Rosenheim/Brannenburg – COL4a1 – das liest sich wie ein Handy-Kennwort zum Bildschirmentsperren, das man jederzeit ändern kann. Aber im Fall von Hanne (9) geht das leider nicht.
COL4a1 ist kein Kennwort, sondern ein mutiertes Gen. Dieses COL4a1-Gen einfach per Tastendruck umprogrammieren: Was würden Hannes Eltern nicht für ein solches Wunder geben; wenn Hanne von heute auf morgen sehen und sprechen könnte, keine epileptischen Anfälle mehr hätte, nie mehr auf der Intensivstation beatmet werden müsste.
Doch Hanne hat gelernt, den Alltag ohne Konjunktiv zu meistern. Sie genießt die vielen schönen Momente ihres Lebens in vollen Zügen. „Hanne ist der lebensfroheste Mensch, den ich kenne“, sagt die Mama.
Lange hat sie mit sich gerungen, sich die Entscheidung nicht leicht gemacht vor dem Umzug von Hanne ins Christophorushaus. Wer gibt schon gern das eigene Kind „weg“. Weggeben? Das trifft es nicht. Niemand hat Hanne „weggegeben“.
Sie hat jetzt eben zwei Familien. Werktags wohnt das Mädchen in Brannenburg, wo es laufend „bespaßt“, gefördert oder schulfertig gemacht wird. Am Wochenende ist es oft daheim. Für Hanne ist dieses „Doppelleben“ das Beste: Eine so optimale, ganzheitliche und medizinische Rundumversorgung, auch im Notfall, bekommen daheim die besten Eltern der Welt nicht hin.
Bei Hanne hat der Kollagendefekt eine komplexe Hirnfehlbildung ausgelöst. Das schwerst mehrfachbehinderte Mädchen ist blind, sitzt im Rollstuhl. Eine therapieresistente Epilepsie und Sauerstoffmangel machen ihm zu schaffen.
Die ersten Lebensjahre sind ein nerven- und kräfteraubendes Auf und Ab, mit unzähligen Klinikaufenthalten. Hanne hat keinen Tag-Nacht-Rhythmus, der Pflegeaufwand ist groß, häufig stoßen die Eltern an Grenzen. Und Hannes gesunde, zweieiige Zwillingsschwester? Sie kommt viel zu kurz.
Schließlich öffnet sich eine Tür, im Haus Christophorus, anfangs nur zur Kurzzeitpflege. Dann wird mehr daraus, weil sich alles wunderbar einspielt. Hanne besucht sogar die schulvorbereitende Einrichtung (SVE) im Förderzentrum Aschau, dann die Philipp-Neri-Schule im HPZ. Die spezielle pädagogische Betreuung dort ist wichtig für das Mädchen, vor allem für ihre Sensorik. Wer nicht sehen kann, muss das Leben ja spüren können.
Geht es Hanne gut, und das ist oft so, lacht sie immerzu. Dann lässt sie die Sonne in vielen Herzen scheinen. Dann sind alle zwei Familien glücklich: Eltern, Zwillingsschwester, kleiner Bruder, die zwölf anderen Kinder im Haus Christophorus, die vielen Betreuer und Begleiter dort.
Ein großes Stück Lebensqualität
So bringt das neunjährige Mädchen aus Rosenheim mit einem einzigen Lächeln auf den Punkt, was mit 1000 Worten nicht besser zu erklären ist. Dass es genau um diese Glücksmomente geht bei der Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ für das Haus Christophorus: um ein großes Stück Lebensqualität für 13 Kinder und Jugendliche, die sich in dieser speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Wohlfühloase trotz schwerster, unheilbarer Krankheiten optimal entfalten, entwickeln und wohlfühlen können.
Solche Oasen sind selten. Ständig kommen Anfragen – auch aus dem Raum Mühldorf. Deshalb soll das Haus Christophorus größer werden. Das Vorhaben: Platz schaffen für insgesamt 20 Kinder und eine Außenklasse der Philipp-Neri-Schule. Ein wesentlicher Faktor dabei: die Großherzigkeit der Leserinnen und Leser der OVB-Heimatzeitungen.
Eine Klasse vor der Haustür – ein Traum: „In die Schule gehen ohne tägliche Fahrstrapazen, ohne Angst vor einer Infektion im Winter, ohne komplizierte Behördenverfahren – das wäre für Hanne ein Segen“, sagt ihre Mama.
Zahlscheine liegen dieser Ausgabe bei
Wegen des aufwendigen Transports nach Rosenheim oder Aschau werden die Buben und Mädchen in aller Herrgottsfrüh aus den Betten geholt. Die Fahrten verschlingen jeden Tag Stunden und stressen die Kinder.
Deshalb schläft Hanne im Unterricht häufig ein, lässt Anfang 2020 jeden zweiten Schultag aus, ehe Corona alles auf null herunterfährt. Erschwerend hinzu kommt, dass Hanne einen Schulbegleiter braucht; keinen gewöhnlichen, es muss eine Fachkraft sein.
Die neue Klasse in Brannenburg könnte auch externen Kindern, die nicht im Haus wohnen, einen zweiten Lebensraum eröffnen, zu mehr Teilhabe verhelfen und das Ansteckungsrisiko verkleinern. Für die kleinen Risikopatienten kann auch in Nicht-Corona-Zeiten eine gewöhnliche Grippe schon lebensbedrohlich werden.
In der neuen Klasse würde Hanne nicht mehr im Unterricht schlafen. Sie könnte sich einfach hinlegen, in ihrem Zimmer um die Ecke, bis der Akku wieder aufgeladen und das Lachen wieder zurück ist. COL4a1 lässt sich nicht mehr ändern, aber den Gendefekt weglächeln, wenigstens für einen magischen Moment, das schafft Hanne wie keine Zweite.
Zahlscheine für die OVB-Aktion liegen heute bei.
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