Rosenheim – Die Region bangt dem Lockdown entgegen: Nach dem drastischen Anstieg der 7-Tage-Inzidenzen wächst in der kreisfreien Stadt Rosenheim die Angst vor einem erneuten Stillstand des öffentlichen Lebens.
Harte Ausgangsbeschränkungen hatten zuvor die Landkreise Berchtesgadener Land und Rottal-Inn verhängt, nachdem ihre Inzidenzwerte auf über 250 gestiegen waren. Die Stadt Rosenheim war gestern bei 217 angekommen.
Man berate sich intensiv mit dem Gesundheitsamt, sagte gestern Sprecher Christian Schwalm. Die Maßnahmen, die der Freistaat für Risiko-Regionen vorgebe, habe man bereits eingeleitet. An Spekulationen über eine Verschärfung wolle man sich nicht beteiligen.
Stadt wieder
sehr stark betroffen
Nur noch wenige Gebiete in Bayern gelten nicht als Risikogebiet. Für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist das ein Anlass zu „höchster Besorgnis“. Neben Berchtesgadener Land und Rottal-Inn war gestern beinahe der gesamte südöstliche Saum des Freistaats sogar Hochrisikogebiet mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100. Die kreisfreie Stadt Rosenheim lag an dritter Stelle, knapp hinter den Lockdown-Regionen.
Dabei liegt die Zahl der in der vergangenen Woche positiv Getesteten in der Region erneut um ein Mehrfaches über der Zahl der Patienten mit schweren Verläufen. Derzeit werden nach Auskunft der Romed-Kliniken 25 Patienten in Rosenheim stationär behandelt, aber niemand auf der Intensivstation. Ein Mensch ist seit vergangenem Freitag in Zusammenhang mit Covid-19 verstorben.
Was die Rosenheimer Zahl relativiert: Schon vergleichsweise wenige Infizierte entfalten große Wirkung auf die Statistik. Denn die Anzahl der Neuansteckungen innerhalb einer Woche wird auf 100000 Einwohner hoch- oder heruntergerechnet. Der Landkreis Rosenheim beispielsweise zählt 261000 Einwohner, seine Fallzahl wird daher ungefähr durch 2,61 geteilt. Bei der gestrigen Inzidenzzahl von 144 waren im Landkreis Rosenheim also rund 375 Fälle verzeichnet worden.
Schulen sollen
offen bleiben
Die Zahlen der viel kleineren Stadt mit ihren 63500 Einwohnern hingegen werden mit 1,6 multipliziert – macht bei nur 135 Fällen einen Inzidenzwert von 217. Heißt: Es genügten etwas mehr als 20 neue Fälle und Rosenheim läge über der Marke von 250 – und damit am Berchtesgadener Wert, der dort zum Stillstand geführt hatte. Und damit würde dann auch Rosenheim zu den Lockdown-Kandidaten gehören. Allerdings: Schulen und Kindergärten sollen so lange wie möglich offenbleiben. Das sagte Markus Söder vor der Ministerpräsidentenkonferenz am gestrigen Dienstag. Die hohen Infektionszahlen haben bereits Folgen fürs öffentliche Leben und das Gesundheitsamt könnte die Zügel noch härter anziehen. Bislang gilt die Sperrstunde um 21 Uhr. Ein Lockdown aber bedeutet eine Zwangspause für die Gastronomie. „Ich halte davon gar nichts“, sagt Thomas Geppert, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Der Bad Aiblinger bezeichnet die drohende Zwangspause für Gastronomie und Hotellerie als „Aktionismus“ und Willkür. Man berufe sich auf die Kennzahlen des Robert-Koch-Instituts, ignoriere aber dessen Empfehlungen und Fakten, wonach die Gastronomie mit nur 0,5 Prozent der Ansteckungen kein Pandemietreiber sei.
Auch Allerheiligen und Gräbersegnung können unter Auflagen begangen werden. Das Erzbischöfliche Ordinariat gibt Gegenden mit hohem Infektionsgeschehen eine Empfehlung nach Berchtesgadener Modell. Dort findet die Segnung der Gräber im Rahmen einer liturgischen Feier statt, jedoch zu einem nicht veröffentlichten Zeitpunkt, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Die übliche Gedenkfeier mit Gebet, Predigt und Musik entfällt.
Strenge Regeln
bei Krankenbesuchen
Für Besuche im Krankenhaus gelten besonders strenge Regeln. So muss für die Dauer des stationären Aufenthalts eine bestimmte Besuchsperson mit Kontaktdaten festgelegt werden. Dieser Besucher darf den Patienten jeweils eine halbe Stunde lang besuchen. In den Zimmern dürfen sich höchstens zwei Besucher aufhalten. Gar nicht rein dürfen Menschen mit Symptomen oder kürzlichem Kontakt zu Infizierten.