Bernau – Nach jahrelangen Planungen und gut eineinhalb Jahren Bauzeit gibt es jetzt einen Ort, wo Sterbende liebenvoll und professionell betreut werden können: das Chiemseehospiz. Es ist die erste und einzige stationäre Einrichtung dieser Art in der Region. Die Landkreise Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land sowie die Stadt Rosenheim haben sie mit ihren ehrenamtlichen Hospizvereinen für 6,2 Millionen Euro an der Baumannstraße mitten in Bernau geschaffen.
Schulterschluss
von vier Kommunen
Die Einweihungszeremonie am Dienstagnachmittag war von der Corona-Pandemie überschattet. Nur wenige handverlesene Gäste durften Günther Pfaffeneder, den Vorstandsvorsitzenden des gemeinsamen Kommunalunternehmens (gKu) der drei Landkreise und der Stadt Rosenheim beim Rundgang begleiten – allen voran Alois Glück. Der frühere bayerische Landtagspräsident und CSU-Politiker gilt als Motor der Hospizbewegung in der ganzen Region. Dank seiner Initiative entstand vor 15 Jahren der erste Hospizverein im Kreis Traunstein. Glück ist Vorsitzender des Fördervereins Chiemseehospiz. Er würdigte den Schulterschluss von vier Kommunen als „große Leistung“ und die Rolle des Hospiz als „große Entlastung für Angehörige“.
Voraussichtlich ab 9. November können die ersten Patienten aufgenommen werden. Zehn Zimmer mit Duschen stehen für ebenso viele unheilbar kranke Menschen zur Verfügung, Angehörige können auf Wunsch dort mit übernachten. Zusätzlich gibt es zwei Gästezimmer.
Betreut werden die Patienten von 16 professionellen Pflegekräften aus dem Kreis der 23 festangestellten Mitarbeiter, bei Bedarf zusätzlich von ehrenamtlichen Hospizhelfern sowie ambulant durch ihren Hausarzt oder einen niedergelassenen Arzt. Die Betreuung wird im Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr gewährleistet.
Zur Anlage, deren Bau die Leser der OVB-Heimatzeitungen bei der Weihnachtsspendenaktion 2017 mit 600000 Euro mit ermöglicht haben, gehören auch ein Pflegebad, eine Terrasse mit schönem Ausblick, ein „Raum der Stille“ für Gottesdienste und zur würdevollen Verabschiedung, der Patio (Innenhof) und eine Dachterrasse sowie ein Aufenthaltsraum mit Küche. Architektin Claudia Specht hob hervor, dass in den 30-Quadratmeter-Zimmern, die alle im Erdgeschoss nach Süden oder Westen liegen, genug Platz für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten sei, damit sich die Bewohner eine vertraute Atmosphäre schaffen können.
Rosenheims Landrat Otto Lederer, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender des gKu, zeigte sich nach einem Rundgang sehr angetan von „Funktionalität und Emotionalität“ des Gebäudes.
Seelsorger der katholischen und evangelischen Kirche aus den örtlichen Pfarreien stehen zur Verfügung. Rosenheims Dekan Daniel Reichel segnete die Räume bei der Einweihung.
Besorgungen des täglichen Bedarfs der Bewohner erledigen Mitarbeiter der Hauswirtschaft und das Pflegepersonal für die Patienten.
Fast genau
im Mittelpunkt
Die Hospizvereine der drei Landkreise Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land haben die erste stationäre Einrichtung dieser Art zusammen mit den drei Landkreisen fast genau im Mittelpunkt dieser Region gebaut.
Hochmoderne Pflegebetten
Unterstützung kam neben den OVB-Lesern auch von vielen anderen Seiten. „Es ist eine elementare gesellschaftliche Aufgabe, sterbende Menschen in der ihnen verbleibenden Lebenszeit zu begleiten“, kommentierte Bezirkstagspräsident Josef Mederer zum Beispiel einen Zuschuss von 100000 Euro. Der Rotaryclub Rosenheim sammelte bei seinen Mitgliedern 30000 Euro ein und ermöglichte so den Kauf zehn hochmoderner Pflegebetten.
Für Patienten wird der Aufenthalt kostenlos sein. Die Philosophie des Personals, den unheilbar kranken Menschen eine Umgebung zu schaffen, in der sie ihren letzten Lebensweg gut behütet und in Ruhe bewältigen können, macht Pflegedienstleiterin Ruth Wiedemann deutlich: „Ein Hospiz ist vor allem ein Ort des Lebens, der uns alle betrifft. In dieser letzten Phase die größtmögliche Lebensqualität, unter Berücksichtigung der persönlichen Bedürfnisse zu schaffen, ist unser Ziel.“
Die 52-Jährige hat viele Jahre Erfahrung in der Betreuung schwerkranker Menschen als stellvertretende Leiterin in einer Palliativstation und war 30 Jahre am Klinikum in ihrer Heimatstadt Traunstein beschäftigt.