Traunstein/Waldkraiburg – Im Cuttermesser-Prozess verhängte das Schwurgericht Traunstein gestern gegen einen 13-fach vorbestraften 38-jährigen Thüringer eine Freiheitsstrafe von elf Jahren wegen „schwerer Körperverletzung“ und „gefährlicher Körperverletzung“.
Er hatte am 30. Dezember 2018 seine 44-jährige Freundin und deren 24 Jahre alte Untermieterin in Waldkraiburg schwerst verletzt. Mit dem Strafmaß ging die Traunsteiner Kammer über den Antrag von Staatsanwalt Markus Andrä hinaus, der auf neun Jahre Haft plädiert hatte.
Der 44-Jährigen wurden vor etwa einem Jahr die extreme Eifersucht des 38-Jährigen, sein Misstrauen, die Alkoholprobleme und die Gewalttätigkeit unter Einfluss von Alkohol zu viel. Sie verwies ihn aus der Wohnung. Daraufhin zog ein junges Paar in den ersten Stock der Wohnung. Der Angeklagte verdächtigte den Mann, der neue Freund der 44-Jährigen zu sein. Als er einige Tage später zu der Wohnung zurückkehrte, hatte er ein relativ großes Teppichmesser dabei und viel Alkohol getrunken. Mit mehr als drei Promille im Blut entdeckte er den vermeintlichen Widersacher von der Straße aus durch ein Badfenster in der Wohnung.
Neun tiefe
Schnitte
Der 38-Jährige geriet „erst recht in Wut“, wie der Vorsitzende Richter im Urteil unterstrich, und klingelte. Als die 44-Jährige öffnete, attackierte er sie mit einem Cuttermesser. Die Frau erlitt bei insgesamt neun tiefen Schnitten von oben nach unten schwerste Verletzungen im Gesicht und an den Armen. Auf ihre Schreie hin kam die 24-jährige Untermieterin vom oberen Stock herunter. Der Täter erwischte sie im Vorbeilaufen und fügte ihr vier massive Schnitte zu. Beiden Frauen gelang schwer verletzt und stark blutend die Flucht. Polizisten leisteten lebensrettende Erste Hilfe. Zwei Stunden später stellte sich der Täter.
Staatsanwalt Markus Andrä hatte am Donnerstag neun Jahre Haft gefordert. Dabei verneinte er einen Tötungsvorsatz gegenüber beiden Opfern – wegen strafbefreiender Rücktritte. Der 38-Jährige habe seine Ex-Freundin durch die Schnitte ins Gesicht „fürs Leben zeichnen wollen. Leider ist ihm das auch gelungen“.
Die Nebenklagevertreter, Inge Bazelt aus Altötting und Axel Reiter aus Mühldorf, widersprachen dem Staatsanwalt in zwei Punkten. Der Angeklagte sei auch wegen „versuchten Totschlags“ zu verurteilen. Die Opferanwälte verneinten einen strafbefreienden Rücktritt von einem Tötungsdelikt. Verwirklicht sei ein „beendeter Versuch“. Außerdem traten sie gegen eine Strafrahmenverschiebung wegen der Alkoholisierung des Täters ein. Konkrete Strafanträge stellten sie nicht.
Der Verteidiger des Angeklagten, Jörg Zürner aus Mühldorf, gelangte zu anderen rechtlichen Wertungen und geringeren Einzelstrafen. Im „letzten Wort“ hob der 38-Jährige heraus, er würde sein Handeln gerne rückgängig machen.