Traunstein/Rosenheim – Kommt jetzt die Wahrheit ans Licht? Ein neuer Zeuge im Berufungsprozess um den Tod von Melanie Rüth (21) und Ramona Daxlberger (15) vom Samerberg (siehe Kasten) soll am Tag nach dem tödlichen Unfall die beiden Angeklagten Daniel R. (25) und Sebastian M. (26) und deren Beifahrer bei Absprachen belauscht haben. Das Gericht hat dem Beweisantrag der Nebenklage bereits stattgegeben. Der Zeuge soll nun zu einem der weiteren Verhandlungstage geladen werden.
Beweisantrag stattgegeben
Es war die Überraschung des vierten Prozesstages: Christian Schluttenhofer, Anwalt der Nebenklägerfamilie Daxlberger, die bei dem Unfall ihre Tochter Ramona verloren hat, will, dass ein weiterer Zeuge geladen wird. Und zwar einer, der vielleicht die Frage beantworten kann, ob die beiden Angeklagten den Golf-Fahrer provoziert und ihn am Wiedereinscheren gehindert haben.
Denn laut Schluttenhofers Beweisantrag hat der neue Zeuge am Tag nach dem Unfall ein Treffen zwischen den beiden Angeklagten sowie den beiden Beifahrern der BMW mitgehört. Dabei sollen die Männer nicht nur abgesprochen haben, was sie gegenüber der Polizei angeben. Sie sollen zudem zugegeben haben, den Überholvorgang herausgefordert zu haben, mit dem Hintergedanken, dass Überholen des VW verhindern zu wollen.
Ob diese Behauptungen Bestand haben werden, wird sich in einem der kommenden Prozesstage zeigen. Während des gestrigen Verhandlungstages ging es unter anderem um mehrere Zeugen, die aussagten, die beiden BMW sowie den VW am Unfalltag bereits vor dem Zusammenstoß in und um Rosenheim gesehen zu haben. Eine Zeugin schilderte beispielsweise, mit zwei BMW an einer Ampel gewartet zu haben. Die Fahrzeuge hätten dann bei Grün stark beschleunigt. Den Angeklagten Daniel R. (25) habe sie als einen der Fahrer erkannt. „Ich kann mich auch noch erinnern, dass er einen korpulenteren Beifahrer dabei hatte, den ich später auch als Zeugen im Gericht gesehen habe“, sagte die Frau.
Eine dreiköpfige Familie, die das Gericht in den Zeugenstand gerufen hatte, erklärte, dass ihr kurz vor dem Zusammenstoß drei Fahrzeuge aufgefallen seien. „Der Abstand zwischen denen war relativ gering, die Fahrzeuge waren akustisch lauter, als normal“, erinnerte sich der Familienvater. „Es ist mir vorgekommen, als wenn sich die kennen“, erklärte dessen Ehefrau. Immer wieder habe ein Auto versucht, auszuscheren, sodass sie sich gedacht habe, „die spinnen doch“.
Ein weiterer Zeuge schilderte, wie er am Tag des Unfalls von zwei BMW auf der B15 ausgebremst worden sei, ehe die Fahrer plötzlich Gas gegeben hätten. „Ich habe mich gefragt, ob die da jetzt ein Rennen fahren“, sagte der Zeuge, der zwar relativ detaillierte Angaben zu den beiden BMW, nicht aber zu Insassen machen konnte.
Hochemotional wurde es dann, als mehrere Ersthelfer ihre Eindrücke vom Unfallort schilderten. Eine Rosenheimerin, die als erste an der Unfallstelle war, erinnerte sich, wie sie den Golf-Fahrer aus Ulm, der aus seinem VW gestiegen war und „recht wacklig auf den Beinen“ gewesen sei, in ihr Fahrzeug gesetzt hatte. Anschließend sei sie zum Nissan Micra von Melanie Rüth gelaufen und hätte dort den Kopf von Ramona Daxlberger aus der offenen Tür ragen sehen.
Ein Ersthelfer aus Stephanskirchen erinnerte sich, wie er am völlig zerstörten Micra die Unfallopfer entdeckt hatte. Als erstes habe er die Fahrertür aufgemacht und dort Melanie Rüth gesehen, deren Kopf unnatürlich auf der Brust gelegen habe. Sie habe zu diesem Zeitpunkt noch geatmet. „Das war aber nur noch ein Rasseln“, erinnert sich der junge Mann an die Unfallnacht, die ihn nach eigenen Angaben bis heute verfolgt.
Aussagen, die den Ehepaaren Rüth und Daxlberger, die beide eine Tochter verloren haben, sichtbar nahe gingen. So musste die beim Unfall selbst schwer verletzte Magdalena Daxlberger ihrer Mutter Manuela während der Befragung der Zeugen immer wieder beruhigend über den Arm streichen. Aufgebracht hatten sie vor allem die Aussagen der Ersthelfer, die zu Protokoll gaben, keinen der BMW-Insassen beim Erste-Hilfe-Leisten gesehen zu haben. Eine Polizist hatte allerdings am zweiten Prozesstag ausgesagt, dass sich zumindest der Angeklagte Sebastian M. um eine Verletzte gekümmert hatte (wir berichteten).
Zusätzlicher Prozesstag nötig?
Der Berufungsprozess wird am Dienstag, 5. November, fortgesetzt. Ob der bisher anvisierte Termin für die Urteilsverkündung, die am Dienstag, 12. November, erfolgen soll, eingehalten werden kann, ist allerdings mehr als fraglich. Aufgrund der Menge an Zeugen, die noch gehört werden soll, hat Richter Zenkel gestern bereits eine Verlängerung des Prozesses angedeutet.