Im Wahn gefährlich für die Allgemeinheit

von Redaktion

Gericht ordnet erneut Unterbringung eines 34-Jährigen in der Psychiatrie an

Traunstein/Rosenheim – Im Wahn sieht ein psychisch kranker 34-Jähriger „Aliens“, gegen die er sich und die Welt mit aller Kraft verteidigen muss. Vor diesem Hintergrund forderte der Obdachlose im Oktober 2018 nachts in Rosenheim Frauen auf: „Verschwindet von meiner Erde. Sonst schlitze ich euch die Kehle auf.“ Eine Frau verletzte er durch Faustschläge erheblich. Zum zweiten Mal ordnete das Landgericht Traunstein die Unterbringung des Beschuldigten in der Psychiatrie an.

Ersturteil zum
Teil aufgehoben

Nach dem – vom Bundesgerichtshof zum Teil aufgehobenen – Ersturteil der Zweiten Strafkammer vom Februar 2020 (wir berichteten) gelangte die Sechste Strafkammer jetzt zu dem gleichen Ergebnis. Den Schuldspruch „Bedrohung und Körperverletzung“ des Erstgerichts mit Freispruch des 34-Jährigen wegen Schuldunfähigkeit hatte der Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Dieser Teil des Urteils stand somit bei der jetzigen Verhandlung rechtskräftig fest. Zu prüfen war allerdings nochmals die Frage einer zeitlich nicht begrenzten Unterbringung einem psychiatrischen Krankenhaus.

Der Beschuldigte mit sieben Einträgen im Bundeszentralregister behauptete auch im Prozess der Sechsten Strafkammer mit Vorsitzender Richterin Jacqueline Aßbichler, er habe nichts getan und sei vollkommen gesund. Das Gericht hörte eine Reihe von Zeugen an. Sie berichteten von wiederholt auffälligem und teils aggressivem Verhalten des Beschuldigten. Er laufe zum Beispiel manchmal halbnackt in der Stadt herum, schlafe häufig in einer Damentoilette, trage Alufolie in den Haaren, stopfe seine Kleidung mit Papier aus – „um Strahlen abzuwehren“.

Ein Krankenpfleger, der mit dem 34-Jährigen beruflich zu tun hat, betonte, er sähe eine sofortige Entlassung des Beschuldigten „mit großer Sorge“. Der psychiatrische Gutachter, Oberarzt Rainer Gerth vom Bezirksklinikum in Gabersee, attestierte dem Beschuldigten eine massive psychische Erkrankung, die weiterhin mit Medikamenten behandelt werden müsse. Er sei in ein Wahnsystem verstrickt. Jedoch fehle es an jeglicher Krankheitseinsicht.

Staatsanwältin Maria Riedl beleuchtete alle positiven und negativen Aspekte. Sie zog das Fazit, es sei unumgänglich, die Unterbringung anzuordnen. Der Verteidiger, Andreas Leicher aus Rosenheim, plädierte, den Antrag auf Unterbringung zurückzuweisen, hilfsweise, die Unterbringung zur Bewährung auszusetzen.

Im Urteil ging die Vorsitzende Richterin auf die Verteidigerargumente ein. Leicher hatte unter anderem angeführt, man dürfe die gewählten Lebensumstände seines Mandanten „nicht nach unseren Maßstäben bemessen“. Dem stimme das Gericht grundsätzlich zu, betonte Jacqueline Aßbichler.

Weitere Übergriffe
sehr wahrscheinlich

Jeder dürfe leben, wie er will: „Auch muss die Gesellschaft gewisse Dinge ertragen, die wir als unangenehm empfinden. Es geht aber zu weit, wenn jemand krank ist und diese Krankheit ihn zu einem unkontrollierbaren, aggressiven Menschen macht, der in seinem Wahn eine Gefahr für die Allgemeinheit ist.“ Übergriffe gegen Personen und Sachen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

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