Chiemsee/Ruhpolding – Joachim Friesdorf (58) wäre vermutlich gestorben, wäre er nicht von einer Fremden auf der Herreninsel reanimiert werden. Nun sucht er via Facebook seine Retterin.
Die OVB-Heimatzeitungen erreichen den 58-Jährigen im Krankenhaus Traunstein. Vorgestern wurde er von der Intensivstation auf die normale Station verlegt, im Verlaufe des heutigen Tages soll er entlassen werden. Er klingt schon wieder recht munter, nachdem er am 8. Juni am frühen Nachmittag einen Herzinfarkt hatte.
An den Tag kann er sich nicht mehr erinnern, kennt nur die Erzählungen seiner Retter. Er fährt von Inzell aus mit dem Dienstfahrzeug nach Breitbrunn. Der Restaurator und Kirchenmaler muss zur Arbeit auf die Herreninsel. Während eines Gesprächs im Inseldom geht es ihm nicht mehr gut. Er verlässt gemeinsam mit einem Kollegen das Gebäude. Dort trifft er auf Benedikt Lauber und seinen Vater Wolfgang, die die dortige Baustelle leiten. Schnell verschlechtert sich Friesdorfs Zustand, er ist kaum noch ansprechbar. Benedikt Lauber versucht, ihn zu stützen. Plötzlich setzt Friesdorfs Atmung aus, sein Gesicht und seine Lippen werden blau. Lauber spricht in seiner Verzweiflung eine Passantin und ihren Begleiter an, ob sie Erste Hilfe leisten können. Die Frau reagiert sofort und übernimmt die Herzdruckmassage. Auch zwei Mitarbeiter der Löschgruppe Herrenchiemsee helfen bei der Reanimation, organisieren einen Beatmungsbeutel und bereiten die Landung des Hubschraubers vor, den ein Kollege alarmiert hat.
Heute weiß Friesdorf, dass er einen Hinterwandinfarkt erlitten und großes Glück hatte. Ohne seine Ersthelferin, die ihn wiederbelebte, wäre das vermutlich anders ausgegangen. „Nur zehn Prozent der Patienten überleben einen Herzstillstand. Von diesen Patienten überlebt auch nur ein geringer Anteil ohne bleibende Hirnschäden“, sagt Dr. Markus Barth (50), diensthabender Hubschrauberarzt und Intensivmediziner am Klinikum Traunstein. Er war auch derjenige, der bei Friesdorf im Einsatz war. Noch 15 Minuten wurde Friesdorf auf Herrenchiemsee reanimiert, ehe er ins Klinikum Traunstein geflogen wurde. In einer Not-Operation wurde ihm ein Stent, eine Gefäßstütze, ins Herz eingesetzt.
Friesdorf hat keine Erinnerungen an seinen Herzinfarkt, auch nicht an seine Retterin. Von den anderen Beteiligten weiß er allerdings ein paar Details: Sie hatte brünette, schulterlange Haare, trug eine schwarze Hose und eine leichte, blaue Jacke. Außerdem weiße Turnschuhe, sogenannte Chucks.
Das Alter der Retterin schätzen Beobachter der Situation auf zwischen Anfang 20 und Anfang 30 Jahre. Außerdem wird vermutet, dass die Dame einen medizinischen Hintergrund hat. Denn auffällig für alle Beteiligten war, wie souverän und gelassen sie mit der Situation umging. Auch Barth und seine Kollegen loben, dass sie technisch perfekt und mit einer professionellen Haltung reagiert hat.
Joachim Friesdorf und seine Familie würden der Retterin sehr gerne persönlich danken. Aus diesem Grund hat Friesdorfs Frau Birte einen Aufruf auf Facebook gestartet: „Ohne das großartige Zusammenspiel von allen Leuten vor Ort wäre mein Mann heute nicht mehr am Leben oder ein Schwerstpflegefall. Er hat das Ganze gut überstanden.“ Bislang wurde der Aufruf über 10000-mal geteilt und über 1000-mal kommentiert.