Nußdorfer Alten- und Pflegeheim St. Benedikt macht dicht

von Redaktion

Großes Rätselraten über Gründe der Schließung – Bewohner müssen umziehen

Nußdorf – „Das kam für mich völlig überraschend, war vorher kein Thema“, sagt Bürgermeister Sepp Oberauer zur Schließung des Alten- und Pflegeheimes St.Benedikt mitten in Nußdorf. Er sei zwar nur zum Gratulieren dort gewesen, so Oberauer, „ich hatte immer den Eindruck, dass es ganz gut ausgelastet ist und die Atmosphäre war gut.“

Nun aber wird das Heim geschlossen, „im Einvernehmen mit der Heimaufsicht“ zum 30.September, wie der Heimbetreiber, die Fuest-Familienstiftung, den Bewohnern und Angehörigen mitteilte.

Heimaufsicht hat nichts bemängelt

Bei dem Stichwort „Heimaufsicht“ klingeln schnell die Alarmglocken, eine Anfrage beim Landratsamt – bei dem die Heimaufsicht angesiedelt ist – führte dort aber zu Erstaunen. „Es ist uns ein Rätsel, warum die das so anführen“, so Sprecher Michael Fischer, „es gibt aus unserem Haus keinen Grund dafür, das so zu formulieren“. Die Kollegen der Heimaufsicht hätten keine Pflegemängel oder Ähnliches festgestellt. Sie haben auch nichts veranlasst, das zu einer Schließung des St.-Benedikt-Heimes geführt hätte, so Fischer. Er geht davon aus, dass der Betreiber aus eigenem Antrieb den Entschluss gefasst hat, das Alten- und Pflegeheim zu schließen, denn „wir waren‘s nicht“.

Betreiber des Heimes ist die Fuest-Familienstiftung mit Sitz in Beckum in Ostwestfalen. Sie wurde 2010 von Franz und Hilde Fuest gegründet. Franz Fuest ist Bauunternehmer, der sich zunächst auf den Bau und Umbau, dann auch auf den Betrieb von Kliniken und Seniorenunterkünften spezialisiert hat. Laut Homepage der Stiftung werden sechs Kliniken und vier Senioreneinrichtungen von einer hotelähnlichen „Residenz“ über betreutes Wohnen in Seniorenwohnparks bis zum Alten- und Pflegeheim betrieben. Letzteres nur noch wenige Wochen.

Denn das Heim St.Benedikt, das seit drei Jahrzehnten existiert, schließt im September. Wobei es widersprüchliche Aussagen über Mitte und Ende des Monats gibt. In einem Schreiben, das zwei Mitarbeiter den Angehörigen von Bewohnern Anfang August überreichten, stand der 30.September. „Wir sind kalt erwischt worden, haben überhaupt nicht damit gerechnet“, sagt die Tochter zweier Bewohner, die aus Rücksicht auf die Eltern nicht genannt werden möchte.

In Corona-Zeiten innerhalb von zwei Monaten beide Eltern gemeinsam unterzubringen sei schwierig gewesen, zumal ja alle Bewohner des Heimes einen neuen Platz brauchten. „Wo wir auch anriefen hieß es ‚wiss ma scho, ham scho andere angerufen“, erzählt die Tochter. Sie wisse von Familien, die erst in München einen Platz gefunden haben. Denn gerade für demente Angehörige sei es sehr schwer, weil nicht einmal die Hälfte aller Heime entsprechende Plätze anbiete. Ihre Eltern haben ein neues Domizil, ganz in der Nähe.

16 oder 17 Bewohner waren es am Donnerstag noch im Altenheim St.Benedikt, wie ein Mitarbeiter – der nicht genannt werden will – mitteilte. Knapp 40 Plätze hat das Haus. Urlaubspflege war dort genauso möglich, wie Kurzzeit-, Vollzeit- oder Palliativpflege. Zu den Pflegekräften kamen und kommen hauseigene Therapeuten, die Küchencrew sowie Verwaltungspersonal.

Wie viele Menschen durch die Schließung des Heimes ihren Job verloren haben, sich einen neuen suchen müssen, ist derzeit nicht bekannt. Der Betreiber des Altenheims hatte bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage der OVB-Heimatzeitungen geantwortet. Gegenüber Angehörigen wurden „wirtschaftliche Gründe“ angeführt.

Kosten zwischen
2100 und 3600 Euro

Je nach Pflegegrad kostete das Alten- und Pflegeheim St.Benedikt im Monat zwischen 2100 und 3600 Euro. Andere Gruppen, die in der Region mehrere Heime betreiben, haben meist größere Häuser oder das Angebot abseits der Pflege anders strukturiert. „40 Plätze, eigene Küche und eigene Therapeuten – das wird eng“, kommentierte ein Mitbewerber.

Was Angehörigen auffiel: Die Heimleitung wechselte zuletzt häufig, in den letzten zwei Jahren hätten sie es mit drei Personen zu tun gehabt. Und die Verwaltung sei sehr ausgedünnt, in den letzten Wochen fast nicht existent gewesen. Sylvia Hampel

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