Eine weltweite Lachnummer

von Redaktion

Unwetter-Video einer Rimstingerin wird ungewollt zum Internethit

Prien – „Oh Gott, da fährt jetzt aa no oana rei“: Die Frau aus Rimsting kann selbst kaum fassen, was sie da gerade in Prien mit ihrem Handy vom Fenster aus filmt. In der völlig überfluteten Seestraßenunterführung steht das Wasser bis zu einem Meter hoch. Dennoch fährt ein Auto hinein – und säuft ab. „Mein Gott, jetzt schwimmt er“, redet die Filmerin mit sich selbst, als der Wagen in dem kleinen See zu treiben beginnt.

Hunderte, möglicherweise auch tausende Videos dürften gedreht und verschickt worden sein, als am Sonntagabend eine gewaltige Sturm- und Regenwalze über die Chiemseeregion hinweg zog. Aber keines wurde ein derartiger Internetschlager wie das schwimmende Auto von Prien.

So war die Filmerin ein zweites Mal „baff“. Dass ihr Video in den Internetportalen und sozialen Netzwerken als große Lachnummer um die halbe Welt gehen würde, dass sich Hunderttausende über den oder die Autofahrerin lustig machen würden – das hatte sie gar nicht beabsichtigt.

Nur für ein exklusives Publikum gedacht

Eigentlich sollte sich das Publikum auf einen exklusiven Kreis beschränken. Die Rimstingerin hat das Video nicht einmal gepostet. Deshalb möchte sie ihren Namen auch nicht in der Zeitung oder im Internet lesen. „Ich bin ja nicht einmal auf Facebook, habe den Film lediglich per Whatsapp an drei oder vier Bekannte geschickt“, betont sie im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.

Doch die digitale Welt ist schneller als Stürme. Ihre Freunde verbreiteten das Video erst per Whatsapp weiter, dann hat es jemand auf Facebook gepostet – und so fegte der Film geradezu durchs Netz: Das dunkelfarbene Auto, das zwischen den beiden Seestraßenkreiseln abtaucht, wurde in nur wenigen Stunden hunderttausendfach angesehen, geteilt, geklickt und kommentiert.

„Ein Lehrbeispiel, wie schnell man mit einem solchen Video etwas lostreten kann, was nicht mehr zu stoppen ist“, staunt die Rimstingerin. Umso erstaunlicher, weil die Autorenrechte auf den Beitrag ja ausschließlich bei ihr liegen.

Ist das Video auch bei den Einsatzkräften im Chiemgau ein Thema? „Definitiv“, sagt Samuel Witt, Kommandant der Priener Feuerwehr, „das hat fast jeder gesehen, und so wird auch bei uns darüber geredet.“ Dabei sind Autos, die in Unterführungen abtauchen, für Witt und seine Kollegen bei Hochwasser-Einsätzen nichts Außergewöhnliches: Das komme bei Starkregen immer wieder vor. Aber ein filmisches Dokument, das festhält, wie ein Auto in so einen See fährt – das ist neu.

Ein Phänomen dabei: Hin und wieder bleibt ein Nummernschild zurück, wenn das Wasser abgelaufen ist. Beim Saubermachen von Straßensenken haben die Feuerwehrler schon so manches Taferl aus dem Schlamm gezogen. Vermutlich entsteht beim „Unterführungs-Diving“ eine Sogwirkung, die vor allem die Schilder von den Autos löst.

Rund 80 Einsätze hatte die Priener Feuerwehr am Sonntagabend und in der Nacht auf Montag zu bewältigen. Meistens war Wasser aus Kellern zu pumpen oder Bäume und Äste von Straßen oder Dächern zu räumen. Tatkräftige Unterstützung bekamen die Priener dabei von Kollegen und Kolleginnen der Feuerwehren Aschau, Rimsting, Bernau, Bad Endorf, Atzing, Greimharting, Wildenwart und Hittenkirchen. Zudem rückten Einsatzfahrzeuge aus Feldkirchen-Westerham mit Sandsäcken an.

Los ging die lange Einsatznacht – Samuel Witt war bis 2.30 Uhr auf den Beinen – um 19.40 Uhr. Das Video entstand um 19.50 Uhr. Die Priener Feuerwehr verfügt über einige Fahrzeuge mit höherer Wattiefe. Doch in der Seestraßenunterführung wären zu diesem Zeitpunkt sogar sie stecken geblieben: „Das Wasser stand dort bis zu einem Meter hoch, das ist auch für uns zu viel.“

Nicht auf dem Film: Das rasche Happy-End

Umso hoffnungsloser ist der Versuch, so einen See mit einem gewöhnlichen Pkw durchqueren zu wollen. Ein Wagnis, das am Sonntagabend noch weitere Autofahrer eingegangen und „abgesoffen“ sind – nicht nur zwischen den Seestraßenkreiseln, zum Beispiel auch ein paar hundert Meter weiter südlich in der Spitzsteinunterführung.

Das Video der Rimstingerin zeigt, wie das Auto in die Unterführung fährt, schnell den Boden unter den Reifen verliert, zu treiben beginnt und nicht mehr steuerbar ist. Die Rücklichter blinken – doch es gibt kein Vor oder Zurück mehr.

Der Film zeigt allerdings nicht, wie die Geschichte weiter gegangen ist. Immerhin: Der oder die Fahrerin hat Glück im Unglück. Es gibt ein schnelles Happy-End. Schon nach ein, zwei Minuten, so die Rimstingerin, sind mehrere Helfer zur Stelle. Sie machen sich ordentlich nass, schieben den Wagen durchs hüfthohe Wasser – bis er „auf Grund“ läuft und davonfährt.

Ob das Auto Schaden genommen hat, bleibt offen. Sicher ist aber: Samuel Witt und seine Feuerwehrkollegen werden es beim nächsten Sturmregen mit einem unvernünftigen Fahrer weniger zu tun haben. Er oder sie wird solche Großpfützen nun meiden. Und die Rimstingerin wird sich zweimal überlegen, ob und wem sie künftig welches kuriose Foto oder Video schickt.

Artikel 9 von 11