Rasenroboter mähen Igel nieder

von Redaktion

Igelhilfe Grabenstätt schlägt Alarm und appelliert an Gartenbesitzer

Grabenstätt/Rosenheim/Bruckmühl – Mit viel Liebe und Herzblut ziehen die freiwilligen Helfer der Igelhilfe Grabenstätt die kleinen Stachelritter über den Winter auf. Mit Geduld werden sie aufgepäppelt, damit sie im Frühjahr wieder in die Freiheit entlassen werden können. Dort lauert schon der nächste Feind, der vielen Igeln zum Verhängnis wird: der Mähroboter. „Die zerschneiden den Igeln das Gesicht, ziehen ihnen die Haut ab“, sagt Elisabeth Hüller von der Igelhilfe Grabenstätt. Die Tiere verenden in den meisten Fällen qualvoll oder müssen von einem Tierarzt erlöst werden.

400 werden von
den Helfern versorgt

Etwa 54 Igel haben sie derzeit auf ihrer Intensivstation in Winkl. In einer zweiten Station, wo die Tiere hinkommen, wenn sie über den Berg sind, leben weitere 100 Igel. Es gebe noch weitere kleinere Stationen und Helfer in Bernau, Traunstein und Siegsdorf. Zähle man alle zusammen, dann haben die ehrenamtlichen Helfer rund 400 Igel in Pflege, sagt Elisabeth Hüller.

„Jahrelang hatten wir viele Igel, die unter die Rasentrimmer geraten sind. Die waren der Länge nach aufgeschlitzt“, sagt sie. Seit etwa zwei Jahren käme es vermehrt zu Fällen, bei denen Igel Opfer der Mähroboter werden. Diese zögen den Stacheltieren die Haut vom Gesicht ab. „Die Igel sind vom Winter geschwächt und sonnen sich dann in den Gärten. Die Roboter überrollen sie einfach“, sagt Elisabeth Hüller.

Die Mähroboter seien zwar programmierbar und erkennen auch Hindernisse. Die kleinen Igel seien aber zu schwach, zu klein und zu weich. Die verletzten Tiere haben kaum eine Überlebenschance. „Im vergangenen Jahr mussten wir fünf Tiere einschläfern, die unter den Mähroboter gekommen sind“, sagt Hüller. In diesem Jahr haben sie einen Igel von seinem Leid erlöst.

Einen Stachelritter konnten die Igelhelfer aber retten: „Die Verletzungen waren nicht so schwerwiegend, da wollten wir ihm eine Chance geben“, sagt Elisabeth Hüller. Das Tier habe zwar ein Auge verloren, „aber die Nase funktioniert noch“. Da die Tiere nachtaktiv sind, verlassen sie sich primär auf ihren Geruchssinn. Auf den Igel gekommen ist auch Sylvia Klass-Jofer aus Rosenheim. Ende November fand sie einen geschwächten Igel in ihrem Garten. „Er wog nur 300 Gramm und war sehr schwach“, sagt sie. Im Internet habe sie nach Hilfe gesucht und sei auf die Igelhilfe Grabenstätt gestoßen. Gemeinsam mit ihrer Familie haben sie den Igel auf die Intensivstation nach Winkl gebracht, wo Jojo – so haben sie den Igel genannt – über den Winter von den Helfern aufgepäppelt wurde. „Anfang Mai haben wir Jojo mit 1100 Gramm zurückbekommen“, sagt Sylvia Klass-Jofer. Doch statt ihn im eigenen Garten auszusetzen, brachte sie ihn zu einer anderen Nachbarin, die ein großes Grundstück hat – und keinen Mähroboter. „Unsere Nachbarn nebenan haben einen, deswegen wollten wir das Risiko nicht eingehen.“

Jojo regelmäßig
besucht

Regelmäßig besucht die Familie Jojo. Wie sich in der Igelhilfe-Station herausstellte, ist Jojo ein Weibchen. „Die Nachbarin, die Jojo aufgenommen hat, hat einen männlichen Igel im Garten“, sagt Klass-Jofer. Die Hoffnung auf Nachwuchs ist groß.

Um das Team der Igelhilfe Grabenstätt auch finanziell zu unterstützen – die Helfer erhalten keinerlei Zuschüsse – hat Sylvia Klass-Jofer mit ihrer Familie gleich drei Igelpatenschaften abgeschlossen. „Eine für unsere Jojo und meine Kinder haben auch jeder eine bekommen“, sagt sie. Als Anwältin verteidigt sie vor Gericht Menschen. „Tiere haben niemanden, der sich für sie einsetzt. Viele Tierarten auf der ganzen Welt sterben aus. Auch die Igel stehen schon auf der roten Liste“, sagt Sylvia Klass-Jofer.

Fünf bis zehn
verletzte Tiere

Auch der Tierschutzverein Bruckmühl kennt die Thematik. „Man mag es kaum glauben, aber jede Igelstation kennt dieses Problem. Immer wieder werden verletzte Igel gebracht, die eindeutig Opfer eines Mähroboters geworden sind“, sagt Julia Grundmann vom Bruckmühler Tierschutzverein. Sie betreut verletzte Igel. Fünf bis zehn verletzte Igel, die dem Mähroboter zum Opfer gefallen sind, hat sie pro Jahr. Mal seien nur die Stacheln rasiert und sie haben Schnittverletzungen am Körper, mal seien sie regelrecht skalpiert. Fast alle davon hat Grundmann durchbringen können, sagt sie.

Julia Grundmann empfiehlt, den Mähroboter nur tagsüber laufen zu lassen. Denn Igel sind nachtaktiv. „Wenn man Igel findet, die in der Sonne liegen, dann ist es ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt“, sagt sie. Zudem können Gartenbesitzer den Igeln helfen, wenn sie Unterschlupfe schaffen, damit sich die Tiere tagsüber zum Schlafen zurückziehen können.

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