Viele Regeln, kaum Kontrolle

von Redaktion

Vom kleinen Grenzverkehr in Zeiten der Quarantäne-Pflicht

Kiefersfelden – Die Regeln sind da – aber wer kontrolliert ihre Einhaltung? Über eine Woche nach Einführung der Quarantäne-Verordnung für Reisen von Bayern nach Tirol und umgekehrt ist die Verunsicherung nach wie vor groß. Vor allem in Kiefersfelden, wo man mit und von dem kleinen Grenzverkehr normalerweise gut lebt.

Leere Parkplätze
vorm Rossmann

Der Besuch von Tiroler Seite habe „deutlich abgenommen“, sagt eine Mitarbeiterin im Rewe in Kiefersfelden. Auch anderswo schlägt sich das Zögern von Tiroler Seite aus in den Umsätzen nieder, es will nur niemand als Überbringer der schlechten Nachricht mit seinem Namen in der Zeitung stehen.

Es hilft der Augenschein: zum Beispiel am Rossmann-Drogeriemarkt. Wo normalerweise Rangieren angesagt ist, will man einen der raren Parkplätze anfahren, hat man jetzt die freie Wahl – die Stellflächen sind deutlich leerer als sonst.

Reine „Einkäufer“ aus Tirol trauen sich wegen der Quarantäne-Regeln nicht mehr über die Grenze. Der kurze Trip zu den Nachbarn, er hat etwas von Schmuggel-Kommando. Wer also diesseits des Inns aus einem Auto mit österreichischem Kennzeichen steigt, bemüht sich zumindest um eine gute Begründung.

„Ich bin Pendler und fahre daher täglich über die Grenze zum Arbeiten nach Bayern“, sagt Josef Klausner (Name auf Bitte des Betreffenden geändert) aus dem Bereich Schwaz. „Bei der Rückfahrt komme ich direkt am Rossmann vorbei. Ich denke, da ist ein kleiner Zwischenstopp, natürlich mit Maske, vertretbar.“ Was sogar stimmt. Wer einen triftigen Grund oder – besser noch – einen negativen Corona-Test, nicht älter als zwei Tage – hat, hält sich erlaubt in Bayern auf. Und wer sich erlaubt im Freistaat aufhält, darf einkaufen.

Überhaupt ergab die Stichprobe der OVB-Heimatzeitungen in Kiefersfelden nur „erlaubte“ Besuche. Man fährt zum Arzt, besucht Verwandte – all dies ist in Ordnung. Mitnahmeeffekte in Kiefersfeldens Geschäften inklusive. Ein Gast aus dem Innsbrucker Land vertraut auf das Augenmaß der Ordnungshüter. „Die örtlichen Sicherheitsbehörden wissen, wie eng die Tiroler und Bayern miteinander verbunden sind“, sagt er und zwinkert tatsächlich mit dem rechten Auge.

Die Frage ist, wer diese Ordnungshüter sind. Wer fragt nach, ob sein Gegenüber aus Tirol einen triftigen Grund hat? Oder einen Test vorweisen kann? Bislang wohl niemand. Für das Polizeipräsidium Oberbayern Süd verweist Sprecher Stefan Sonntag auf die Verantwortung des Gesundheitsamtes in Rosenheim. Auch Rainer Scharf, Sprecher der Bundespolizei, sagt: keine Angelegenheit der Polizei. Man kontrolliere den Grenzverkehr auf irreguläre Migration. Nicht aber auf Einhaltung der Quarantäne-Regeln.

Beim Gesundheitsamt aber sagt man: Kontrolle unmöglich. „Leider haben wir keine Möglichkeit, zu kontrollieren, ob die Einreise-Quarantäne-Verordnung bei der Einreise nach Deutschland eingehalten wird“, sagt Ina Krug, Sprecherin des Landratsamtes. „Das ist personell nicht möglich, und die Einreise an sich ohnehin nicht zu beanstanden.“

Das Gesundheitsamt nimmt Meldungen entgegen, ordnet Quarantäne an, überwacht deren Einhaltung. Solle das Amt den Verdacht hegen, es halte sich jemand nicht an die häusliche Isolation, kann es die Polizei um Amtshilfe bitten. Dann fährt eine Streife zur Kontrolle vor. 40 Verfahren hätten sich daraus ergeben, mit jeweils 500 Euro Bußgeld, sagt Krug. An der Grenze aber: Fehlanzeige. Kein Verfahren wurde gegen einen Tiroler Grenzüberschreiter eingeleitet.

Es gibt, so wie es aussieht, mehr Paragrafen aus den Büros der Ministerien als Kontrolleure in Diensten der Gesundheitsämter. „Wir können hier nur an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren“, sagt Sprecherin Ina Krug. Dass nicht alle Verstöße aufgedeckt werden können, sei „dem Umstand geschuldet, dass die Grenzen in der EU offen sind“, fügt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums hinzu.

Zwei weitere Corona-Fälle an Schulen

Aus den Reihentestungen, die aufgrund von positiven Corona-Fällen an Schulen veranlasst wurden, sind zwei weitere positive Testergebnisse hervorgegangen, wie das Gesundheitsamt Rosenheim auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen bestätigte. Demnach gibt es einen weiteren Fall einer Infektion an der Max-Joseph-Grundschule in Großkarolinenfeld sowie einen weiteren Fall am Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim. Alle notwendigen Maßnahmen – wie Quarantäne-Verfügungen und Testanordnung – sind laut Behördensprecherin Ina Krug erfolgt. Die gute Nachricht: Beide Fälle ziehen keine weiteren Quarantäne-Maßnahmen für die beiden betroffenen Schulen nach sich – diese würden sich bei den beiden betroffenen Schülern auf das familiäre Umfeld beschränken.

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