Rosenheim – Bald startet er wieder, der Run auf die Festivalpässe für das Rosenheimer Sommerfestival (10. bis 18. Juli 2020). Der Vorverkauf beginnt diese Woche, am Freitag, 6. Dezember, Punkt 8 Uhr. Die Fans stehen bereits in den Startlöchern – und das, obwohl noch nicht einmal alle Bands bekannt sind. Die Highlights bis dato: Deep Purple, Álvaro Soler und Lena Meyer-Landrut. Doch wieso die Geheimniskrämerei bis zur letzten Minute, wer denn letztendlich auf der Bühne im Mangfallpark stehen wird? Wir haben nachgefragt bei den Sommerfestival-Organisatoren Werner Oeckler und Alexandra Birklein.
Ganz einfach, wie die beiden verraten: Hinter den Kulissen wird bis zuletzt verhandelt und gefeilscht. Das Tauziehen um die besten Bands sorgt jedes Jahr für Nervenkitzel. „Wir hängen teilweise bis zum Schluss in der Luft“, gibt Alexandra Birklein Einblick in die nervenaufreibende Zeit, bis das Festival-Programm final feststeht.
Künstler werden mit
Bedacht ausgewählt
Welche Künstler gebucht werden, das entscheiden Alexandra Birklein, die als freiberufliche Mitarbeiterin das Sommerfestival von Beginn an begleitet, und Werner Oeckler, nebenberuflicher Geschäftsführer, ansonsten Werkleiter im Baubetriebshof der Stadt Rosenheim, mit Bedacht: „Wir schauen unter anderem auch, wie die FacebookResonanz in Rosenheim und Umgebung ist“, erklärt Oeckler.
In den vergangenen Jahren – das Sommerfestival feiert 2020 zehnjähriges Bestehen – wurden verschiedene Stilrichtungen abgedeckt, worauf die Initiatoren nicht ohne Stolz verweisen: „Von Rock bis zum Schlager“, sagt Birklein. Und offensichtlich geht diese Strategie auf: Seit Jahren sind die Festivalpässe in Nullkommanichts ausverkauft – immerhin 5000 Stück. Hinzu kommt der Einzelverkauf für die maximal bis zu 9500 Besucher pro Konzert.
Erleichtert sind Birklein und Oeckler zudem, dass der Preis des Festivalpasses mit 140 Euro unverändert bleibt – für immerhin sechs Live-Acts. „Verglichen mit anderen Festivals durchaus günstig“, finden Birklein und Oeckler. Der Vorteil: Hinter dem Sommerfestival-Betreiber, der „Landesgartenschau Rosenheim 2010 GmbH“, steht die Stadt Rosenheim – weshalb die Gewinnmaximierung nicht im Mittelpunkt stünde.
„Unheilig“ war ihr
erster großer Sprung
Blick zurück: „Wir haben ganz klein angefangen“, erzählt Alexandra Birklein, während sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitet. Nachdem man 2010 die Landesgartenschau Rosenheim gut über die Bühne gebracht hatte, überlegten sie gemeinsam, ein Festival auf die Beine zu stellen. Anfangs kamen die Leute noch mit Picknickdecken und Stühlen und lauschten Künstlern wie Haindling und Keller Steff. „Das war echt nett“, erinnert sich Birklein, die für Künstlerbooking und -betreuung zuständig ist. 2014 schafften sie dann den großen Durchbruch. Von einer Agentur bekamen sie das Angebot, die Band „Unheilig“ zu buchen. Birkleins erster Gedanke: „Schaut‘s euch die an, sind die teuer“. Aber der zweite Gedanke: „Wir probieren das!“
Von da an hat sich vieles verändert. Die Trailerbühne war plötzlich zu klein, es musste eigens eine Bühne gebaut werden. Stühle und Picknickdecken waren nicht mehr zulässig, in puncto Sicherheit musste in größeren Sphären gedacht werden.
Auch der Backstage-Bereich, der anfangs nur ein Zelt war, hat sich zu einem zweistöckigen Container mit eigenen Köchen gemausert. Für Gehbehinderte gibt es auf dem Mangfalldamm außerdem einen bestuhlten Bereich.
