Rosenheim – Bund, Länder, Kommunen, Kirchen und freie Träger. Die Organisation von Kindertagesstätten ist vielseitig und facettenreich. Und die Herausforderung ist groß – insbesondere in Corona-Zeiten. Auch mit Verschärfung der Corona-Maßnahmen bleiben die Kitas weiter geöffnet und der Druck auf die Mitarbeiter steigt. Aufgrund der immer schwieriger werdenden Betreuung klagen Erzieher, auch in der Region, vermehrt über eine enorme Belastung. Ein lang diskutiertes Thema um Personalressourcen und Fördergelder wird dadurch schlagartig wieder präsent.
Zusehends
überlastet
„Wir kommen an die Grenze der Belastbarkeit“, klagt beispielsweise Jutta Karl. Die 57-Jährige ist seit über 30 Jahren Erzieherin einer Rosenheimer Kita und kämpft tagtäglich darum, den Betrieb unter Berücksichtigung aller Sicherheitsmaßnahmen am Laufen zu halten. Sie wünscht sich, dass die Politik den Stellenwert der wertvollen Arbeit anerkennt und die Probleme Personalmangel und Unterbezahlung endlich angeht. Sie fürchtet, dass andernfalls die zusätzliche Belastung bald zu zahlreichen Gruppen und Standortschließungen führen wird.
Damit das nicht passiert, hat das Bayerische Sozialministerium laut eigener Aussage bereits einige Förderprogramme in die Wege geleitet. Demnach sei die Bekämpfung des Fachkräftemangels eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weshalb bereits ein Fünf-Punkte-Plan zur Förderung von Fachkräften beschlossen wurde. Dieser sieht vor, die Ausbildungsstellen für Erzieher auszubauen, Qualifizierungsmaßnahmen für Quereinsteiger zu ermöglichen, Bewerbungen im In- und Ausland zu verbessern sowie die Ausbildungszeit zu verkürzen. Anlässlich der Corona-Krise wurde zudem im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst eine Corona-Prämie beschlossen, die den Erziehern in der besonderen Situation helfen soll.
Das Problem: Laut der Gewerkschaft „verdi“, die die Verhandlungen der Prämie mit dem Bund und den Kommunen übernommen hat, profitieren nur rund ein Drittel der 752000 Kita-Beschäftigten von dem verhandelten Bonus. Denn die Einrichtungen mit freien Trägern oder unter der Trägerschaft von Kirchen sind von der staatlichen Förderung ausgeschlossen.
Trotzdem haben auch diese Einrichtungen mit denselben Problemen zu kämpfen, wie die Rosenheimerin Karl berichtet. „Die Betreuung von 80 Kindern mit den bestehenden Auflagen zu gewährleisten war nahezu unmöglich.“ Bis Januar sehe es jetzt zwar besser aus. Wenn die Regelungen aber dann so seien wie bisher, stehe man ganz schnell wieder vor demselben Problem.
Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) sieht daher deutschlandweit dringenden Handlungsbedarf. „Das Thema muss auf die politische Tagesordnung“, ist sie sich sicher. Als Mutter sehe sie tagtäglich, was für eine Gratwanderung zwischen bestmöglichem Infektionsschutz und ausgezeichneter Betreuung die Erzieherinnen und Erzieher jeden Tag leisten. Das sei kein leichtes Unterfangen, denn die personelle Ausstattung war bereits vor Corona in vielen Kitas angespannt. Eine Lösung des Problems lässt allerdings auch Ludwig mit Verweis auf die heterogene Trägerschaft offen.
Notbetreuung
keine Dauerlösung
Auch wenn die von Erzieherin Karl eingeforderte Wertschätzung der Kita-Mitarbeiter mehrfach bestätigt wird, bleibt die Belastung bestehen. Das Bayerische Sozialministerium spricht sich klar dafür aus, den Kita-Betrieb in jedem Fall so schnell wie möglich wieder einzurichten und nicht dauerhaft auf eine Notbetreuung zu setzen. Laut Erzieherin Karl ist das ein gefährliches Spiel mit den ohnehin schon schwindenden Personalressourcen. Langfristig sei das jedenfalls keine Lösung.