Pragmatismus statt Flügelschlägen

von Redaktion

Es waren mächtige verkehrspolitische Flügelschläge, mit denen der Tiroler Adler dafür sorgte, dass es dem bayerischen Löwen die Mähne aufstellte. Mautpflicht im kleinen Grenzverkehr, immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung zur Luftreinhaltung (IG-L), sektorale Fahrverbote, Pförtnerampeln, Lkw-Blockabfertigung und die vehement geforderte Autobahn-Korridormaut zwischen München und Verona: Die Liste der Folterwerkzeuge ist lang, die das gute nachbarschaftliche Verhältnis zwischen dem Freistaat und Tirol belasteten.

Dass der österreichische Bundesrat in puncto Mautbefreiung in Grenznähe jetzt die Uhr zurückdreht und die Zustände vor dem 1. Dezember 2013 wieder herstellt, ist ein begrüßenswertes Zeichen der Entspannung. Als Fachpolitiker in Wien, Innsbruck, Berlin und München die Diskussion um eine vernünftige Verkehrslenkung auf der wichtigsten Nord-Süd-Achse noch mit gewaltig Schaum vor dem Mund führten, wurde der Schulterschluss der Kommunen im bayerisch-tirolerischen Grenzgebiet immer enger.

Kein Wunder, litten doch die Menschen diesseits und jenseits der Landesgrenze gleichermaßen unter dem Maut-Ausweichverkehr und seinen negativen Folgen. Zur Wahrheit gehört deshalb, dass die Entscheidung in Wien sicher nicht nur das Wohl der Nachbarn im Auge hat, sondern primär auch österreichische Interessen – beispielsweise die wachsende Sorge um ausbleibende Skitouristen auf den Pisten in Grenznähe.

Es wird nicht lange dauern, bis Österreichs Forderungen nach Abschaffung der Grenzkontrollen wieder lauter werden. Darüber darf man auf deutscher Seite allerdings erst reden, wenn unsere Sicherheitsinteressen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Das kann dauern, wenn sich die EU weiterhin so schwertut, sich auf eine einheitliche Linie in der Migrationspolitik zu verständigen.

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