Rosenheim – Passanten ohne Maske, zu große Gruppen ohne Abstand: Das Treiben am vergangenen Wochenende auf dem Max-Josefs-Platz in Rosenheim löste bei manchen Menschen Kopfschütteln aus. Etwa bei Johanna Schildbach-Halser. „Verärgert und entsetzt über das Verhalten zahlreicher Passanten“ zeigte sie sich nach ihrem Besuch bei „Winter in Rosenheim“: „30 Prozent der Leute auf dem Platz waren ohne Maske.“
Hochamt des
Leichtsinns?
Ein Hochamt des Leichtsinns an dem Wochenende, an dem der bayerische Ministerpräsident in Sachen Corona den gestrengen Knecht Ruprecht gibt? An dem Rosenheim wegen seiner hohen Sieben-Tage-Inzidenz von 218 knapp vor einer Ausgangssperre steht? Der „Winter in Rosenheim“ könnte zu den ersten Dingen zählen, die der neuen, noch strengeren Corona-Richtlinie zum Opfer fallen.
Was Thomas Bugl schade fände. Der Wirtschaftsdezernent freute sich an einer „gewissen Anmutung von vorweihnachtlicher Stimmung“ im Herzen Rosenheims. Andererseits sah auch er nicht nur das Licht der Weihnachts-Illumination, sondern auch Schatten. Man habe „die betrübliche Feststellung machen müssen, dass sich eine Reihe von Menschen nicht an die Regelungen für die Fußgängerzone gehalten hat.“ Diese Beobachtungen werde man berücksichtigen. „Es gilt, eine ausgewogene Lösung zu finden.“
Auf Weihnachtsstimmung scheint es Ministerpräsident Söder (CSU) weniger anzukommen. „Die Lage ist leider ernst“, sagte er, „es reicht einfach nicht, wir müssen mehr tun, wir müssen handeln.“ Zum Beispiel mit einer Ausgangssperre für die Zeit zwischen 21 und 5 Uhr in Kommunen, die eine Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 haben. Wie Rosenheim.
Alle nicht nötigen Besuche und Gänge einzustellen – die Menschen in der kreisfreien Stadt werden kaum darum herumkommen. „Alles steht unter der Überschrift daheim bleiben, einfach daheim bleiben, Kontakte reduzieren, Kontakte vermeiden“, sagte Söder. Nur wie genau? Maßgeblich ist, was online im Bayerischen Ministerialblatt veröffentlicht ist. Und da stand erstmal – nichts. Ausgangsbeschränkungen, Sperren, eine Pause für den „kleinen Grenzverkehr“ mit Tirol: All das steht im Raum, aber noch nicht im Amtsblatt. Bei der Polizei darf man sich darauf einstellen, noch mehr Aufwand bei Kontrollen zu haben. Denn auch für die Ausgangssperre gibt es viele Ausnahmen. Aus beruflichen oder medizinischen Gründen beispielsweise darf man die Wohnung verlassen. „Wir kontrollieren intensiv, schon jetzt“, sagt Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. „Grundsätzlich können wir noch nicht mehr sagen, weil noch nichts beschlossen wurde.“
Was feststeht: Der kleine Grenzverkehr zwischen Bayern und Tirol wird noch mehr abgeschnürt. Für die Einreise nach Bayern gelten schon jetzt strenge Quarantäne-Auflagen für Menschen, die sich länger als 24 Stunden in Tirol aufgehalten haben. Touristische oder sportliche Besuche sollen unterbleiben, der Einkauf ist noch möglich – für Bayern in Tirol, nicht aber umgekehrt. Und auch das nur noch heute. Ab Mittwoch zieht ein solcher Trip wohl Quarantäne nach sich.
Das Inntal ist
besonders betroffen
Betroffen ist besonders das Inntal. Getrennt zu Weihnachten? Eine schreckliche Vorstellung für den ÖVP-Politiker Walter J. Mayr von „Euregio Inntal“. Er hat den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter in einem Brief um Milde für die Weihnachtsfeiertage gebeten: „Eine 24-Stunden-Regelung ohne folgende Quarantäneverpflichtung wäre ein gangbarer Weg, der aber viel Verständnis bei der Bevölkerung finden würde.“
Hajo Gruber ist Bürgermeister von Kiefersfelden und ebenfalls ein Verfechter eines geeinten Europa. Er findet einerseits die Einschränkungen „furchtbar“. Auf der anderen Seite versteht er Söder. „Es ist nun einmal die oberste und vornehmste Pflicht des Staates, die Menschen zu schützen“, sagt er. Kiefersfelden mit 7000 Einwohnern habe 13 Tote, sagte er. „Ich unterschätze Corona ganz sicher nicht.“