Das Phantom von Reit im Winkl

von Redaktion

Wolf oder nicht Wolf, das ist hier die Frage – Weitere Analyse nötig

Reit im Winkl – Ein Wolf? Ein Wolfshund? Was ist es, was in Tirol und in den Bergen und Wäldern von Reit im Winkl auf Jagd geht? Tirol und Bayern arbeiten eng und fieberhaft zusammen, um das Raubtier endlich zu identifizieren. Dennoch bitten die Experten um Geduld.

„Es wird noch einige Wochen dauern“, sagt eine Sprecherin des Landesamtes für Umwelt in Augsburg. „Diese Angelegenheit wird uns noch den Sommer über beschäftigen.“ Dabei hatte die Landesveterinärdirektion von Tirol kürzlich bekanntgegeben, dass zwischen Februar und Juni vier verschiedene Wölfe in Tirol unterwegs gewesen waren. Warum dauert es dann in dem Fall von Reit im Winkl so lang?

Es fehlt noch
Vergleichsmaterial

Das liege daran, dass es sich bei den Proben um Genmaterial eines Typus handelt, der in Deutschland oder Österreich noch nicht bekannt sei, heißt es aus Augsburg. Der nachgewiesene Genotyp komme sowohl häufig bei Wölfen in Südosteuropa – etwa in Slowenien und Kroatien – als auch bei Hundezüchtungen wie dem Wolfshund vor. „Für eine abschließende Beurteilung sind aufwendige tiefergehende Analysen notwendig“, teilt das Landesamt für Umwelt mit.

Warum die Bayern so eng mit Tirol zusammenarbeiten: Sowohl in Reit im Winkl als auch in Kössen und Walchsee wurden Tiere gerissen. Die drei Ortschaften liegen in Luftlinie gerade mal fünf bis zehn Kilometer auseinander, ein Raubtier müsste nur eine Bundesstraße überqueren. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen weisen ebenfalls darauf hin: Der Räuber von Kössen und Walchsee ist der von Reit im Winkl.

„Ein erster Abgleich zwischen dem deutschen und dem österreichischen Referenzlabor zeigt, dass es sich bei den Schafsrissen in Kössen und Walchsee in Österreich und im südlichen Landkreis Traunstein in Bayern um den identischen Haplotypen und mit großer Wahrscheinlichkeit um dasselbe Individuum handelt“, erklärt das Landesamt. „Beide Labore arbeiten mit Hochdruck an der Artbestimmung.“

Für die Almbauern steht seit Längerem fest: Es ist ein Wolf. In Ötzleiten, Ortsteil Entfelden, haben die Schafzüchter Willi und Florian Gstatter nach eigenen Angaben bereits elf Tiere verloren. Dr. Klaus Thiele und Martin Stief aus Ruhpolding, die Beauftragten des Netzwerks „Große Beutegreifer“ des Landesamtes, entnahmen Gewebeteile einiger getöteter Tiere für eine genauere Analyse – die ergab immerhin die hohe Übereinstimmung mit den Proben aus dem österreichischen Grenzgebiet.

Sichtungen
häufen sich

Es scheint das selbe Tier zu sein, nur ob es ein Wolf ist, das ist weiterhin offen. Offen ist auch, ob es sich dabei um das selbe Tier handelt, das im Hochriesgebiet gesichtet wurde.

Was feststeht: Wolfssichtungen im Alpenraum häufen sich. Zwischen 24. Februar und 2. Juni waren in Tirol vier verschiedene Wölfe unterwegs. Das hat die vertiefende genetische Analyse – die sogenannte Genotypisierung – von DNA-Proben von Wild- und Nutztierrissen aus den Bezirken Landeck, Lienz und Schwaz ergeben. Bei ihnen wurde jeweils ein Wolf nachgewiesen.

Im Zuge der Genotypisierung wird nicht nur die Tierart, sondern sogar das einzelne Tier bestimmt, das „konkrete Individuum“, wie die Experten der Tiroler Landesregierung sagen. Diese genetischen Fingerabdrücke ermöglichten es, die Bewegung einzelner großer Beutegreifer besser nachvollziehen zu können.

Die einzelnen Fälle in Tirol: Am Sonnenplateau im oberen Gericht (Bezirk Landeck) wurden in Februar und März dieses Jahrs sowohl ein männlicher als auch ein weiblicher Wolf nachgewiesen. „Aufgrund dieses beinahe zeitgleichen Nachweises kann eine Paarbildung nicht ausgeschlossen werden“, sagt Martin Janovsky, Beauftragter des Landes für große Beutegreifer. Seit den letzten Rissen Anfang Juni in Serfaus sind den Behörden keine weiteren konkreten Hinweise aus diesem Gebiet bekannt worden.

Es ist wahrscheinlich, dass sich diese Wölfin den Winter über in der Region aufgehalten hat.

In Gerlos hielt sich ein Wolf auf, der bereits im vergangenen Jahr im Salzburger Pongau mehrere Schafe gerissen hatte. Bei den drei am 18. Mai im Gemeindegebiet von Matrei in Osttirol gerissenen Schafen wurde wiederum ein weiblicher Wolf als Verursacher nachgewiesen. Dieses Individuum war in Österreich zuvor noch nie festgestellt worden. Noch keine eindeutigen Ergebnisse erbrachten indes die DNA-Analysen zur Bestimmung der Tierart für die Ziegenrisse vom 4. Juni im Gemeindegebiet von Kirchdorf, ebenso wie für die Schafsrisse vom 21. Juni in Walchsee und vom 29. Juni in Kössen.

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