Neuer Look ohne Cappuccino

von Redaktion

Wie die Friseure in der Region die Wiedereröffnung erlebt haben

Rosenheim – „Jeder Kunde hat uns bislang gesagt, dass er den Friseurbesuch herbeigesehnt hat“, sagt Marion Louys, Juniorchefin des Friseursalons Louys in Rosenheim. Seit Ende März sind die Friseure geschlossen. Zwar wachsen Haare nur rund einen Zentimeter pro Monat, aber bei einem Kurzhaarschnitt führt das schnell zu einem anderen Look – freundlich formuliert. Entsprechend gut gebucht sind die Salons. Erst ab Freitag kommender Woche gibt es im Salon Louys wieder Termine. Viele Menschen, ganz nah dran an Haut und Haar: Haben die Mitarbeiter Sorge, sich im Corona-Hotspot Rosenheim zu infizieren? Unisono heißt es „Nein, gar nicht“ von den Mitarbeitern des Salons in der Innstraße. Empfohlen wird den Kunden dort eine Maske, die an den Ohren befestigt werden kann, um den Friseuren die Arbeit zu erleichtern.

Statt Handschlag, Handdesinfektion

Im Bruckmühler Friseurladen „DANI – Aus Liebe zum Haar“ hat Inhaberin Daniela Niklas vorgesorgt. Denn Auflagen von der Berufsgenossenschaft gibt es viele: Statt mit einem Handschlag zur Begrüßung müssen Kunden ihre Hände desinfizieren und ihre Jacke in der Selbstbedienungsgarderobe deponieren. Ein Novum in allen Salons: Trockenhaarschnitte werden nicht mehr angeboten. Alle Kunden bekommen die Haare vor dem Schneiden gewaschen. Hintergrund ist, dass man ein Infektionsrisiko vermeiden möchte. Beschäftigte tragen verpflichtend Einmalhandschuhe – von der Begrüßung bis nach dem obligatorischen Haarewaschen.

Davor ist noch ein Formular mit den Rubriken „Anwesenheitsnachweis“ und „Einwilligungserklärung“ unter anderem zur Verwendung personenbezogener Daten auszufüllen und zu unterschreiben. Dies dient im Falle einer Erkrankung an Covid-19 der Rückverfolgung in der Infektionskette. Vor dem Waschen wird der Kunde mit einer Schutzfolie über dem Körper ausgestattet. Klingt kompliziert, ist aber für Niklas nebensächlich. In erster Linie ist sie froh, dass sie wieder arbeiten kann.

Im Schichtbetrieb werden derzeit auch im Salon von Daniel Hronek in Prien Haare geschnitten. Aktuell trifft man im Salon „Stein – Zeit für Haare“ tatsächlich manchmal auf ein Stück Steinzeit: „Den Neandertaler-Look wollen viele Kunden jetzt doch loswerden“, sagt Daniel Hronek. Er führt den Salon mit seiner Frau. Deutlich mehr Kunden als sonst möchten einen Termin. Nun ist auch am Montag geöffnet, außerdem wurden auch tagsüber die Zeiten erweitert. Termine sollten Kunden per Telefon oder digital vereinbaren und gerade eben nicht persönlich im Salon. Im Salon „Stein – Zeit für Haare“ hat das bereits zu der kuriosen Situation geführt, dass ein Kunde vor der geöffneten Türe stand und per Handy einen Termin vereinbarte. Fast alle Dienstleistungen sind möglich, nur Bartträger müssen vertröstet werden: „Gesichtsnahe Dienstleistungen“ wie Rasieren und Bartpflege sind derzeit grundsätzlich nicht erlaubt, ebenso wie Augenbrauen- und Wimpernfärben.

Dass er mal mehr als sechs Wochen frei gehabt hätte, kennt Stefan Mashold, Obermeister der Friseur-Innung Rosenheim, nur aus seiner Schulzeit. Bitter, dass Corona ihm die Auszeit nun beschert hat. Er freut sich über die Wertschätzung für sein Handwerk von den Kunden. Über eine Woche haben Mashold und seine Tochter allein gebraucht, um die telefonischen Voranmeldungen zu sortieren.

Sechs Wochen frei, zuletzt zur Schulzeit

Sabine Fellner führt einen Salon in Wasserburg und kennt den Aufwand bei der Terminvergabe. Terminlich sei es schon etwas straffer als gewöhnlich, aber machbar. Derzeit habe sie in erster Linie Termine mit Kunden vereinbart, die ihn wegen der Schließung nicht wahrnehmen konnten. „Die Stimmung ist gut. Man muss viel erklären, aber die meisten sind gut informiert.“ In zwei Schulungen haben sie und ihre Mitarbeiter die Arbeit nach den neuen Vorgaben getestet – und fühlen sich nun bestens gerüstet.

Wird Haare schneiden jetzt teurer?

Kreishandwerksmeister Gerhard Schloots betont, dass die Corona-Krise insgesamt eine große Belastung für Friseurbetriebe war. „Die Einnahmen waren ja null, gleichzeitig liefen die Kosten weiter.“ Sehr gut sei in der Zeit die Unterstützung durch die staatliche Soforthilfe und die Unterstützung der örtlichen Banken gewesen. Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Mundschutz für Personal und Kunden: All das muss von Friseurbetrieben im Moment gestellt und bezahlt werden. Gleichzeitig erfordern die Auflagen oft, dass Salons nicht mit voller Besetzung arbeiten können und so weniger Umsatz haben. Steigen jetzt die Preise beim Friseur? Grundsätzlich sei es jedem Friseurbetrieb selbst überlassen, wie er die Preise gestalte. Gleiches gelte für Mehrkosten durch Corona-Auflagen. Aus kartellrechtlichen Gründen gebe es keine Weisungen oder Empfehlungen seitens der Innung. Schloots vermutet aber, dass die Friseure umsichtig handeln werden und dass Kunden nicht mit starken Preissteigerungen rechnen müssten. Von der Politik wünscht er sich, dass ähnlich wie in der Gastronomie auch bei handwerklichen Dienstleistungen die Mehrwertsteuer gesenkt werde.

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