Kraftstoff für die Champions

von Redaktion

Besseresser: Wie Robert Gorgos die Rad-Profis von Bora-hansgrohe fit hält

Raubling – Robert Gorgos unterbricht sich mitten im Satz, bittet um Entschuldigung, wirft einen Blick auf sein Smartphone. Sein Zeigefinger tanzt übers Display, kurzes Nicken. Und schon ist er wieder da: im Gespräch, an einem Tisch beim Dinzler am Irschenberg. Ungefähr auf der Mitte des Wegs zwischen Wohnort und Bad Tölz und einem Kunden: dem Profi-Radrennteam von Bora-hansgrohe mit Sitz in Raubling.

Dessen bekannteste Arbeitnehmer sind gerade auf Dienstreise in Frankreich. Die Botschaft auf dem Handy kam vom Team-Koch. Fisch gibt’s nicht, was bereiten wir den Profis zu? „Hähnchen“, meint Gorgos. Leicht und nahrhaft. Gut.

Tipps für die
TSG Hoffenheim

Robert Gorgos, Jahrgang 1976, ist Ökotrophologe. Heißt: studierter Ernährungsexperte. Bei ihm holen sich auch die Fußballer der TSG Hoffenheim Rat, wie man sich gut ernährt. Gut heißt für Gorgos: Gut für Leistung und Gemüt. „Mein Job ist es, dass die Fahrer gesund und zufrieden bleiben“, sagt er über seine Mission für Bora-hansgrohe.

Radsport ist hart. Vor allem bei den großen Rundfahrten. Beispiel Tour de France: dauert lang, manche Etappen sind mörderisch, das Klima mal tropisch, mal hochalpin. Robert Gorgos antwortet mit Abwechslung im Speiseplan. Keine Astronautenkost aus der Tube, mit Frischem aus der Region Rosenheim hält Gorgos das Team fit. Gorgos kauft für Bora-hansgrohe in der Umgebung ein, bei der Bäckerei Stangl in Nußdorf am Inn zum Beispiel, beim Anderlhof in Riedering, bei Epos in Pliening. Lebensmittel aus der Heimat sind auch beim Rundkurs in Frankreich dabei, wenn der Bora-hansgrohe-Tross auch gelegentlich vor Ort einkauft.

Tour-de-France-Fahrer sind keine Schwergewichte. Erst recht nicht die Allrounder und Bergfahrer. Emanuel Buchmann zum Beispiel, die Hoffnung des Raublinger World-Tour-Teams aufs Gesamtklassement, wiegt bei einer Größe von 1,81 Metern im Wettkampf 59 Kilo. Weniger soll’s nicht sein, sagt der Experte: „Unser Ziel ist es, dass die Fahrer während des Rennens kein Gewicht verlieren.“

Rennfahrer sind
Futter-Weltmeister

Gorgos ist selbst Radsportler, wurde etwa 2018/19 bayerischer Radcross-Meister. Er weiß, welche Etappe wie fordert. Radsportler verbrauchen unglaublich viel Energie, sie sind wahre Weltmeister im Futtern. Ein ausgiebiges Frühstück, Gels und Riegel, ein Recovery-Shake noch im Bus, ein bisschen Nahrung hinterher und dann später am Abend ein richtiges Essen: Radfahrer fressen nicht nur Kilometer, sondern auch Kilokalorien – bis zu 8000 in einer harten Bergetappe.

Das ist mehr, als normal trainierte Menschen zu sich nehmen können. Dass die Radsportler es können, daran hat Gorgos seinen Anteil, mit Augenmaß und schonender Zubereitung des Essens. Getränke spielen eine entscheidende Rolle. Mit Kohlenhydraten und Spurenelementen versetzt, geben sie Energie auch während der Anstrengung und schützen vor Krämpfen.

Gorgos ist kein Diätdiktator, kein Wunderdoktor, kein Theoretiker. Er sieht sich als Dienstleister, einer neben Koch und Fahrer (der gleichzeitig beim Anrichten der Mahlzeiten hilft). Bei den Highlights eines Rundrennens ist er vor Ort. „Ich bin dann quasi als Geselle im zweiten Lehrjahr dabei“, sagt er und lacht.

Temperatur, Schwierigkeit der Etappe, das alles bedenkt er, bevor er den Speiseplan entwirft. Nicht für eine ganze Tour, sondern nur für einige Tage voraus. Und immer offen für Änderungen. „Wenn du 35 Grad Hitze vor dir hast, ist eine Ingwersuppe vielleicht nicht ganz das Richtige“, sagt der Experte. „Dann doch eher Gazpacho.“

Insgesamt wirkt das alles – normal. Gorgos ist kein Prediger, kein Missionar. Er gebe Tipps, sagt er, auch die Profis seien frei in der Zusammenstellung dessen, was der Küchen-Truck hergibt. Zum Beispiel beim Frühstück: Smoothies, Frucht- und Gemüsesäfte, Porridge mit Obst, Brot, Reis, Eier, dazu Honig, Joghurt, Schokocreme können sich die Fahrer einverleiben. Nichts, was man nicht morgens auch an einem guten Hotel-Buffet finden könnte.

Was geht,
was nicht?

Essen ist auch bei der Tour de France nie nur Nahrungsaufnahme. Es dient auch der Sozialhygiene, dem Miteinander und dem seelischen Wohlbefinden. „Zwei, drei Stunden am Tag ist man mit den Fahrern zusammen“, erzählt der Ernährungsberater. „Da redet man nicht nur übers Radfahren.“ Essen und Trinken halten Leib und Seele zusammen – auch Schokolade und Eis. Das darf schon mal sein, findet der Experte. „Allerdings muss die Qualität gut sein.“ Was noch darf, ja bei Radfahrern muss: Kaffee. Sowohl im Teambus als auch im Kitchen-Truck steht eine Kaffeemaschine.

Gretchenfrage
um den Zucker

Die Gretchenfrage – „Wie hältst du’s mit dem Zucker?“ – stellt sich Gorgos hingegen nicht. „Ohne Zucker gewinnst du nicht die Tour“, sagt er. Es ist auch da die richtige Mischung. Aus Fruktose und Dextrose, manchmal, spät in der Etappe, auch einfach Kristallzucker, der den Fahrer über die Zielgerade bringt. Verbannt vom Speiseplan ist Alkohol. „Nicht erwünscht im Team“, sagt der Essensexperte. Es sei denn, jemand hat einen Etappensieg zu feiern. „Es ist Brauch bei uns, dass wir anstoßen“, sagt Thomas Hörl, bei Bora-hansgrohe für den Kontakt mit Sponsoren zuständig. Der Tross hat daher auch 36 Flaschen Prosecco geladen.

Ein Speiseplan auf fünf Säulen

Robert Gorgos folgt keinen Ernährungsmoden. Er hält nichts davon, Kohlenhydrate zu verbannen. Vermutlich nicht nur, weil sie für die Ernährung wichtig sind, sondern auch, weil der Verzicht auf Pasta, Kartoffeln, Reis und Brot auch der Laune schaden kann. Fisch und Fleisch, Obst und Gemüse, Nüsse und Öl, Getreide, viele frische Kräuter und schließlich wenig Milchprodukte, gesättigte und vor allem ungesättigte Fettsäuren – die Mischung muss stimmen. „Wir schauen, dass wir Genuss, Performance und Spaß ins Gleichgewicht bringen“, sagt der Tafelchef.

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