Kufstein/Kiefersfelden – „Absolute Frechheit“, schimpfte Ski-Star Marcel Hirscher nach dem Beinahe-Crash. Beim Weltcup-Slalom 2015 in Madonna di Campiglio war eine Drohne unmittelbar hinter ihm in den Schnee gekracht. Ein Mitarbeiter eines TV-Senders hatte die Kontrolle über das Ding verloren.
Geräte gelten als
Brückentechnologie
Drohnen eben: Die Flugobjekte haben kein gutes Image, gelten als Spielzeug, lästig bis gefährlich. Oder als Werkzeug besonders heimtückischer Kriegsführung. Für Menschen wie Mario Döller, Professor an der FH, oder Christian Arbinger, Professor beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), sind sie etwas anderes und überhaupt viel mehr: zugleich zukunftsweisend und hilfreich.
Drohnen können zu Nachhaltigkeit und erhöhter Sicherheit beitragen, „gerade im alpinen Raum“, sagt Mario Döller. „Feuerwehr, Polizei und Bergrettung nutzen Drohnen bereits sehr aktiv.“
Drohnen können die Suche nach Vermissten erleichtern, der Feuerwehr vor Einsätzen in schwierigem Gelände einen ersten Überblick verschaffen, Medikamente an entlegene Orte bringen oder auch Informationen liefern, mit denen sich Verkehrsströme steuern lassen.
„Das Inntal ist der Verkehrs-Hotspot schlechthin“, sagt wiederum Christian Arbinger. Er erträgt diese Verkehrsbelastung nicht nur, sie war für ihn sogar ein Grund, von München nach Kiefersfelden zu ziehen. Für ihn ist das Inntal nicht nur neuer Lebensmittelpunkt, sondern auch die Landschaft in der sich entscheidet, wie Mensch und Waren künftig unterwegs sind. Die Drohne ist ein wichtiges Detail seiner Überlegungen. Einerseits sieht er die Vorteile, die eine Drohne an sich grad auf dem Land bringt – „und damit meine ich nicht den Pizza-Lieferdienst“. Andererseits ist die Drohne auch nur ein Verkehrsteilnehmer wie viele andere.
So muss zum Beispiel schon jetzt sichergestellt werden, dass sich die unbemannten Flugobjekte nicht gegenseitig ins Gehege kommen, oder etwa Helikoptern. Was aber Drohnen zähmt, kann auch ganz andere Verkehrsströme regulieren. „Für uns ist der Mehrwert der Drohne der Brückenschlag: Das, was die Drohne braucht, brauchen auch Auto und Schiene“, sagt Arbinger.
Im Januar hat er eine Firma mit Sitz in Kiefersfelden gegründet, ein Ableger in Rosenheim ist geplant. Name: DiMOS. Erste Aufgabe der Neugründung: DiMOS soll das Daten-Fundament legen, auf dem Verkehrskonzepte der Zukunft gebaut werden können. Und zwar nicht nur für Drohnen, sondern für alles, was auf Schiene, Straße, Wasser und in der Luft unterwegs ist.
Digitales Relief
als Grundlage
Ein Ergebnis liegt jetzt vor: In Zusammenarbeit mit zwei weiteren bayerischen Firmen – 3D-Reality Maps und Elektra Solar – entstand KuKi. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der „Mobilitätskorridor Kufstein – Kiefersfelden“, der sichere Mobilität gewährleisten soll. Grundlage ist ein digitales Relief des Streifens zwischen Kiefersfelden und Kufstein, samt „Schutzzonen“, die für Drohnen verboten sind. Der Datensatz für den digitalen Zwilling der „echten“ Landschaft ist umfangreich. Er umfasst sogar sogenannte „Umgebungsdaten“, also etwa Wetter-Daten und die Qualität der Satellitenkommunikation.
DiMOS sammelt diese Daten, bereitet sie auf und liefert sie an Betreiber automatisierter Mobilität, etwa für automatisiertes und vernetztes Fahren. Wichtig ist, dass DiMOS auch für die Qualität und Sauberkeit bürgt – Daten lassen sich manipulieren, wie kürzlich die Aktion eines Künstlers zeigte, der mit 99 Smartphones Google Maps narrte und einen Stau simulierte.
In wenigen Wochen werden sich Mario Döller, Christian Arbinger und weitere Mitstreiter eines von der EU geförderten Projekts zusammensetzen, um die fast schon grenzenlos scheinenden Möglichkeiten der Drohne zu diskutieren. Am 26. und 27. März steigt an der FH in Kufstein die erste alpine Drohnen-Konferenz.
An ihr nimmt auch Hajo Gruber teil. Der Bürgermeister des verkehrsgeplagten Kiefersfelden stellt zusammen mit seinem Kufsteiner Amtskollegen Martin Krumschnabel den Mobilitätskorridor KuKi vor.
Hajo Gruber ist tief beeindruckt von Neubürger Christian Arbinger. Der habe ihn davon überzeugt, dass der Verkehr der Zukunft digitalisiert gelenkt werde. „Ich weiß nicht, wohin die Reise geht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit aber in die Richtung, die Christian Arbinger beschreibt“, sagt Gruber. „Da ist es nur von Vorteil, wenn das Inntal eine Pilotrolle übernimmt und wenn Kufstein und Kiefersfelden zusammenarbeiten.“
Zusammenspiel von
Mensch und Maschine
Im Inntal macht sich die Zukunft auf die Reise. Dass alle Beteiligten noch einen weiten Weg vor sich haben, zeigt sich, wenn das Zusammenspiel von Mensch und Maschine mal wieder überraschende Ergebnisse zeitigt. Da kann es dann auch mal passieren, dass Menschen zur Rettung der Maschine aufbrechen. Wie kürzlich geschehen: Da barg die Berchtesgadener Wasserwacht eine notgelandete Drohne vom Eis eines zugefrorenen Sees.
Das Programm für die Drohnen-Konferenz finden Sie im Internet unter www.fh-kufstein.ac.at/Veranstaltungen/Alpine-Drone-Conference-2020