Rosenheim – Die Hoffnungen waren in den vergangenen Wochen gen null gesunken, für viele Rosenheimer die Nachricht am Dienstag- abend dennoch ein Schock: Das Rosenheimer Herbstfest legt eine Zwangspause ein. Stadt Rosenheim und Wirtschaftlicher Verband sagten die Wiesn für 2020 in einer gemeinsamen Erklärung ab – „im Hinblick auf die kursierende Infektionsgefahr durch die Corona-Pandemie“.
„Wirklich schwergefallen“
Die Absage des Herbstfests drei Tage vor dem Ende der Amtszeit sei ihr „wirklich schwergefallen“, sagte Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer. „Gerade in dieser schweren Zeit der Ausgangsbeschränkungen, der Geschäftsschließungen und der Quarantäne wäre das Herbstfest auch ein Signal der Hoffnung, der Zuversicht und der Normalität gewesen.“ Doch geht Gesundheit eben vor. Die Stadt Rosenheim und der Wirtschaftliche Verband seien sich einig, dass angesichts der Notwendigkeit, und eine weitere Verbreitung des Coronavirus zu unterbinden, „die Absage des Rosenheimer Herbstfests im Jahr 2020 unumgänglich ist“, erklärten der Vorsitzende des Wirtschaftlichen Verbandes, Reinhold Frey, und Rosenheims Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl. Eine frühzeitige Absage ermögliche es, den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen.
Ein hoher Millionenbetrag
Dieser Schaden ist ohnehin groß. Auf 1,3 Milliarden Euro schätzt die Stadt München den Wert des Oktoberfests mit seinen sechs Millionen Besuchern. Rosenheim verzeichnet bei weitem nicht so viel internationalen Zuspruch, darf aber durch den Wegfall eines Festes mit einem Sechstel des Münchner Volumens mit einem Ausfall eines „hohen Millionenbetrags“ ausgehen , sagt der Sprecher des Wirtschaftlichen Verbands. Thomas Bugl schätzt – ohne Übernachtungen – die Ausfallsumme vorsichtig auf 20 Millionen Euro. Martin Kupferschmid vom Happinger Hof spricht von einem drohenden „Totalschaden“ für Hoteliers und Wirte. „Wenn der Staat nicht hilft, ist Corona der Todesstoß“, sagt er.
Viele Partner an einem Tisch
Viele Rosenheimer hatten sich bereits nach der gemeinsamen Erklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zur Absage der Münchner Wiesn gefragt, wann denn der Wirtschaftliche Verband das Herbstfest absagen werde.
Klaus Hertreiter erklärte gestern, warum man sich Zeit genommen habe. Unter anderem ist es darum gegangen, die Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, von der Stadt über die Schausteller und Wirte bis hin zum Ausrichter, dem Wirtschaftlichen Verband.
„Jede Stadt, jedes Fest hat andere Voraussetzungen“, sagte Hertreiter auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Der Wirtschaftliche Verband habe wie stets Verträge geschlossen, „die muss man berücksichtigen“, sagte Hertreiter. „Da dürfen wir keine überstürzten Entscheidungen fällen.“
Andere Städte lassen sich noch mehr Zeit. Warum? Der Grund sind meistens die Regressforderungen von Geschäftspartnern im Großunternehmen „Volksfest“, die in solchen Fällen im Raum stehen könnten. In Rosenheim waren sich diese Partner offenbar am Dienstag einig geworden.
Absage schon erwartet
Von der Absage persönlich, und als Vertreter seiner Zunft getroffen, ist Schaustellersprecher Max Fahrenschon aus Großkarolinenfeld. „Wir haben damit gerechnet “, sagt er. Allerdings, so sagt Fahrenschon, hoffe man, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. „Eine Herbstdult, ohne Bierzelt, etwas in der Art“, sagt er. Sein Bruder, so erzählt er, improvisiere in Gmund, dort gebe es ein Volksfest „zum Mitnehmen“, eben mit Imbiss statt Bierzelt. Denkbar sei für Rosenheim doch zum Beispiel eine Herbstdult ohne Bierzelt.
Er wirbt um Verständnis für seine Kollegen. „Es handelt sich dabei meistens um kleine Unternehmer, die sich hochgearbeitet haben“, sagt er. „Es will sich niemand um sein Lebenswerk gebracht sehen.“ Staatliche Hilfe besteht für ihn nicht zuletzt in Lockerungen der Corona-Regeln. „Wir sind Unternehmer, wir verdienen unser Geld lieber selber, als Almosen vom Staat zu erhalten.“
Angezapft hätte die Rosenheimer Wiesn 2020 Andreas März, der am 1. Mai das Amt des Oberbürgermeisters übernimmt. „Ich hab mir das natürlich anders vorgestellt gehabt“, sagt er. Andererseits wolle er sich von fehlenden Spielräumen und Einschränkungen nicht abschrecken lassen, das Leben in die Stadt zurückzubringen. „Rosenheim ist eine robuste Stadt, die Menschen sind optimistisch, ich bin sicher, dass wir noch stolz sein werden, wie wir das gemeinsam geschafft haben.“