Rosenheim/München – Ist die Corona-Politik überzogen? Das Bayerische Gesundheitsministerium sagt: nein. Die OVB-Heimatzeitungen haben die oberste Behörde mit Kernfragen und Behauptungen von Maßnahmen-Kritikern konfrontiert und liefern dazu neue Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Behauptung: Es gibt kaum noch Corona-Tote und schwere Verläufe
Bis 29. Oktober sind 2787 Menschen in Bayern an Covid-19 gestorben. Die Aussage, es gäbe kaum noch Tote und schwere Verläufe, ist falsch. Mitte April war die Auslastung der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten auf dem Höhepunkt: 770 Patienten wurden in Bayern invasiv beatmet. Die Auslastung war zwischenzeitlich gesunken bis auf unter 30 invasiv beatmete Intensivpatienten am Tag (von Mitte Juli bis Anfang August). Mit dem aktuellen Anstieg der Infektionszahlen sind es leider wieder viel mehr Covid-19-Patienten, die invasiv beatmet werden (Stand am 29. Oktober: 133 Patienten).
Fakt: Verdoppelung
in nur zwei Wochen
Laut RKI hat sich die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fälle in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt – von bundesweit 602 Patienten am 14. Oktober auf 1569 Patienten am 28. Oktober.
Behauptung: Virus nicht gefährlicher als Grippe
Zur „Gefährlichkeit von Covid-19“ liegen epidemiologische Kennzahlen vor. Das RKI hat hospitalisierte Covid-19-Kranke mit den Patienten mit schwerer akuter respiratorischer Infektion (Sari-Patienten) vergangener Grippewellen hinsichtlich Krankheitsschwere, Altersstruktur und Dauer der stationären Behandlung verglichen. Ergebnis: Der Anteil schwerer Verläufe war bei Covid-19-Patienten deutlich höher als bei Grippe-Patienten, speziell bei Patienten, die mechanisch beatmet wurden und/oder in der Klinik verstarben.
Behauptung: Maßnahmen sind willkürlich
Die Erkrankungsschwere von Covid-19-Patienten zeigt deutlich die Notwendigkeit, nicht nur intensivmedizinische Ressourcen weiter vorzuhalten, sondern Präventivmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Dazu gehören das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandsregeln und der Aufruf, sich häufig die Hände zu waschen. Die Staatsregierung prüft laufend, welche Regelungen erforderlich sind. Die stets zeitlich befristeten Maßnahmen werden je nach Lage schrittweise so angepasst.
Behauptung: Es gibt keinen Anstieg der positiv Getesteten, es wird nur mehr getestet
Es stimmt, dass die Zahl der gefundenen Infizierten (neben der tatsächlichen Zahl der Infizierten) auch von der Anzahl der Testungen abhängt. Deshalb weisen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und RKI auf ihrer Homepage die Positivenrate aus, das heißt die Zahl der positiven Tests im Verhältnis zu allen Tests. Unerkannte Infektionen können weitere Infektionen auslösen. Es gilt, das Infektionsgeschehen mit allen Mitteln einzudämmen.
Frage: Sind Schnelltests eine Alternative?
Die Infektionszahlen steigen aktuell besorgniserregend an, also muss weiter umfangreich getestet werden. Neuartige Schnelltests, die derzeit mit Hochdruck entwickelt und erprobt werden, können eine Perspektive für eine Ergänzung bestehender Testverfahren sein. Der Ministerrat hat das Ministerium beauftragt, die bayerische Strategie auf innovative Testmöglichkeiten (Schnelltests) auszuweiten.
Reicht es nicht, nur positiv Getestete in Quarantäne zu schicken und nur bei Verdacht zu testen?
Positiv Getestete müssen sich isolieren, um niemanden anzustecken. Dadurch wird eine weitere ungebremste Ausbreitung des Virus mit vielen schwer Erkrankten und einer Überlastung des Gesundheitssystems verhindert. Auch enge Kontaktpersonen der Kategorie I müssen sich in eine Quarantäne begeben, weil die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung besteht. Studien zeigen, dass Infizierte bereits vor dem Auftreten von Symptomen ansteckend sind. Es reicht nicht, erst bei Symptomen zu testen.
Warum wird nicht differenziert zwischen „infektiös“, „krank“, „infiziert“ und „positiv getestet“?
Es wird durchaus differenziert. Nur bei einem positiven Testergebnis lässt sich sicher sagen, dass jemand „infiziert“ ist, ebenso gilt die Person als „positiv getestet“. Unter „krank“ versteht man, dass eine Person Symptome zeigt. Im Gegensatz dazu gibt es den asymptomatischen Verlauf. Davon abzugrenzen ist der Begriff „infektiös“, das heißt, ansteckend. Studien zeigen, dass Infizierte bereits vor dem ersten Auftreten von Symptomen ansteckend sind und die höchste Ansteckungsgefahr im Zeitraum um den Erkrankungsbeginn besteht.