Rosenheim – Wenn auch die „die Hütte brennt“ (O-Ton Kanzlerin Merkel), dann ist auf der Terrasse noch Gelegenheit für einen letzten Kinderpunsch. Während Bayern auf die von Ministerpräsident Söder verkündeten Corona-Beschränkungen zusteuert, hält Rosenheim vorerst einen Hauch von Weihnachtsatmosphäre aufrecht.
Denn der „Winter in Rosenheim“ kann theoretisch fortgesetzt werden, einen Abbruch wollte die Stadt auch am Dienstag noch nicht verkünden. Vor allem, „weil die rechtliche Grundlage für eine Allgemeinverfügung fehlt“, wie Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen betont.
Noch fehlt die
Rechtsgrundlage
Dazu brauche es verbindliche Vorgaben vom Freistaat, erklärt Bugl. Dafür wiederum müssten Söders Worten Zeilen folgen, in Form einer Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, zehnte Auflage, im Ministerialblatt online zu veröffentlichen. Das aber war am Dienstag bis Redaktionsschluss noch nicht geschehen. Besonderen Handlungsbedarf sieht übrigens das Rosenheimer Gesundheitsamt nicht. Von „Winter“ und „Kulttürchen“ gehe an sich „kein wesentliches Risiko“ aus, sagt Sprecherin Ina Krug – so lange Speisen und Getränke nicht vor Ort konsumiert werden.
Fest scheint zu stehen, dass Rosenheim eine Ausgangssperre droht. Zwischen 21 Uhr abends und 5 Uhr morgens hätten sich dann die Menschen in ihren Wohnungen aufzuhalten. Die Beschränkung gilt wohl nicht für den Landkreis. Denn als Corona-Hotspots gelten Kommunen mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 200. Rosenheim pendelte am Dienstag um die 230, der Landkreis auf unter 170. Zu genaueren Auskünften aber sieht sich auch das Landratsamt nicht in der Lage – siehe fehlende Rechtsgrundlage.
Eine gewisse Klarheit sehen immerhin die Kliniken hergestellt – mit der Ausrufung des Katastrophenfalls. Die Lage sei bislang beherrschbar, sagt Dr. Jens Deerberg-Wittram, Geschäftsführer der Romed-Kliniken, auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. Um Überlastung zu vermeiden, sei eine „frühzeitige, schnelle und unkomplizierte Zusammenarbeit mit umliegenden Krankenhäusern notwendig“, meint er. Während der ersten Welle habe sich mit Ausrufung des Katastrophenfalls gezeigt, dass die Koordination der Kliniken über Dr. Michael Städtler „hervorragend funktioniert“ habe. „Aus unserer Sicht ist es absolut sinnvoll, dies jetzt wieder genauso umzusetzen“, sagt er. Die Schön-Kliniken in der Region stehen nach Verfügung des Freistaats nicht in der vordersten Line, behandeln daher nur wenige Covid-19-Patienten, und die überwiegend auf der Normalstation. Gelassen ist man dennoch nicht. „Wir blicken mit Sorge auf die anhaltend hohen Infektionszahlen in Bayern, aber auch im restlichen Bundesgebiet“, heißt es von Seiten des Schön-Klinikverbunds.
Es drohen noch
härtere Einschnitte
Harte Einschränkungen bis Weihnachten, noch härtere nach den Feiertagen: Das kündigte Markus Söder jüngst an. Um die Zahlen zu drücken. Auch in der Region bleiben die Kurven hoch. In Stadt und Landkreis Rosenheim wurden zehn weitere Corona-Tote registriert, acht von ihnen über 80 Jahre alt. Massenausbrüche wie bei einem Fleisch-Großbetrieb in Traunstein sowie in Senioren- und Pflegeheimen in Siegsdorf und Inzell lassen dort die Inzidenzzahl nach oben schnellen. Droht am Ende ein Lockdown noch vor Weihnachten, mit Ladenschließungen wie in Sachsen?
Rosenheims Citymanagerin Sabrina Obermoser findet sich im Zwiespalt. Einerseits will man, dass die Menschen gesund sind. „Andererseits ist jeder Einschnitt ein Stich ins Herz, wenn man eine Leidenschaft für die Innenstadt hat.“ Das Weihnachtsgeschäft sei schon schlecht angelaufen, nun drohe weiterer Schaden.
Der Einzelhandel – auch er ist ein Corona-Patient. „Es wird hart werden, die Innenstädte haben sich schon vom ersten Lockdown nicht so erholt wie die Geschäfte auf der grünen Wiese“, sagt Sabrina Obermoser.