Wasserburg – Sonntägliche Stille herrschte gestern in der Nördlichen Burgau. Nichts wies mehr darauf hin, dass hier am Samstag aufgrund eines Drohanrufs gegen ein Wohnhaus ein Großeinsatz der Polizei stattgefunden hatte. Neun Stunden stand das Leben in der Siedlung rund um die Josef-Pilartz-Straße still. Ein Dutzend Anlieger mussten ihre Häuser verlassen. Der mutmaßliche Drohanrufer, ein Mann Mitte 50, wurde noch am Abend in seiner Wohnung in Blankenburg festgenommen (siehe Kasten).
Aufregende
Stunden
Aufregende Stunden hat unter anderem Anliegerin Mathilde Eisner (57) am Samstag erlebt. Sie wohnt in der Nähe des betroffenen Gebäudes, dem der Drohanruf galt. „Ich bin am Nachmittag gegen 15.45 Uhr aus meinem Haus rausgeklopft und rausgeklingelt worden“, berichtet Eisner. „Man hat mir gesagt, ich müsse das Haus verlassen – möglichst schnell. Ich durfte nur das Notwendigste mitnehmen“, erinnert sie sich. Sie habe einen Polizisten gefragt, was denn los sei, „aber das hat er mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen können“. Schnell habe sie die Fenster geschlossen und sei dann mit dem Auto rausgefahren aus der Siedlung.
Die Anliegerin hätte den Abend im Feuerwehrhaus Reitmehring verbringen können. Denn um 18 Uhr erreichte Kommandant Thomas Lerch der Anruf des Kreisbrandrats, die Feuerwehr solle ein Notquartier – eventuell auch für die Nacht – herrichten. „Wir waren für etwa 40 Leute, die angekündigt wurden, gerüstet“, berichtet Lerch. Doch alle Nachbarn, die ihre Häuser verlassen mussten, seien bei Freunden oder Bekannten untergekommen.
Sprengstoffexperten eingeflogen
Die Stunden der Evakuierung verbrachte Eisner bei ihrem Freund im Sportverein in Albaching, dann ging es zum Essen nach Wasserburg und nach Rosenheim, wo sie ihren Sohn vorsichtshalber darauf vorbereitete, bei ihm zu übernachten. Denn der Einsatz zog sich hin. Polizeibeamte aus Wasserburg und mehreren umliegenden Dienststellen sowie die Kriminalpolizei Rosenheim waren vor Ort.
Die Siedlung wurde großräumig abgeriegelt. Weil nicht auszuschließen war, dass im Haus Sprengstoff deponiert war oder eine Bombe lag, war die Feuerwehr Wasserburg mit einem erweiterten Löschzug in Bereitschaft. Mit dem Polizeihubschrauber wurden Sprengstoff-Experten aus München und Nürnberg herangeflogen, die aufgrund einer möglichen massiven Bedrohungslage im Gebäude sehr vorsichtig bei der Durchsuchung des Hauses vorgehen mussten, so Stefan Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
In der Burgau war der Spuk um Mitternacht vorbei, um 0.30 Uhr kehrten Eisner und Lebensgefährte Wulf Heumann in ihr Haus zurück. „Es war ein Schrecken für uns, wir haben uns Sorgen gemacht“, sagt das Paar.
Unmittelbar neben Mathilde Eisner wohnt Janina Golda (53). Sie durfte in der Nacht zum Sonntag in ihrem Haus bleiben. „Da waren wir schon froh.“ „Das war ja eine Bombenstimmung gestern hier“, sagt sie und kann nach dem Schrecken schon wieder lachen. Sie war gestern Abend auf dem Weg zurück von ihrem Urlaub, als sie die Absperrungen vor der Siedlung sah. Das Auto musste sie stehen lassen, aber es wurde ihr erlaubt, zu Fuß zu ihrem Haus zu gehen.
Anruf im Feuerwehrhaus
Der Drohanruf war am Samstag um 15 Uhr bei der Feuerwehr Wasserburg eingegangen. Stefan Gartner, stellvertretender Kommandant, bestätigt, dass der Mann im Feuerwehrhaus anrief. Auch von ihm gibt es aus ermittlungstaktischen Gründen keine weiteren Aussagen zum Anruf. Die sofort eingeschaltete Polizei beschloss, das Haus, gegen das sich die Drohung wandte, und die Nachbargebäude vorsichtshalber zu evakuieren.
Erleichtert zeigte sich gestern Zweiter Bürgermeister Werner Gartner über die Tatsache, dass kein Sprengstoff gefunden wurde. „Ich jedoch bin sehr erschrocken darüber, dass so etwas bei uns in Wasserburg passiert.“