Kokain im Wert von einer Million Euro

von Redaktion

Gericht: 52-Jähriger hatte zwölf Kilo unter der Rückbank – Fast zehn Jahre Haft

Rosenheim/Traunstein – Zwölf Kilogramm Kokain mit einem Marktwert von etwa einer Million Euro waren in einem professionellen Versteck unter der Rückbank eines VW Passat eingebaut. Schleierfahndern der Polizeiinspektion war der Wagen mit italienischem Kennzeichen nachts auf der Autobahn A8 München-Salzburg am Irschenberg aufgefallen. Den 52-jährigen Fahrer verurteilte die Zweite Strafkammer am Landgericht Traunstein jetzt wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben zu einer Freiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren.

Laut Anklage hatte der 52-Jährige das qualitativ beste Rauschgift aus Belgien oder Holland geholt und über einen unbekannten Grenzübergang in die Bundesrepublik gebracht. Der Angeklagte selbst gab an, er habe den Wagen in Saarbücken übernommen. Für einen Umweg von rund 1000 Kilometern, von dem sein Navi zeugte, lieferte er die Erklärung, er habe sich auf dem Weg nach Süden gewaltig verfranst.

Gegen 1.50 Uhr nachts am 24. Februar 2019 zog der Wagen die Aufmerksamkeit von Rosenheimer Schleierfahndern auf sich. An der Behelfsausfahrt Wasserwiesen im Gemeindegebiet von Raubling konnte der Pkw gestoppt werden. Dazu informierte ein Polizeizeuge: „Auf unsere Frage hat der Fahrer verneint, etwas Verbotenes im Fahrzeug zu haben. Er wirkte sehr nervös. Erst hatte er als Ziel Slowenien genannt. Dann wollte er plötzlich nach Rom.“ Die Fahnder durchsuchten damals den Wagen. Dabei versuchte der Italiener, die Beamten zu stören und „abzulenken“, wie sich ein Zeuge erinnerte. Fündig wurden die Polizisten unter dem Rücksitz.

Sie entdeckten eine Manipulation: Eine Filzmatte war mittels einer Heißklebepistole befestigt worden. Darunter war das Kokain verstaut. Der 52-Jährige wanderte umgehend in Untersuchungshaft.

Der Angeklagte legte gestern ein weitgehendes Geständnis ab. Er habe aus finanzieller Not gehandelt und gewusst, dass er Kokain transportierte. Allerdings sei er von einem Kilogramm ausgegangen.

Von der enormen Menge habe er nichts geahnt, so der 52-Jährige. Er sei früher vermögend gewesen, habe als Schmuck- und Goldgroßhändler gearbeitet. Durch Einbrüche, Überfälle und ähnliches habe er alles verloren, letztlich auch seine Familie.

Der Verteidiger, Dr. Markus Frank aus Rosenheim, führte an, sein Mandant habe in dieser misslichen Lage Leute kennengelernt, die ihm Geld in Aussicht stellten, konkret 2000 Euro für eine Drogenkurierfahrt. Der Angeklagte habe sich breit schlagen lassen. Ihm sei der umgebaute Pkw VW Passat in Saarbrücken vor die Tür gestellt worden.

Der psychiatrische Gutachter, Dr. Stefan Gerl vom Bezirksklinikum in Gabersee, bescheinigte dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Eine Drogenabhängigkeit liege nicht vor – auch wenn er gelegentlich Kokain konsumiere. Bei der Fahrt sei er nicht unter Drogen gestanden. Staatsanwältin Andrea Litzlbauer plädierte gestern auf eine Haftstrafe von zehn Jahren. Der 52-Jährige habe von dem Kokain gewusst, sei vielleicht von einem Kilogramm ausgegangen. Die Menge von zwölf Kilogramm habe er jedoch „zumindest billigend in Kauf genommen“. Zu seinen Lasten gehe auch das „professionelle Schmugglerversteck, das für Organisierte Kriminalität spricht“. Eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als fünf Jahren forderte Verteidiger Dr. Markus Frank. Der 52-Jährige habe sich lediglich der „Beihilfe“ zum Handeltreiben schuldig gemacht.

Im Urteil unterstrich der Vorsitzende Richter, der Weg des Angeklagten, zu Geld zu kommen, sei der denkbar schlechteste gewesen. Der Kurierlohn sei mit Blick auf den Wert des Kokains relativ gering gewesen. Die Drogen seien nach Überzeugung der Kammer nicht in Saarbrücken kurz vor der Reise, sondern in Belgien oder Holland eingebaut worden – unter Verwendung von Verpackungsmaterial aus den Niederlanden.

Der 52-Jährige habe das Navi bedienen können. Für eine Fahrt nach Rom bereite man sich entsprechend vor. Eine Irrfahrt sei auszuschließen, betonte Erich Fuchs. Der Angeklagte habe mehr gewusst, als er angegeben habe. Dennoch wirke das Geständnis positiv.

Strafmildernde
Umstände

Den Strafrahmen bezifferte der Vorsitzende Richter in Traunstein mit zwei bis 15 Jahre. Das Gericht habe die Umstände der Kurierfahrt wie die Geldnot insgesamt strafmildernd berücksichtigt. Die große Menge Betäubungsmittel sei sichergestellt worden und könne „keinen Schaden mehr anrichten“. Andererseits sei die Menge an Kokain außerordentlich groß und die Droge von guter Qualität gewesen.

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