Rimsting – Von den 3000 Schmetterlingsarten, die es in Bayern gibt, sind 93 Prozent nachtaktiv. Fledermäuse empfinden Straßenbeleuchtungen als Grenzmauern, die sie nicht überfliegen. Alleine an den Straßenlaternen in Deutschland verenden jeden Sommer mehr als 100 Milliarden Insekten, ergab eine wissenschaftliche Studie. „Die Zahlen sind erschütternd“, sagt Manuel Philipp aus Rimsting. Umso mehr freut es ihn, dass am heutigen Donnerstag vielerorts nachts wegen der von ihm initiierten „Earth Night“ das Licht ausgeschaltet wird – dem gesunden Schlaf, der Natur und dem Klima zuliebe.
Die Gemeinden Aschau, Bernau, Bruckmühl und Stephanskirchen sowie die Satdt Bad Aibling sind im Landkreis Rosenheim dabei. Die Kreisstadt Mühldorf sowie die Gemeinde Ampfing beteiligen sich unter anderem im Landkreis Mühldorf. Deutschlandweit sind – per Beschluss – 19 Kommunen bei der Aktion dabei. Zahlreiche Unternehmen konnte Manuel Philipp ebenso gewinnen. Viel Überzeugungsarbeit habe er leisten müssen, sagt Philipp. Denn viele Gemeinden glauben, sie hätten eine generelle Beleuchtungspflicht. Das aber stimmt nicht. „Sie trifft eine Verkehrssicherungspflicht, was bedeutet, dass sie Gefahrbereiche kenntlich machen müssen, was aber nicht zwingend durch Licht geschehen muss. Laut Auskunft der Versicherungskammer Bayern reiche es beispielsweise an Fußgängerüberwegen aus, diese mit Planken und Blinklichtern zu kennzeichnen. Straßenzüge, die nicht bekanntermaßen unfallträchtig sind oder auch normale Wohnstraßen müssen nicht verpflichtend beleuchtet werden, sagt Manuel Philipp. „Es werden täglich mehr“, freut er sich. Die „Earth Night“ ist ein Initiative von „Paten der Nacht“ – einer in Deutschland ansässigen überparteilichen Vereinigung Ehrenamtlicher, die sich für den Schutz der Nacht und die Eindämmung der Lichtverschmutzung durch Aufklärungsarbeit und Best-Practice-Beispiele einsetzt. Heute findet ab 22 Uhr die Aktion statt – „für wenigstens eine dunkle Nacht pro Jahr“ formuliert Philipp das Motto. Die „Earth Night“ ist ein Ereignis, bei der Menschen versuchen, Kunstlicht so weit wie möglich zu reduzieren.
Anders als bei der „Earth Hour“ im März (bei der das Licht für nur eine Stunde abgeschaltet wird, um symbolisch auf den Klimaschutz aufmerksam zu machen), wird bei der „Earth Night“ im September eine ganze Nacht das Licht reduziert. Die „Earth Night“ will auf die exzessive Nutzung von nächtlichem Kunstlicht und seinen Folgen für Mensch, Umwelt und Natur aufmerksam machen. „Sinnlos leuchtendes sowie fehlgelenktes Licht ist pure Energieverschwendung und schadet dem Klima. Das ist bekannt.
Kaum bekannt ist, was Licht darüber hinaus noch alles anrichtet: Es lässt den Sternenhimmel verblassen und macht den Schlaf weniger erholsam“, erklärt der Initiator. Zudem: Kunstlicht töte im Sommer milliardenfach Insekten, die uns und der Natur dann als Bestäuber sowie den meisten Tieren als Hauptnahrungsquelle fehlen. Ganze Ökosysteme geraten wegen dieser sogenannten Lichtverschmutzung aus dem Takt.
„Die Politik tut in puncto Lichtverschmutzung bislang viel zu wenig. Dabei ist mit kaum etwas derart schnell, leicht und einfach nachhaltiger Umweltschutz zu betreiben, wie durch einen veränderten, das heißt verantwortungsvolleren Umgang mit Licht“, betont Philipp. Sensibilisiert dafür, wie schädlich Licht ist, wurde Manuel Philipp vor vier Jahren. Damals entwickelte der Werbefachmann, Hobby-Astronom und studierter Physiker die Idee für den Sternenpark Winklmoosalm. „Dort in Reit im Winkl hat man nachts eine großartige Sicht auf den Sternenhimmel, was daran liegt, dass es dort noch natürliche Dunkelheit gibt“, sagt der 50-Jährige. Um diese zu bewahren, schlug er vor, die Region zu einem Lichtschutzgebiet zu machen. Mit Erfolg.
Übrigens: Der Vollmond leuchtet mit 0,3 Lux, Straßenlaternen erzeugen zwischen zehn und 20 Lux. „Wir von ,Paten der Nacht‘ empfehlen eine Gehwegbeleuchtung von einem Lux, das ist dreimal so hell wie der Vollmond und reicht völlig“, sagt Philipp.