Rosenheim/München – Die Mitte Januar verordnete Mehrarbeit für Grundschullehrer provoziert Protest: Die Lehrer haben am Freitag einen bayernweiten Aktionstag geplant. Wie gravierend der Lehrermangel ist, zeigt ein Schreiben aus dem Schulamtsbezirk Rosenheim.
Zur Umschulung animiert
Dass es an den Grundschulen Lehrermangel gibt, ist kein Geheimnis. Schließlich hat das Kultusministerium schon mehrere hundert Gymnasiallehrer zu einer Umschulung animiert: Sie werden mit einer Zweitqualifikation zu Grundschul-Pädagogen ausgebildet. Und trotzdem ist der Bedarf an Lehrern so groß, dass Kultusminister Michael Piazolo (FW) Mitte Januar mehrere Zwangsmaßnahmen verordnet hat (wir berichteten). Unter anderem soll zunächst ein Fünftel der Grundschullehrer eine Stunde mehr arbeiten.
Außerdem erhalten pensionierte Lehrkräfte jetzt Post ihres ehemalige Schulamts mit der Aufforderung, sich aushilfsweise zu melden. So wie in Rosenheim, wo Schulamtsdirektor Edgar Müller händeringend Lehrer sucht. Zum generellen Lehrermangel kommt jetzt noch eine Krankheitswelle – die Grippe schlägt Lücken im Lehrkörper.
„Wir haben massive Ausfälle“, sagte Müller unserer Zeitung. Die Mobile Reserve – Lehrer, die als „Springer“ aushelfen – reiche nicht aus. Daher das Schreiben vom 23. Januar, das unserer Redaktion vorliegt. „Wir wenden uns heute an Sie, weil wir im Schulamtsbezirk dringenden Personalbedarf haben und immer häufiger Klassen nicht versorgen können“, heißt es darin. Nun bitte man um Aushilfe – Dauer und Umfang könne man selbst bestimmen, es müssen jedoch mindestens vier Wochen sein.
Er habe auch Lehrerinnen im Erziehungsurlaub angeschrieben, sagt Müller. Insgesamt neun Personen hätten schon zugesagt. „Lehrer sind solidarisch“, sagt Müller, der keinen Hehl daraus macht, dass er die Maßnahmen des Kultusministeriums nicht so gut findet. Vor allem ältere Lehrer würden belastet, etwa weil ein Ruhestand jetzt erst mit 65 statt 64 möglich sei und die von vielen älteren Lehrern bevorzugte Teilzeitarbeit jetzt mindestens 24 (statt bisher 21) Stunden umfassen müsse.
Am Freitag will Kultusminister Piazolo seine Anordnungen vor der Presse noch einmal erläutern – und auch auf Entlastungsmaßnahmen hinweisen. So sollen 2000 Lehrer zusätzlich befördert werden. Auch mehr Stellen für Verwaltungsangestellte und Schulpsychologen sind vorgesehen, um Lehrer zu entlasten.
Postkarten an
den Kreisverband
Ob das den Zorn der Lehrer mildern kann, ist eher fraglich. Die Planungen für den Protest-Freitag laufen. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat den Protesttag unter dem Motto „Lehrermangel: So nicht!“ angesetzt. Nach Schulschluss sollen die Lehrer ein „cooles Gruppenfoto“ (so der BLLV) machen und zusammen mit Protest-Postkarten und Plakaten an ihren Kreisverband schicken. Alle Botschaften werden dem Kultusminister übergeben, verspricht BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Sie sagt, es gelte ein Zeichen zu setzen. „Wir sind viele, wir sind laut, wir sind stark!“
Parallel dazu wird eine Demonstration in Eichstätt stattfinden – zunächst nur als örtliche Aktion geplant, zieht die Demo mittlerweile Kreise und immer mehr BLLV-Mitglieder wollen anreisen, teils mit dem Zug, teils mit Bussen. Auch die BLLV-Chefin wird in Eichstätt sprechen.