Rosenheim – Die einen mussten wochenlang ihre Läden zusperren und durften nicht mehr arbeiten, während andere ihr Handwerk weiter ausüben. So auch die Kaminkehrer, die in Zeiten von Corona weiterhin unterwegs sind. Um ihre Arbeit auszuführen, müssen sie teilweise auch in die Häuser der Menschen. Das ärgert und verängstigt einige OVB-Leser, die ihre Bedenken gegenüber unserer Zeitung geäußert haben.
„Wer darf in diesen Tagen noch ohne Bußgeldandrohung von Haus zu Haus ziehen, obwohl er dort nicht wohnt? Es ist der Corona-Kurier Kaminkehrer!“, schrieb ein Leser. Seinem Bruder, der Landwirt ist und es sich deswegen nicht erlauben könne, krank zu werden, hatte das Landratsamt verweigert, den Kaminkehrer-Termin zu verschieben. Warum keine Ausnahmeregelung möglich war, stößt bei ihm auf Unverständnis. Aber auch andere Menschen äußerten ihren Unmut darüber, dass Kaminkehrer während der Pandemie arbeiten dürfen.
Systemrelevante
Berufsgruppe
„Wir zählen zu den systemrelevanten Berufen. Wir dürfen und müssen weiter arbeiten. Gibt es in einem Haushalt einen Covid-19-Fall oder haben Bürger Angst, dann können wir unter bestimmten Voraussetzungen Termine verschieben. Zum Beispiel für eine Feuerstättenschau“, sagt Anton Dengg, stellvertretender Innungsobermeister der Kaminkehrer-Innung Oberbayern. Hat die Feuerstättenschau bereits stattgefunden, müssten, beispielsweise für die Beseitigung von Mängeln, bestimmte Fristen eingehalten werden.
Läuft die vom Bezirkskaminkehrermeister gesetzte Frist ab, müssen die im Bescheid vermerkten Mängel innerhalb von 14 Tagen behoben werden. „Danach geht das an die zuständige Behörde, zum Beispiel das Landratsamt, die können gegebenenfalls auch Bußgelder verhängen“, erklärt Dengg. Die Regelung sei deswegen so streng, weil ein nicht behobener Mangel zum Beispiel zu einer Kohlenmonoxidvergiftung oder gar zum Tod führen könne.
Udo Bouss ist seit 25 Jahren für den Kehrbezirk Bad Aibling zuständig. „Ich melde meine Termine vorher an und habe bislang noch keine Probleme mit meiner Kundschaft gehabt“, berichtet er. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung kenne er die Anlagen in den Häusern seiner Kunden und wisse, welchen Termin er verschieben kann und wo er dringend vorbeikommen sollte.
Während der Corona-Krise arbeitet er mit besonderer Vorsicht. „Ich gehe nicht in Häuser rein, wenn ich weiß, dass die Leute dort Angst haben“, sagt er. Innerhalb der Fristen des Feuerstättenbescheids verschiebe er in Absprache mit seinen Kunden dann die Termine. Läuft die Frist jedoch ab und der Kunde verweigert den Zutritt weiterhin, „leite ich das an die Behörde weiter“, sagt Udo Bouss. Zudem arbeite er mit Mundschutz und Handschuhen.
Desinfektionsmittel
und Nasen-Mundschutz
Auch Bezirkskaminkehrermeister Christian Zeilinger, der im Kehrbezirk Wasserburg II, Edling, Reitmehring und Attel unterwegs ist, arbeitet unter strenger Einhaltung der empfohlenen Hygienestandards. „Wir haben Desinfektionsmittel dabei, Handschuhe sowie Nasen- und Mundschutz“, erklärt er. Zudem weise er seine Kunden im Voraus an, die Türen zu den Räumen vorher zu öffnen, damit er oder seine Mitarbeiter nichts anfassen müssten. Das klappe auch problemlos. „In den meisten Fällen müssen wir sowieso in den Keller oder aufs Dach. Der Kunde geht derweil in einen anderen Raum.“
Kurz bevor die Ausgangsbeschränkungen erlassen wurden, habe ein Kunde eine sehr „wüste E-Mail“ an Zeilinger geschrieben. Ein Einzelfall, sagt er. Dass Kaminkehrer Corona-Kuriere sein könnten? „Was soll ich dazu sagen?“, ist Zeilinger ein wenig ratlos. Auch beim Einkaufen im Supermarkt könne man sich anstecken.
Bezirkskaminkehrermeister Christian Weileder hat jeden Kunden telefonisch kontaktiert und auch vorgewarnt, dass der Kaminkehrer mit einer großen FFP3-Maske kommen wird. „Damit sie sich nicht erschrecken.“ In seinem Kehrbezirk Rosenheim (Am Gries, Kastenau, Happing) sind seine Kunden von der Absprache begeistert und es laufe bislang alles reibungslos. Nur ein Kunde wollte ihn nicht reinlassen, der Termin konnte verschoben werden.
Das Landratsamt Rosenheim teilte auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit, dass der Kaminkehrer die Verantwortung dafür trage, dass die Betriebs- und Brandsicherheit im Kehrbezirk sichergestellt sei. „Deshalb ist es geradezu notwendig, dass der Personenkreis die Arbeiten erledigt. Gerade da sich die Bürger mehr als möglicherweise sonst zu Hause aufhalten, darf keine Gefahr von der Feuerstätte ausgehen“, so Pressesprecher Michael Fischer.
Bei verschiebbaren Arbeiten, wie zum Beispiel der Feuerstättenschau, dürfe der Kaminkehrer, so Fischer, Entgegenkommen zeigen, falls ein Kunde oder ein Eigentümer Bedenken hat.
Nur „zwingend
notwendige“ Arbeiten
Laut Auskunft des Bayerischen Innenministeriums sind berufliche Tätigkeiten auch derzeit erlaubt. „Trotz dieser Erlaubnis sollten aber andere Menschen, die nicht zum eigenen Hausstand gehören, nur in die Wohnung gelassen werden, wenn dies unbedingt zwingend notwendig ist“, sagte ein Ministeriumssprecher. Generell gilt: Alle Arbeiten, die nicht notwendig seien, sollten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Christian Weileder hat derzeit seinen Betrieb auf Büroarbeit und erforderliche Abnahmen, wie beispielsweise bei Wasserheizungsanlagen, beschränkt. Die Sorgen mancher Bürger kann er verstehen: „Man muss in dieser extremen Situation Verständnis haben. Aber wir werden täglich von der Innung in Sachen Corona gebrieft.“