. Da lag es, so sagt er, nah, zusammen auf den Zug aufzuspringen, um dadurch vielleicht noch mehr Schlagkraft gewinnen zu können.
Streng genommen war man mit der jetzigen Auftaktveranstaltung sogar ein paar Tage zu früh dran: Denn die Arbeitsverträge für Irmengard Prankl und Stefanie Adeili, die beiden Projektmanagerinnen, werden erst ab November wirksam. Aber der Kirchweihmontag ist nun mal der Tag, an dem das Landwirtschaftsamt und der Verband für landwirtschaftliche Fortbildung ihre traditionellen Betriebsbesichtigungen durchführen. Ein Tag, an dem sich wunderbar eins zum anderen fügen lässt: Genügend von denen, um die es bei der Ökomodellregion geht, also Landwirte, und ein Betrieb, an dem sich beispielhaft zeigen lässt, wo die Ziele des Projektes liegen.
Etwas vereinfacht kann man die so formulieren: Man möchte, dass Landwirte und Verbraucher sich nicht mehr als einander fremde Wesen gegenüberstehen, sondern an einem Strang ziehen, und damit zu einem Umgang mit der Natur führen, der tier- sowie landschaftsnah ist. Konkret heißt das, dass man den Absatz regionaler Produkte fördern will, nicht zuletzt von Ökobetrieben. Nur wenn diejenigen Betriebe, die auf nachhaltiges Wirtschaften setzen, ein ordentliches Auskommen haben, hat die ökologische Landwirtschaft auch eine Zukunft.
Aufgabe der beiden Projektmanagerinnen, die beide Agrarwissenschaften studiert und einschlägige Berufserfahrung im Bereich der Vermarktung haben, wird es nicht nur sein, dazu Ideen zu entwickeln, sondern mehr noch, diese Ideen mit denen zusammenzubringen, die sie dann umsetzen sollen. Und das ist genau der Punkt, an dem wieder Balthasar Höfer mit seiner Frau Christa und seinem Sohn, der ebenfalls Balthasar heißt, ins Spiel kommt. Denn sie zeigen, wie weit einen gute Ideen bringen können und was es dabei noch braucht: Einen Blick, der über den unmittelbaren Tellerrand hinaus geht.
Weshalb Balthasar Höfer von Anfang an klar war, dass das Zupachten von weiteren 17 Hektar Nutzfläche nur der erste Schritt sein konnte auf dem Weg zu einem zukunftssicheren Hof: „Pachtgrund ist immer gefährlich“, sagt er, „denn du hast drum rum ja einen Haufen Investitionen, der Pachtgrund aber kann schnell weg sein, und dann hast ein Riesenproblem“. Ein zweites Standbein war deshalb das Lohnpressen von Obstsaft, das Hand in Hand ging mit dem Brennen von Schnaps, dazu die Vermietungen von Ferienwohnungen, zunächst zwei im Wohnhaus selbst, dann zwei weitere in einem eigenen Anbau. Zudem gibt’s noch 17 Hektar Wald.
Das mit den weiteren Standbeinen sagt sich schnell und leicht dahin, doch dahinter steckt unheimlich viel Überlegung, vor allem auch das Achtgeben aufs Detail. Ein Beispiel: Den Schnapsverkauf, der zunächst im Keller des Wohnhauses stattfand, verlegte man ebenerdig in den Anbau: „Weil d’ Leid‘, so sagt Balthasar Höfer „wenn’s in den Keller von deim Haus miassn, glaubm, da soins dann a was kaufn und deszweng net so gern nei gehn“.
Vor allem dürfe man einen Fehler nicht machen, meint Höfer: Irgendwann zu glauben, jetzt sei es gut mit dem Nachdenken, wie man es noch besser machen könnte. Bei alldem braucht es auch unternehmerischen Mut und die Bereitschaft Neuland zu betreten. Das war schon bei seinem Vater so, der in den 50er-Jahren zusammen mit einem Nachbarn der Gemeinde ihr kleines Wasserkraftwerk abkaufte und das 2006 grundlegend saniert wurde: „Jahrelang hat ma uns ausglacht, jetzt sengs allmählich, dass des mit der eigenen Stromversorgung so ungschickt net war.“
Die Familie darf
nicht zu kurz kommen
Darauf zu schauen, dass die Familie nicht ganz zu kurz kommt, ist auch ein Schlüssel dafür, dass ein nicht kleines Problem bei vielen Betrieben, das der Nachfolge, bei Höfers geklärt ist. Der 17-jährige Balthasar ist dabei, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Man dürfe, meint Höfer senior, wenn man seinen Beruf den jungen Leuten schmackhaft machen wolle, „halt net imma bloß über d’ Arbeit und alles andere jammern, sondern muaß a zoagn, was schee is an unserer Arbeit“.
Davon aber gibt es, vor allem dann, wenn man es von einem „kleinen Sachl“ zu einem Musterbetrieb geschafft hat, genug. Und auch das ist eine Botschaft, die die neue Öko-Modellregion vermitteln möchte. Johannes Thomae