Jedes Jahr, wenn ich am 4. Dezember auf das Datum im Kalender schaue, bin ich am Überlegen, ob es das jetzt wirklich braucht. Aber dann mache ich mich doch auf, gehe in den Garten und schneide ein paar Zweige aus dem Kirschbaum.
Trocken und etwas kläglich schauen sie aus in meiner Hand, finde ich und stelle den kahlen Strauß in einem Krug mit warmen Wasser erst einmal auf die Fensterbank. Es kommt mir fast vor wie ein Beiseiteschieben von dem, was ich auch im eigenen Leben nicht gern anschauen mag: Kälte und Leblosigkeit.
Der Brauch der Barbarazweige erinnert an eine Legende, nach der die heilige Barbara auf dem Weg ins Gefängnis einen kahlen Zweig mitgenommen hat. Am letzten Tag ihres Lebens hat er noch Blüten bekommen und das ist unser Hoffnungszeichen. Die Liebe siegt über die Kälte und den Tod.
Auch erkaltete und verhärtete Beziehungen können wieder aufblühen. Mit etwas Glück werden auch meine Barbarazweige vom 4. Dezember am Heiligen Abend blühen.
Immer wieder einmal fällt mein Blick auf die kahlen Zweige und erinnert mich daran, dass Advent auch Warten heißt. Es ist die Bereitschaft zu einer inneren Lebenshaltung: Gott will auf die Welt kommen, und zwar nicht nur damals vor 2000 Jahren, sondern immer wieder neu!
Je weiter es nun auf Weihnachten zugeht, umso öfter und lieber werde ich zu meinen Zweigen auf der Fensterbank hinüberschauen. Ich werde vorsichtig das zart erwachende und knospende Leben beobachten und dasselbe auch mir wünschen. Mir und vielen anderen.