Oberlandesgericht bestätigt Traunsteiner Urteil

von Redaktion

Facebook-Nutzer verbreitet volksverhetzenden Inhalt unter einem Pseudonym – Posts des Rosenheimers gelöscht und Klage abgewiesen

Traunstein/München – Ein Urteil des Landgerichts Traunstein zum Thema Klarnamen auf Facebook stand auf dem Prüfstand vor dem Oberlandesgericht (OLG) München. Die Achte Traunsteiner Zivilkammer mit Vorsitzendem Richter Dr. Johannes Kammergruber hatte die Klage eines Facebook-Nutzers aus Rosenheim im Mai 2019 abgewiesen. Der 18. Zivilsenat des OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

Klarname
notwendig?

Der Rechtsstreit drehte sich um die Frage, ob ein Nutzer unter seinem Klarnamen auftreten muss oder ein Pseudonym verwenden kann. Der Kläger hatte außerdem Beiträge mit volksverhetzendem Inhalt auf Facebook gestellt, die das Unternehmen entfernt hatte.

Der Kläger führte bei Facebook Ireland Limited ein Nutzerkonto. Zunächst trat er unter einem Pseudonym als Profilnamen auf. Facebook hakte nach, ob das der Name sei, den er im Alltag verwendet. Der Nutzer ließ nichts hören. Deshalb wurde sein Nutzerprofil wegen „fehlender Reaktion“ im März 2018 gesperrt. Daraufhin änderte der Kläger seinen Profilnamen in seinen wahren Namen ab. Die Sperre wurde am selben Tag aufgehoben.

Gegenstand des Traunsteiner Verfahrens waren außerdem zwei Beiträge des Klägers auf Facebook im Juli und im September 2018. Die Beklagte löschte beide unter Verweis auf „einen Verstoß gegen ihre Gemeinschaftsstandards“ und sperrte das Nutzerprofil erneut jeweils zeitweise. Für die Dauer der Sperrungen konnte der Kläger weder selbst posten noch fremde Beiträge kommentieren oder den Messenger-Dienst nutzen.

Der erste Post bestand aus einem Textbeitrag mit Video. In dem Text kritisierte der Kläger beispielsweise, dass die Bundesregierung den in Südafrika verfolgten und „abgeschlachteten weißen Farmern“ kein Asyl gewähre, sich lieber „solche Freunde“ ins Land hole und von „angeblichen Flüchtlingen fabuliere“. Das Video zeigte einen Topf, in dem eine Person mit schwarzer Hautfarbe menschliche Überreste kocht. Der zweite Post enthielt einen „tanzenden Hitler“ mit gestrecktem Arm in der Pose von John Travolta aus dem Film „Saturday Night Fever“ und war mit dem Schriftzug „Saturday Night Fuhrer“ versehen.

Die Achte Zivilkammer hatte die komplette Klage des Rosenheimers abgewiesen. Dabei berief sich das Landgericht Traunstein auf die sogenannte „Klarnamenklausel“ in den seit 19. April 2018 geltenden Nutzungsbedingungen der Beklagten. Demnach muss jeder Nutzer denselben Namen verwenden, den er auch im täglichen Leben verwendet. Die Klausel wurde als wirksam angesehen, ein Verstoß gegen das Telemedien-Gesetz verneint.

Der Beklagten sei es nicht zumutbar, die Nutzung ihrer Dienste unter einem Pseudonym zu ermöglichen, hieß es in der Urteilsbegründung. Facebook habe ein „berechtigtes Interesse daran, dass Nutzer unter ihrem wahren Namen aufträten – weil dies die Hemmschwelle für ein mittlerweile weitverbreitetes negatives Verhalten wie Cyber-Mobbing, Beleidigungen, Belästigungen, Bedrohungen und hasserfüllte Beiträge erhöhe“.

Profil zeitweise
gesperrt

Die gelöschten Beiträge stufte das Gericht 2019 als „Volksverhetzung“ beziehungsweise als „einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards in Form der Unterstützung und Verherrlichung gefährlicher Personen und Organisationen“ ein. Deshalb sah das Gericht auch das Löschen beider Beiträge und die zeitweise verhängten Sperren des Nutzerprofils als rechtmäßig an.

Das Urteil wollte der Kläger nicht akzeptieren und zog vors Oberlandesgericht. Dort nahm er in einer Verhandlung im September 2020 seine Berufung gegen die gelöschten Beiträge allerdings zurück. Damit verlangte der Kläger von der Beklagten jetzt nur noch, es zu unterlassen, ihn an der Änderung des von ihm verwendeten Profilnamens für sein Profil auf der von der Beklagten betriebenen Social-Media-Plattform Facebook zu hindern.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung in dem verbliebenen Punkt mit dem Klarnamen kostenpflichtig zurück. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, Vertragspartnern die Nutzung unter einem Pseudonym zu ermöglichen. Monika Kretzmer-Diepold

Artikel 1 von 11