Rosenheim – Neues in Sachen Brenner-Nordzulauf: Thomas Riedrich, Vorsitzender der Bürgerinitiative Brennerdialog Rosenheimer Land, bekam dieser Tage Post aus der Bayerischen Staatskanzlei. Deren Leiter Dr. Florian Herrmann informierte die Bürgerinitiative in dem Schreiben über den aktuellen Sachstand der Planungen zum Ausbauer der Zulaufstrecke zum Brenner-basistunnel.
Die Staatsregierung werde einer Neubautrasse nicht zustimmen, wenn nicht die Erforderlichkeit eindeutig nachgewiesen sei, schreibt der CSU-Politiker. Bemerkenswert ist, was etwas weiter hinten steht: „Die diesbezüglich im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellte Studie konnte einen Bedarf für eine Neubaustrecke nicht eindeutig nachweisen“, heißt es in dem Brief.
„Entscheidung erst
in einigen Jahren“
Es lasse sich nicht eindeutig belegen, dass eine Neubaustrecke erforderlich ist – allerdings sei auch nicht das Gegenteil nachgewiesen worden. „Eine endgültige Entscheidung über das Ob und Wie einer möglichen Neubaustrecke wird voraussichtlich aber erst in einigen Jahren getroffen werden können“, schließt Herrmann das Schreiben ab.
Damit ist eine Aussage bestätigt, die kürzlich im Verkehrsausschuss des Landtags getroffen wurde (wir berichteten). „Bund und DB planen weiter und treiben das Verfahren voran. Ende des nächsten Jahrzehnts kann man dann untersuchen, ob die Neubautrasse tatsächlich notwendig ist oder nicht“, hatte Hans-Peter Böhner, zuständiger Abteilungsleiter im Innenministerium, gesagt.
Es werde am Ende darauf ankommen, zu welchen Prognosen neuere Studien gegen Ende der 2020er-Jahre führen, so Böhler. „Wenn es so kommt, wie der Bund und wir auch erwarten, dass der Güterverkehr weiterwächst, dann hätte man die Legitimation, in die Bauphase einzutreten. Wenn es – aus heutiger Sicht überraschend – anders käme, dann müsste man sich diese Frage neu stellen. Die wird man sich dann sicherlich auch stellen.“
Das war, beziehungsweise ist, insofern auffallend, als die für das Projekt zuständige Bundespolitik den grundsätzlichen Bedarf einer Neubaustrecke bisher nicht mit einem Fragezeichen versehen hat und damit einen Widerspruch zur Sicht der Landespolitik aufwirft: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) führt die Anfang des Jahres vorgestellte Szenarienstudie als Argumentationsgrundlage für den Bedarf einer Neubaustrecke ins Feld. So heißt es im Fazit der Studie: „Bei allen Szenarien (…) ist erkennbar, dass ein Ausbau nach 2030 erforderlich und bereits heute zu planen ist.
Der Empfänger des Schreibens aus der Staatskanzlei, Thomas Riedrich, sieht durch den Brief die Sichtweise der Trassen-Gegner bestätigt: „Aus dem Großteil der Szenarien-Studie geht hervor, dass keine neue Trasse notwendig ist. Dieser vermeintliche Bedarf wird nur aus dem völlig unrealistischen Szenario 4 mit über 500 Zügen pro Tag abgeleitet.“ Die zurückhaltende Stellungnahme weise in die richtige Richtung. Er genieße angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen Aussagen aus der Politik allerdings mit Vorsicht, kommentierte Riedrich den Brief im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Bahn erfüllt den Auftrag des Bundes
Eine Anfrage an die Pressestelle des Bundesverkehrsministeriums zu den widersprüchlichen Aussagen verlief bis Redaktionsschluss im Sande. Die Deutsche Bahn antwortete auf die Bitte einer Beurteilung der Lage wie folgt: „Die Bahn kennt das Schreiben nicht. Wir erfüllen den Auftrag des Bundes und planen. Auf die Trassenauswahl folgt, wie immer betont, die parlamentarische Befassung und damit eine verkehrspolitische Weichenstellung.“ Soll heißen: Wir machen das, was wir tun sollen, alles Weitere ist Sache der Politik.