Rosenheim – Die Inzidenzzahlen schnellen in die Höhe, die Krankenhäuser stellen mehr Betten für Covid-19-Kranke bereit, mit der Funktion des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung kehrt die Region zu einem im Frühjahr bewährten Netzwerk-Modell zurück. Stadt und Landkreis Rosenheim befinden sich im Krisenmodus – und sehen sich weitaus besser gerüstet als vor einem halben Jahr.
Berichte von vorzeitigen Entlassungen von Patienten machten Ende der vergangenen Woche die Runde. Wollte das Romed-Klinikum so für einen lawinenhaften Anstieg der Infektionen vorsorgen? Vonseiten des Klinikums gab es ein klares Dementi. „Wir betonen ausdrücklich, dass kein Patient früher entlassen wird, weil das Bett für einen Covid-Patienten benötigt wird“, sagte Sprecherin Elisabeth Siebeneicher.
Man habe vielmehr in den letzten 14 Tagen die Anzahl der Betten für Covid-19-Patienten sukzessive erhöht. Aktuell halte man drei Stationen vor.
Kontakt-Suche
mit Bundeswehr
Zuständig für die Verteilung und Verlegung von Patienten ist künftig der Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung. Seit Donnerstag gibt es den für die Landkreise Rosenheim und Miesbach, Dr. Michael Städler macht den Job (wir berichteten), offenbar als Wunschkandidat von Landrat Otto Lederer.
Städtler habe schließlich schon im Frühjahr dazu beigetragen, „eine Überlastung der Krankenhäuser durch Covid-19-Patienten zu verhindern und die reguläre Versorgung aufrechtzuerhalten“, hieß es seitens des Landratsamts.
Entlastung durch Verteilung: Das soll auch im Pandemie-Herbst funktionieren. Die Funktion des Ärztlichen Leiters hatte das Bayerische Gesundheitsministerium vor wenigen Tagen reaktiviert. Zu seinem Amt gehört die Verteilung der Patienten nicht nur auf die Kliniken, sondern gegebenenfalls auch auf die Reha-Kliniken in den beiden Landkreisen. Wie Heiko Jeske als Sprecher von Medical Park bestätigte, liefen am Freitag bereits entsprechende Gespräche.
Teil des Netzes sind neben den Romed-Kliniken auch die Schön-Kliniken. „Alle unsere Klinikstandorte sind in die regionalen Netzwerke aus Behörden und Versorgungseinrichtungen eingebunden und tauschen sich hier sehr regelmäßig aus“, sagt Sprecherin Astrid Reinig auf Anfragen der OVB-Heimatzeitungen.
Der Landkreis macht sich krisenfest. Aus gutem Grund: Die Stadt Rosenheim bewegt sich aktuell in gefährlicher Nähe zur Sieben-Tages-Inzidenz von 300, der Landkreis nur leicht darunter.
Das ist weit über dem Kennwert, der Mühldorfs Landrat Maximilian Heimerl vor dem Wochenende in Unruhe versetzte. „Wir sind kurz davor, die Kontrolle zu verlieren“, sagte Heimerl den OVB-Heimatzeitungen. „Das Gesundheitsamt ist trotz Unterstützung durch Polizei und Bundeswehr bei der Kontaktnachverfolgung an der Belastungsgrenze.“ Das sagte Heimerl, nachdem die Inzidenzzahlen in seinem Landkreis erstmals über 200 gestiegen waren. In Rosenheim ist man derlei Zahlen fast schon gewöhnt. Das Gesundheitsamt zeigte sich dennoch besorgt über den „ungebremsten exponentiellen Anstieg der Zahlen seit dem 21. Oktober.
Fürs Gesundheitsamt in Rosenheim räumt Sprecher Fischer zunehmende Probleme bei der Verfolgung von Infektionsketten ein. Daher hat das Landratsamt personell aufgerüstet, und zwar mit Hilfe von Polizei und Bundeswehr. Mit dem sogenannten Kontaktpersonen-Management sind beim Gesundheitsamt laut Sprecher Michael Fischer rund 100 Menschen beschäftigt. 48 von ihnen seien „externe Hilfskräfte“: 22 sogenannte Reservisten vom Freistaat Bayern, neun Polizeianwärter und 17 Soldaten der Bundeswehr.
Landkreis hortet
Schutzausrüstung
Besser als im Frühling ist die Materiallage. Testkapazitäten, Schutzkleidung, Desinfektionsmittel, Masken – überall drohten zu Beginn des Frühjahrs Engpässe. Durch diese Erfahrungen gewarnt, sei der Landkreis bereits aktiv geworden, berichtet Michael Fischer. Das Lager sei gut gefüllt.
Nach Fischers Angaben befinden sich etwa 4700 Schutzanzüge und 3200 Schutzkittel auf Halde, „etwa ein Drittel der Menge, die im Frühjahr zur Hochzeit der Corona-Pandemie von Mitte März bis Ende Mai ausgegeben wurde“. Bei Schutzbrillen liege man mit 3900 bei der Hälfte der damals benötigten Menge, mit 2400 Gesichtsvisieren sogar beim Doppelten der seinerzeit benötigen Menge.
Überm Soll weiß man sich auch bei Mund-NasenSchutzmasken. Über eineinhalb Millionen sind eingelagert, im Frühjahr hatte man rund 600000 benötigt. Lediglich Handschuhe könnten schneller knapp werden. Mit 107000 hält man rund ein Sechstel der Menge vom Frühling vorrätig. Gedacht sei diese Ausrüstung für „absolute Notfälle“, unterstreicht Fischer, Ärzte und Kliniken seien aufgerufen, sich selbst um Schutzausrüstung zu kümmern.
Im „absoluten Notfall“ käme es auch auf die Menschen an, die Beatmungsapparate bedienen können. „Für die derzeit vorgehaltenen Intensivbetten steht ausreichend Personal zur Verfügung“, sagt Romed-Sprecherin Siebeneicher gegenüber unserer Zeitung. „Für den Fall, dass es zu Erkrankungen des Personals kommt, ist ein Ausfallkonzept kurzfristig umsetzbar.“