Brannenburg/Starnberg – Sie ist seit 43 Jahren die Ehefrau des Urururenkels von König Ludwig I. – und damit ganz offiziell eine Prinzessin. Weil sich Prinzessin Ursula von Bayern schon lange für Kinder mit Einschränkungen oder Benachteiligungen einsetzt, stellte sie sich heuer gern als Patin für die OVB-Weihnachtsaktion zur Verfügung. Das Projekt im Haus Christophorus liegt der Prinzessin (72) sehr am Herzen. Ein Interview.
Liebe Prinzessin Ursula von Bayern, Sie und Ihr Mann engagieren sich sozial. Weil Adel verpflichtet oder gibt es auch andere Gründe?
Unsere Gesellschaft funktioniert nur, wenn sich möglichst viele Menschen für andere einsetzen. Insofern würde ich sagen, dass sich jeder zu sozialem Engagement verpflichtet fühlen sollte, ganz egal aus welcher Familie er kommt. Mein Mann und ich unterstützen eine Reihe von Projekten, gemeinsam ist ihnen allen, dass sie sich für Kinder und Jugendliche engagieren.
Warum unterstützen Sie ausgerechnet die OVB-Weihnachtsaktion? Was halten Sie von Einrichtungen wie dem Haus Christophorus für Kinder mit schwerst-mehrfachen Beeinträchtigungen?
Mir gefällt, dass die OVB-Aktion in Brannenburg auch eine Außenklasse der Philipp-Neri-Schule im Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) in Rosenheim ermöglicht. Dadurch können deutlich mehr Kinder mit hohem Versorgungsaufwand die Klasse besuchen, und zwar ohne stressige, lange Anfahrt. Das Haus Christophorus und seine wichtige, großartige Arbeit sind mir schon lange ein Begriff, denn es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Ambulanten Dienst des Kinderpalliativzentrums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Die Arbeit des Kinderpalliativzentrums begleite ich von Anfang an.
Sie haben selbst vier Kinder. Wir haben Sie sie erzogen?
Unsere Kinder sind längst erwachsen und zum Teil bereits selbst Eltern. Vor zwei Wochen ist Alexis zur Welt gekommen, unser neuntes Enkelkind. Trotzdem sind wir nach wie vor eng miteinander. Bei ihrer Erziehung war uns Liebe und Respekt wichtig – beides haben wir ihnen entgegengebracht, aber auch darauf bestanden, dass sie sich anderen Menschen gegenüber respektvoll und empathisch verhalten.
Was verbindet Sie besonders mit der Region Rosenheim? Sicher waren Sie schon auf Herrenchiemsee?
Die Region Rosenheim ist ein besonders schöner Flecken in Bayern. Natürlich war ich schon oft am Chiemsee, und zwar nicht nur auf der Herreninsel, sondern auch auf der idyllischen Fraueninsel, wo die Benediktinerinnen das meiner Meinung nach beste Marzipan herstellen.
Speziell für Kinder ist eine Prinzessin ohne Krone und Märchenschloss kaum vorstellbar. Wo ist die Wittelsbacher Geschichte in Ihrem Leben und Alltag noch greifbar und spürbar?
Die wenigsten Adeligen leben heute in einem Schloss und selbst amtierende Königinnen tragen nur noch zu sehr raren Gelegenheiten ein Diadem. Die Wittelsbacher Geschichte ist bei uns schon deswegen präsent, weil es die Geschichte der Familie meines Mannes ist. Außerdem leben wir am Starnberger See in der Nähe der Stelle, an der ein Kreuz an König Ludwig II. erinnert, der hier im See ertrank.
Sie sind bald neunfache Großmutter. Was hat sich verändert im modernen digitalen Zeitalter?
Natürlich haben meine älteren Enkel ein Mobiltelefon oder ein Tablet. Aber wenn sie bei mir zu Besuch sind, spielt das digitale Zeitalter keine so große Rolle. Ich lese ihnen vor, zum Teil aus den alten Büchern ihrer Eltern. Mein Lieblingsmärchen in der Kindheit war übrigens „Die Prinzessin auf der Erbse“. Wir kochen oder backen, schauen zusammen einen Film und vor Corona gingen sie auch gerne mit mir in die Oper oder ins Ballett.
Wir leben seit März in einer außergewöhnlichen Zeit. Ihr Eindruck von der Corona-Krise?
Natürlich ist die Pandemie eine herausfordernde Zeit für uns alle. Wir wissen immer noch relativ wenig über das Virus, das sorgt bei vielen Menschen für Ängste und Unsicherheit. Aber bei vielen auch für einen noch größeren Einsatz für soziale Projekte als vorher.
Leider ist derzeit kein Besuch in Brannenburg möglich, um die Kinder nicht zu gefährden. Holen wir einen Besuch in besseren Zeiten nach?
Unbedingt, ich freue mich schon darauf, das Projekt, die Kinder und auch alle Betreuerinnen und Betreuer persönlich kennenzulernen.
Interview: Ludwig Simeth