Die typischen Anfangsfehler? „Wir hatten nie Bargeld dabei“, erzählt Alexandra Birklein. Haindling zum Beispiel wollte für seinen Auftritt bar bezahlt werden. Und dann standen sie da. Ohne Bargeld. Das seien so Dinge, die man mit der Zeit lerne. Je größer die Acts, desto spannender wird es auch mit den Verträgen: Es sei jedes Mal ein Glücksspiel, Künstler zu bekommen, die zum Zeitpunkt des Sommerfestivals gerade auf Tournee gingen, sagt Oeckler. Da müsse man gut mit den Agenturen verhandeln. Die größte Konkurrenz im Umkreis von 60 Kilometern sei die Stadt München. Das Tollwood decke im Grunde dasselbe Künstlergenre ab wie das Sommerfestival, sagt Oeckler. „Gebietsschutz“ sei da ein wichtiges Schlagwort, erklärt der Geschäftsführer. Dieser garantiere eine gewisse Exklusivität. Das sei vor allem bei bekannteren Künstlern eine wichtige Sache. Sonst würden auf allen Festivals die gleichen Bands spielen, so der Geschäftsführer.
Sting hatte seinen
eigenen Koch dabei
Sting, Scorpions, die Fantastischen Vier, Andreas Bourani – sie alle fanden bereits den Weg zum Rosenheimer Sommerfestival. Natürlich haben sich da im Laufe der Jahre herrliche Anekdoten angesammelt. Birklein verrät: „Sting hatte seinen eigenen Koch dabei“, erzählt sie, während sie an ihrem Tee nippt. Mit der Köchin sei man extra nach Raubling zu einem Supermarkt gefahren, um einzukaufen. Streng vegan. Doch Sting machte ihr letztendlich einen Strich durch die Rechnung: Er bevorzugte es, eine Bratwurst auf dem Sommerfestival zu essen.
Solche kuriosen Geschichten kennt sie viele und berichtet weiter. Die Fantas habe sie damals vom Flughafen abgeholt und wegen eines Staus durch kleine Dörfer wie „Tuntenhausen“ gekurvt. Die Fantas hätten damals Tränen gelacht. „Tuntenhausen“ sei während des Festivals der Running Gag gewesen.
Ein weiteres Schmankerl: Die „Scorpions“ wurden damals mit fünf Limousinen vom Flughafen abgeholt – jeder wollte einzeln chauffiert werden.
Erlebt habe man einiges in den vergangenen zehn Jahren, blicken beide zurück. Doch Gott sei Dank noch nie eine Gewitterkatastrophe. Das sei das Schlimmste, was einem Veranstalter passieren könne, ist Oeckler überzeugt. In so einem Fall müsste das gesamte Festivalgelände evakuiert werden. Von jetzt auf gleich. „Mit Regen kann ich umgehen“, sagt Oeckler. Doch nicht mit Wind, Sturm oder Gewittern. Und während er das sagt, klopft er auf die Tischplatte.
Für das Jubiläums-Festival 2020 sehen sich die Veranstalter gut gerüstet – bis auf das letzte Tauziehen und Vertragsfeinheiten steht das Programm, das spannende Highlights verspricht. Bereits bekannt: Deep Purple am 11. Juli und Alvaro Soler sowie Lena am 16. Juli. Weitere Programmpunkte werden dieser Tage präsentiert. Andere können womöglich erst im neuen Jahr bekannt gegeben werden, mitunter aus Gründen des Gebietsschutzes.
Ist die Künstlerbuchung abgeschlossen, steht die nächste Phase an: 40 bis 50 Seiten Bühnenanweisung durchackern. Im neuen Jahr geht es dann in die Umsetzung. Bei jedem Künstler muss alles individuell eingerichtet werden. Von der Bühnentechnik bis hin zur Licht- und Tontechnik.
Diese Stars
wünschen wir uns
Seit 2012 gibt es auf dem Festivalgelände auch Essensstände. Pizza, Burger, asiatisches Essen – die Besucher erwartet wie im letzten Jahr eine kulinarische Vielfalt.
Auf der Agenda stehen viele Dinge. Erleichtert, wenn alles überstanden ist? Definitiv, bestätigt Birklein. Doch nach dem Festival ist vor dem Festival: „Wir denken jetzt schon an 2021.“
Künstlerfavoriten, die die Organisatoren gerne mal in Rosenheim sehen würden? „Bryan Adams“, sagt Alexandra Birklein entschlossen. „Den kriegen wir irgendwann schon noch.“ Und Oeckler? Bon Jovi oder Bruce Springsteen – „das wäre doch mal was“, lacht er.