Rosenheim – Wie sieht die Lage an den Kliniken in der Region aus? Einen Einblick dazu gab jetzt Dr. Michael Städtler, der im Zuge der zweiten Corona-Welle neu geschaffene Ärztliche Leiter Krankenhauskoordination. Er hatte bereits während der ersten Welle die Klinikbetten im Katstrophenfall koordiniert. Nun ist er zurück in führender Position, als Koordinator der Krankenhausbetten. Und er kann aktuell Entwarnung geben: Die Kliniken im Raum Rosenheim sind seiner Einschätzung zufolge deutlich besser aufgestellt als noch im Frühjahr.
Die derzeitige Belegung mit Covid-19-Patienten – insgesamt zehn auf der Intensivstation und 64 auf Normalstation (Stand 17. November; im gesamten Rettungsdienstbereich Rosenheim-Miesbach) – ist Städtler zufolge noch gut stemmbar. Zum Vergleich: Zum Höhepunkt der ersten Welle am 10. April waren 58 Patienten auf Intensivstation und 272 auf Normalstation zu bewältigen. „Das waren ganz andere Dimensionen.“
Von Überlastung
weit entfernt
Von einer Überlastung und gar dem Thema Triage, also dem Behandlungsabbruch zugunsten aussichtsreicherer Patienten, sei man weit entfernt. Städtler: „Eine Triagierung, wie sie in Italien erfolgt ist, zeichnet sich bei uns ganz und gar nicht ab.“ Ganz im Gegenteil: Die Patienten seien inzwischen weitaus besser vorbereitet mit entsprechenden Verfügungen, welche Behandlung sie wünschten.
In den Kliniken gehört Covid-19 inzwischen zum Behandlungsalltag. Dieses Bild zeichnet auch der Ärztliche Koordinator. Im Frühjahr waren noch sämtliche elektive, also verschiebbare Behandlungen zurückgestellt und Klinikbetten fix für Corona-Patienten freigehalten worden. Inzwischen würde flexibler verfahren. Je nach Bedarf würden verschiebbare Behandlungen ganz oder nur teilweise zurückgestellt. Städtler: „Dass eben immer noch ein bisschen Luft drin ist.“
In der kürzlich reaktivierten Koordinierungsgruppe mit Vertretern der Romed-Häuser, der Schön Kliniken und der Reha-Einrichtungen aus Stadt und Landkreis Rosenheim sowie aus dem Landkreis Miesbach (analog zum Rettungszweckverband) erfolge regelmäßig eine enge Abstimmung. Entsprechend würden die Patientenströme gelenkt. Städtlers Fazit bislang: „Die Zusammenarbeit funktioniert völlig reibungslos.“
Ein Beispiel, das Städtler anführte: Würden in den ausgewiesenen Covid-19-Schwerpunktkrankenhäusern Romed Rosenheim, Wasserburg und Bad Aibling sowie im Krankenhaus Agatharied weitere Intensivbetten für Corona-Fälle benötigt, könnten intensivpflichtige Nicht-Covid-19-Patienten auf die Schön Kliniken Bad Aibling oder Vogtareuth umverteilt werden.
Und wie steht es grundsätzlich um die Bettenkapazität für Covid-19-Patienten in der Region? Ein feste, freigehaltene Bettenanzahl gebe es inzwischen nicht mehr, erklärt der Koordinator. Vielmehr werde je nach Belegungsdruck flexibel reagiert. „Wenn es sich abzeichnet, dass eine Intensivstation voll wird, dann werden Patienten verlegt, entweder in eine andere Klinik oder auf die Normalstation, wenn es ihr Gesundheitszustand zulässt.“ Analog dazu handelten die Covid-19-Schwerpunkthäuser mit ihren Normalstationen. Stiegen die Patientenzahlen an, würde eine weitere Station eröffnet. Am Romed-Klinikum Rosenheim sind aktuell zwei Covid-19-Normalstationen – im Bettenhaus 6 – in Betrieb.
Optimistisch zeigt sich Städtler auch hinsichtlich der Intensivbehandlung von Covid-19-Patienten. „Hier gab es eine steile Lernkurve.“ Es würde weniger schnell intubiert, vielmehr über eine spezielle Nasenbrille Sauerstoff zugeführt. „Es hat sich gezeigt, dass diese Behandlung wesentlich besser ist.“
Trotz allem Optimismus weiß aber auch Städtler: Aktuell ist die Lage seitens der Kliniken zwar noch gut stemmbar – doch es ist seiner Ansicht nach von enormer Bedeutung, dass sich die Menschen weiter an die Corona-Regeln hielten. „Denn mit dem derzeitigen Behandlungsdruck kommen wir noch gut zurecht. Deshalb wäre es wichtig, dass die Zahlen nicht weiter ansteigen.“ Vor allem: nicht explodieren. Denn nicht nur die Bettenkapazität sei endlich, sondern insbesondere das zur Verfügung stehende Pflegepersonal. „Die Ausstattung mit Pflegekräften ist zwar ausreichend, aber nicht übermäßig“, mahnt Städtler.