Auch kleine Erfolge feiern

von Redaktion

Coach Melanie Binder über Vorsätze und Briefe ans alte und neue Jahr

Kolbermoor – Veränderungen angehen und Vorsätze umsetzen – für Melanie Binder (36) aus Kolbermoor das tägliche Brot. Als Coach, Seminarleiterin und Transformationstherapeutin nach Robert Betz in Rosenheim und Kolbermoor begleitet sie Privatpersonen und Unternehmen auf dem Weg der Veränderung und versucht, Körper, Geist und Seele wieder in Balance zu bringen. Zum Jahreswechsel gibt sie den OVB-Lesern Tipps, wie Vorsätze wirklich umgesetzt werden können.

Zum Jahreswechsel nehmen sich viele Menschen vor, Dinge in ihrem Leben grundlegend zu ändern. Ist es aus Ihrer Sicht überhaupt sinnvoll, sich bei Vorsätzen auf ein derartiges Datum zu fixieren?

Theoretisch kann sich jeder von uns jeden Tag entscheiden, etwas in seinem Leben zu ändern. Doch vielen fällt es leichter, sich zum Jahreswechsel neu zu entscheiden. Ich denke das liegt daran, weil wir zwischen den Jahren mehr Zeit haben, noch einmal zurückzuschauen auf das vergangene Jahr und spüren, was für uns stimmig ist beziehungsweise nicht mehr für uns passt. Ich finde es grundsätzlich bewundernswert, wenn jemand etwas in seinem Leben ändern möchte und ich liebe es, Menschen auf diesem Weg der Veränderung ein Stück zu begleiten.

Rauchen aufhören, weniger Alkohol trinken oder Gewicht verlieren: Wie sollten Betroffene derartige Vorsätze angehen?

Das Allerwichtigste ist immer: Entscheide dich für etwas, nicht gegen etwas. Deshalb ist es wesentlich, wie die Vorsätze formuliert werden. Meine Empfehlung ist, diese am besten in der Gegenwart wie „Ich bin…“ oder „Ich werde…“ und positiv zu formulieren. Für die eigene Motivation ist es ratsam, sich realistische Ziele zu setzen und diese klar zu definieren. Beispiel Abnehmen: „Ich werde bis Ende Mai fünf Kilo abnehmen – heißt ab Jahresbeginn jeden Monat ein Kilo.“. Und dann idealerweise definieren, wie ich das umsetze, beispielsweise durch zweimal die Woche Sport und Verzicht auf Schokolade. Je konkreter desto realistischer werden die Vorsätze wahr.

Nach ersten Erfolgen stellen sich nicht selten Rückschläge ein. Wie kann man diesen vorbeugen oder damit umgehen?

Oh ja, das kenne ich nur zu gut von meinen Klienten und mir selbst. Drei konkrete Tipps dazu:

• Kleine Erfolge feiern und sich immer wieder selbst auf die Schulter klopfen. Heißt mich nicht erst loben und feiern, wenn ich soundsoviele Kilos abgenommen habe, sondern bereits wenn das erste Kilo gepurzelt ist.

• Dran bleiben. Und vor allem in den Zeiten, in denen man aufgeben möchte, mal ganz bewusst zurückschauen, was man bereits alles geschafft und gemeistert hat.

• Milde mit sich selbst sein. Gerade in Zeiten von Veränderung darf man lernen, sich selbst der beste Freund zu sein anstatt der größte Kritiker.

Dazu kann ich jedem empfehlen, sich mit Menschen zu umgeben, die einen positiv bei dieser Veränderung unterstützen und fest an einen glauben. Weil manchmal verlieren wir den Glauben an uns selbst und dann ist ein solcher Mensch der größte Motivator, weiter zu machen.

Auch viele Menschen,
die grundsätzlich mit ihrem Leben unzufrieden sind – beispielsweise in puncto Beruf oder in der Partnerschaft -, hoffen auf einen Neustart. Wie sollten diese Menschen vorgehen, um ihr Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken?

Das Problem ist, nur zu hoffen, dass mit dem Jahreswechsel alles anders wird und mit dieser Erwartung in das neue Jahr zu starten. Im Wort „Erwartung“ steckt das Wort „warten“ und diese Menschen warten meist auch sehr lange darauf, dass sich etwas verändert. Eine Vision bleibt eine Illusion ohne Aktion. Der Schlüssel für Veränderung liegt im Tun. Der erste Schritt zur Veränderung ist bereits getan, wenn ich mir bewusst mache, was ich konkret ändern möchte, um dann ins Tun und Handeln zu kommen. Meine Philosophie ist, jeden Tag etwas für meine Veränderung zu tun und wenn es nur ein klitzekleiner Schritt ist. Außerdem kann ich jedem empfehlen, sich Unterstützung auf diesem Weg der Veränderung zu suchen. Niemand muss diesen Weg alleine gehen, das habe ich selbst zu lange geglaubt. Es ist leichter mit jemandem an deiner Seite, sei es ein Coach oder ein guter Freund.

Gibt es Vorsätze,
die Sie selbst fürs neue Jahr gefasst haben?

Ich bin in diesem Jahr zum ersten Mal Mama geworden und habe mit unserem Sohn das schönste Geschenk erhalten. Deshalb hat sich in diesem Jahr beruflich und privat einiges verändert. Beruflich komme ich wieder zurück aus der Babypause und werde im neuen Jahr wieder mehr Coachings und Seminare anbieten. Darunter sind zwei neue Konzeptideen, die ich umsetzen möchte. Privat habe ich mir vorgenommen, wieder mehr in die Berge zu gehen – konkret mindestens zwei Bergtouren im Monat – und unsere wunderschöne Gegend, in der wir leben dürfen, zu genießen.

Hand aufs Herz: An welchem Vorsatz sind Sie selbst schon gescheitert?

Immer wieder habe ich mir vorgenommen mehr Geduld zu haben, vor allem mit mir selbst. Daran bin ich oft gescheitert. Doch in diesem Jahr durfte ich durch unseren kleinen Sohn lernen, geduldiger zu sein – ohne dass ich es mir konkret vorgenommen hatte.

Sie haben ein ganz persönliches Neujahrsritual. Können Sie uns das Ritual kurz beschreiben?

Sehr gerne. Und zwar schreibe ich zwei Briefe: Einen an das alte Jahr und einen an das neue Jahr. In dem ersten Brief bedanke mich bei dem alten Jahr für alles Erlebte, alle Höhen und Tiefen und die Momente, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind. Ich schreibe auch darüber, was mich geprägt und bewegt hat, was ich lernen durfte und welche wertvollen Begegnungen ich mit Menschen hatte. Es geht dabei um Abschied und Würdigung des alten Jahres.

Im zweiten Brief geht es darum, das neue Jahr willkommen zu heißen. Hier schreibe ich, auf was ich mich freue und wie ich die nächsten 365 Tage gestalten möchte. Dieser Willkommensbrief erweckt in mir immer wieder eine große Vorfreude auf das neue Jahr, schafft Klarheit darüber, was ich wirklich will und motiviert mich, bestimmt Dinge anzupacken und zu erleben. Ich würde mich freuen, den ein oder anderen Leser mit diesem Ritual zu inspirieren.

Interview: Mathias Weinzierl

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