22 Personen aus Seenot gerettet

von Redaktion

Großeinsatz am Chiemsee – Unwetter eine Stunde früher als berechnet

Rosenheim/Prien – Innerhalb weniger Minuten brach am Samstagnachmittag eine Gewitterfront über die Stadt und den Landkreis Rosenheim herein und brachte Sturm und Hagel mit. Vor allem am Chiemsee hatten die Rettungskräfte alle Hände voll zu tun.

Als gegen 15 Uhr die zwölf rund um den See und auf den Inseln stationierten Sturmwarnungen ausgelöst wurden, befanden sich laut Wasserschutzpolizei Prien zahlreiche Wassersportler auf dem See. Sie alle ahnten noch nicht, was gleich auf sie zukommen würde.

„Die Sturmwarnung ist gekoppelt an die Vorausberechnungen des Deutschen Wetterdienstes und startet immer eine Stunde, bevor ein Unwetter eintreffen soll“, erklärt Roland Kempf, Leiter der Wasserschutzpolizei Prien. Ein Zeitfenster, um sich in Ruhe an Land zu begeben. „Der Sturm war für Samstag um 16.30 Uhr angekündigt. Aber schon um 15.30 Uhr gingen die ersten Notrufe bei uns ein. Der rasche Einbruch hat uns alle überrascht.“ So lautet Kempfs Fazit des Samstagnachmittags, der für Wassersportler wie für Ausflügler jäh in Starkregen, heftigen Windböen und Gewitter endete.

Zufällig mehr
Retter vor Ort

Gemeinsam mit der Wasserschutzpolizei wurden von den Rettungsbooten der Feuerwehr, der DLRG und der Wasserwacht in einem Großeinsatz die Besatzungen von Segel- und Elektrobooten, Kajaks und Stand-Up-Boards geborgen. Insgesamt konnten nach Polizeiangaben 22 Personen von 13 Wasserfahrzeugen gerettet und sicher an Land gebracht werden. Hierfür waren neben dem Rettungshubschrauber Christoph 14 über 70 Helfer mit 14 Rettungsbooten im Einsatz. Alle Einsätze verliefen ohne Personen- und größere Sachschäden.

Selbstverständlich ist das nicht. Denn aufgrund der Corona-Lage sind die Stationen aktuell dünner besetzt. „In der Priener Stippelwerft sind beispielsweise am Wochenende nur vier statt wie sonst sechs bis acht ehrenamtliche Wasserretter vor Ort“, erklärt Axel Seitz von der DLRG Traunstein, der am Samstag als Einsatzleiter vor Ort war. Glück war auch mit im Spiel: Zufällig waren in Prien und Bernau mehrere Wasserretter für Reparaturarbeiten in ihren Stationen und konnten helfen. So sei auch der Hubschrauber sofort gerufen worden, als bereits nach 15.30 Uhr erste Anrufe eingegangen waren: Mehrere Stand-up-Paddler, darunter Kinder, hatten sich auf Höhe des Priener Krankenhauses weit vom Ufer entfernt und kämpften mit den hohen Wellen. Bis zum Eintreffen des Hubschraubers hätten sich diese dann doch in Sicherheit bringen können.

Doch die Sache hätte auch ganz anders ausgehen können, denn die Paddler tragen laut Seitz im Gegensatz zu Seglern meist keine Schwimmwesten. Er und Kempf appellieren eindringlich an Wassersportler, diese zu tragen, „insbesondere Kinder“, und warnen, dass man auch im Chiemseewasser mit seinen derzeit rund 18 Grad Temperatur ums Leben kommen könne.

Trotz Gewitters noch schnell in den See

Viel Unvernunft sei oft im Spiel, wenn Menschen aus dem See gerettet werden müssen, sagen Polizei wie DLRG. So berichteten Augenzeugen, in Übersee seien noch Surfer ins Wasser gegangen, als am tiefschwarzen Himmel schon die ersten Blitze zuckten. Diesmal aber machen Polizei und DLRG das frühe Einsetzen des Unwetters mit verantwortlich. Kempf fügt hinzu, dass Sportlern, die von außerhalb kommen, die Sturmwarnungs-Standorte nicht geläufig seien, „obwohl man zumindest einen immer sehen müsste, egal, wo man sich befindet.“ Sein Tipp: Immer ein Handy dabei haben. „Auf dem See funktioniert der Notruf 112 netzunabhängig.“ Wasserretter Seitz ist trotz des Einsatzes erleichtert: „Die typische Bilanz eines solchen Unwetters sind an einem Wochenende 70 abgeschleppte Boote und 150 gerettete Personen. Insofern ging es glimpflich aus.“

Geknickte Bäume, vermisster Surfer

Mit Ausnahme der Einsätze am Chiemsee zog die Gewitterfront ohne größere Vorkommnisse über die Region. „In der Stadt Rosenheim mussten wir zwei umgestürzte Bäume beseitigen. Aber sonst blieb es in unserem Bereich zum Glück bei Bagatelleinsätzen“, sagte Rosenheims Stadtbrandrat Hans Meyrl auf Anfrage. Ein identisches Bild zeigt sich auch für die Umgebung. Kreisbrandrat Richard Schrank spricht von zehn bis zwölf Einsätzen im Landkreis Rosenheim: „Eine überschwemmte Straße, ein paar umgeknickte Bäume. Viel mehr war es nicht.“ Für etwas Aufregung sorgte ein 23-jähriger Surfer, der zeitweise am Simssee vermisst wurde. Laut Schrank konnte sich der junge Mann im Bereich Krottenmühl „leicht unterkühlt selbst ans Ufer retten“. Nach 20 Minuten sei auch dieser Einsatz beendet gewesen. ha

Artikel 3 von 11