Erfolgsmodell Erding

Kein Cent für die Geburtshilfe

von Redaktion

Die Geschäftsführung des Romed-Klinikverbundes hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr keinen Cent für die Wiedereröffnung der Geburtshilfe im Krankenhaus Bad Aibling investiert. Derweil wird die öffentliche Kritik am Klinikmanagement lauter.

Bad Aibling – Dem ehemaligen CSU-Landtagsabgeordneten Sepp Ranner, bekannt als Mann deutlicher Worte, platzt der Kragen. „In vielen Kliniken Deutschlands gelingt es, genügend Gynäkologen und Hebammen für den Betrieb einer Geburtshilfe zu gewinnen. Ausgerechnet in Bad Aibling soll das nicht möglich sein“, wettert er und attestiert der Klinikleitung Versagen. Dem Aufsichtsrat des Romed-Verbundes wirft er vor, „tatenlos zuzusehen, wie die Verwaltung die Geburtshilfe in Bad Aibling kaputt macht“. Ranner fordert, dass die zu besetzenden Stellen notfalls europaweit ausgeschrieben werden müssen.

Ranner sagt: „Ein
großes Ärgernis“

Auch die Gründung eines Fördervereins, der für die Wiedereröffnung der Entbindungsstation eintritt, ist für ihn eine Option. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die gute Arbeit, die der Förderverein leistet, der sich für die Errichtung eines Hallenbades in Bad Aibling einsetzt. Den Ist-Zustand nennt er „ein großes Ärgernis“. Dass sich CSU-Landratskandidat Otto Lederer für die Wiedereröffnung der Abteilung einsetzen will, begrüßt Ranner ausdrücklich. „Die CSU kann sich nicht die Stärkung des ländlichen Raums auf ihre Fahnen schreiben und gleichzeitig einer solchen Entwicklung tatenlos zusehen.“

Da befindet er sich im Einklang mit den CSU-Ortsverbänden Bad Aibling und Willing, die die Schließung der Geburtshilfe mittlerweile zum Wahlkampfthema gemacht haben. „Wir wollen eine neue, tragfähige Lösung. Dazu intensivieren wir unsere Gespräche und eruieren Zwischenlösungen“, heißt es in einer Broschüre, in der Bürgermeisterkandidat Stephan Schlier und die Bewerber um ein Stadtratsmandat ihre Zielsetzungen darlegen. „Wir lassen nicht locker“, verspricht CSU-Ortsvorsitzender Dr. Thomas Geppert – auch wenn ihm durchaus bewusst ist, dass die Geburtshilfe in Bad Aibling eine defizitäre Abteilung sein wird. Krankenhäuser als Profitcenter zu sehen, ist für ihn allerdings ein „grundfalscher Ansatz“. Geppert hat auch das Gespräch mit Fachleuten bereits gesucht und sieht der Tatsache realistisch ins Auge, dass bis zur Umsetzung der politischen Forderung ein steiniger Weg zurückzulegen sein dürfte. Als Zwischenlösung können sich die CSU-Kandidaten die Errichtung eines Geburtshauses in Bad Aibling vorstellen.

Bürotrakt statt
Babygeschrei

In seiner Antwort auf eine schriftliche Anfrage der OVB-Heimatzeitungen verweist Dr. med. Jens Deerberg-Wittram, der Geschäftsführer des Klinikverbundes, einmal mehr auf fehlendes Fachpersonal als Grund für die Schließung der Station. Lediglich ein gynäkologischer Belegarzt stünde heute hierfür „theoretisch“ zur Verfügung, drei bis vier würden jedoch benötigt. „Zusätzlich gibt es für die Geburtshilfe in Bad Aibling heute weder ein Beleghebammen-Team noch eine stabile kinderärztliche Versorgung“, so der Geschäftsführer.

Deerberg-Wittram bestätigt Informationen der OVB-Heimatzeitungen aus gut informierten Kreisen, denen zufolge die Räumlichkeiten der Abteilung derzeit als Bürotrakt genutzt werden – unter anderem ist hier die Pflegedienstleitung untergebracht. Er spricht von einer „Interimsmaßnahme“. Sie sei erforderlich, „weil die aktuellen Baumaßnahmen in der Romed-Klinik Bad Aibling andere Büros blockieren“. Entschieden tritt Deerberg-Wittram jedoch Gerüchten entgegen, wonach es in der Klinik bereits interne Gesprächsrunden gegeben habe, bei denen über eine dauerhaft anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten nachgedacht worden sei.

Man habe auch die Mitarbeiter nicht gebeten, sich Gedanken über die künftige Verwendung dieses Gebäudetraktes zu machen. „Da die Räumlichkeiten als Interimsmaßnahme genutzt werden, ist eine Nutzung für die Geburtshilfe später grundsätzlich möglich“, sagte der Geschäftsführer des Klinikverbundes. Im Krankenhausplan sei die Abteilung nach wie vor enthalten.

Huml kommt
nach Bad Aibling

Sepp Ranner mahnt dazu, mit Argusaugen über die Nutzung der Räumlichkeiten zu wachen. Sollte es Anzeichen für Tricksereien geben, ist seine Marschrichtung klar. „Dann müssen wir auf die Barrikaden gehen.“

Dass Landratskandidat Otto Lederer das Thema aufgegriffen hat, stimmt ihn zuversichtlich. „Ich bin überzeugt, dass er sein Wort hält und sich für die Wiedereröffnung der Geburtshilfe einsetzt, wenn er zum Landrat gewählt wird. Der macht der Klinikverwaltung schon Beine“, ist der Ex-Parlamentarier überzeugt.

Nicht nur CSU-Insider warten jetzt mit Spannung darauf, wie sich Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml in der Frage positioniert, wenn sie am Freitag, 21. Februar, das Krankenhaus Bad Aibling besucht. Den Besuch haben die CSU-Ortsverbände Bad Aibling und Willing im Wahlkampf–Terminkalender bereits seit längerer Zeit eingetragen.

Abteilung wiedereröffnet

An der Kreisklinik Erding ist im November 2017 die erfolgreiche Wiedereröffnung der Geburtshilfe geglückt. Sie war im Sommer des Jahres von der Klinikleitung wegen Hebammenmangels geschlossen worden. Landrat Martin Bayerstorfer installierte daraufhin eine Arbeitsgruppe, die binnen weniger Monate die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Betriebs schuf. Der Landkreis konnte nicht nur binnen kurzer Zeit das erforderliche Personal gewinnen, er steckte zudem über 100000 Euro in die Renovierung der Räumlichkeiten. Heute weist die Klinik wieder steigende Geburtenzahlen auf.

Der Landkreis bemüht sich derzeit darum, das Krankenhaus so auszustatten, dass dort künftig auch Risikogeburten stattfinden können. Dies ist bisher nicht der Fall.tt

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