Für die Tiere und den Landwirt ein Gewinn

von Redaktion

Öko-Modellregion wirbt bei Fachexkursion für kuhgebundene Kälberaufzucht

Tuntenhausen – Seit einigen Jahren gibt es bei Öko-Milchviehbetrieben ein verstärktes Interesse an muttergebundener Kälberaufzucht. Auch in der Öko-Modellregion Hochries-Kampenwand-Wendelstein gibt es bereits einige Betriebe, die diese Art der Kälberaufzucht erfolgreich praktizieren. Wie beispielsweise der Demeter-Betrieb Neichl aus Tuntenhausen.

Kein Kraftfutter,
kein Mineralfutter

Auf einer Fläche von 52 Hektar halten die Neichls zwischen 40 und 45 Milchkühe mit aktuell 28 Jungtieren. Sie verfüttern im Sommer Gras und Heu, im Winter Grassilage und hofeigenes Getreide. Kein Kraftfutter, kein Mineralfutter und kein Mais. Bewirtschaftet wird der Schuasta-Hof von Andreas Neichl senior und seiner Frau Marianne, Andreas Neichl junior und seiner Frau Michaela sowie deren drei Kindern.

„Seit 1988 ist der Hof Demeter“, betonte Andreas Neichl senior. Und bereits seit 18 Jahren arbeiten die Neichls mit der kuhgebundenen Kälberaufzucht. „Sie sind damit wahre Einzelpioniere“, wie Ulrich Mück, Demeter-Berater, betonte. Denn erst vor rund zehn Jahren rückte diese Form der Kälberaufzucht wieder verstärkt in den Fokus.

Für Stefanie Adeili, Projektmanagerin der Öko-Modellregion, eine artgerechte Aufzuchtform, die auf immer mehr Höfen Einzug finden sollte. In diesem Zusammenhang verwies sie auf das Programm „BioRegio 2030“ des Bayerischen Staatsministeriums. Ziel dieses Programms ist es, dass 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Bayern im Jahr 2030 ökologisch bewirtschaftet werden.

Ökologische Bewirtschaftung auf immer mehr Flächen – dieses Ziel will die Öko-Modellregion unter anderem durch den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten für Bio-Kalbfleisch und Bio-Rindfleisch erreichen. Die wichtigsten Ziele dabei sind, weite Transportwege der lebenden Tiere zu verhindern und die Wertschöpfung in der Region zu generieren.

„Leider ist es eben verstärkt Praxis“, so Mück, „dass die wertvolle Milch der Kühe komplett verkauft wird. Das aber geht auf Kosten der Kälber, die nicht, wie in der Natur üblich, in den ersten Lebenstagen bis zu zehnmal täglich trinken. Und sie lernen auch nicht, wie das Leben in der Herde funktioniert.“

Bei der Fachexkursion in Hörmating zeigten trotz Corona über 40 Landwirte ihr Interesse an der speziellen Aufzucht. Demeter-Berater Ulrich Mück begleitete die Exkursion und wies darauf hin, dass mehr und mehr Demeter-Höfe nun auf muttergebundene Kälberaufzucht umstellen. Die kuhgebundene Aufzucht von Kälbern sei dabei eine tierfreundlichere Alternative zur gängigen Tränkeaufzucht. Denn bei dieser Art der Aufzucht würden die Kälber von der eigenen Mutter – oder einer Ammenkuh – gesäugt und hätten dadurch täglich Kontakt mit erwachsenen Kühen.

Studien zeigen laut Mück, dass sich dies positiv auf Gesundheit, Entwicklung und Sozialverhalten der Kälber auswirkt. Dabei würden eben auch die Landwirte profitieren: Viele hätten berichtet, dass ihnen durch die kuhgebundene Kälberaufzucht die Arbeit mit den Tieren mehr Freude bereite und die monotonen Arbeiten der Eimertränke weggefallen seien. Eine Einschätzung, die Andreas Neichl Junior teilt: „Warum füttern und melken, wenn die Tiere das selber machen“.

Freude über

die Art der Arbeit

Die Freude über diese Art der Arbeit ist ihm ins Gesicht geschrieben – zufrieden berichtet er über das gemeinsame Leben von Kälbern und Kühen. Für Andreas Neichl bedeutet das ganze aber auch ein höheres Tierwohl für Kuh und Kalb und Freude über seine gesunden Kälber. Darum seien auch immer mehr Landwirte überzeugt: „Nur eine kuhgebundene Kälberhaltung ist mit den ethischen Grundsätzen der ökologischen Agrarkultur vereinbar“. Und deshalb setzt sich zum Beispiel auch die Schweisfurth-Stiftung aktiv für die Ausbreitung der kuhgebundenen Kälberhaltung ein.

Dem gut einstündigen Rundgang folgte eine Fragestunde vor Ort, die rege angenommen wurde und die vielen Teilnehmern der Veranstaltung aufzeigte, wie wenig Probleme die kuhgebundene Kälberaufzucht bereitet. Werner Stache

Spitzenreiter

Bayern nimmt laut Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit rund 10600 Ökobetrieben und einer ökologisch bewirtschafteten Fläche von über 366000 Hektar bundesweit den Spitzenplatz in puncto ökologischer Landwirtschaft ein. 30 Prozent aller deutschen Ökobetriebe wirtschaften in Bayern. Die Hälfte der in Deutschland produzierten Öko-Milch kommt aus Bayern. Auch bei der Verarbeitung von Ökoerzeugnissen ist Bayern führend.

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