Viel Zuspruch, keine Nachahmer

von Redaktion

Einzelhändler will trotz des Lockdowns öffnen – So reagiert die Stadt

Rosenheim – Der Unternehmer Udo Siebzehnrübl (60) plant, wie berichtet, eine Wiedereröffnung seiner Intersport-Geschäfte zum 11. Januar. Auch für den Fall, dass der Lockdown verlängert wird. In Rosenheim gibt es für seinen Vorstoß zwar Verständnis. Nachahmer haben sich – bis jetzt – aber noch nicht gefunden.

Hilfsfonds
für Rebellen

Die vergangenen Tage waren für Udo Siebzehnrübl vor allem eins: stressig. Er hat hunderte von E-Mails bekommen, hat etliche Interviews gegeben und Telefonate geführt. „Das Echo war sensationell und größtenteils positiv“, sagt er am Telefon. Nachdem er bekannt geben hatte, dass er seine Geschäfte, egal wie die Politik entscheidet, wiedereröffnen will, hat sich die Nachricht verbreitet wie ein Lauffeuer. Ladenbesitzer aus ganz Deutschland, von Kiel bis ins Berchtesgadener Land, hätten sich bei ihm gemeldet, ihn für seinen Mut gelobt und sich nach Details erkundigt. „Alle wollen mich, so gut es geht, unterstützen“, sagt Siebzehnrübl.

In den kommenden Tagen will er sich rechtlich beraten lassen. Er weiß, dass sein Handeln Konsequenzen mit sich zieht. Abschrecken lässt er sich davon nicht. Auch weil sich unter seinen neu gewonnenen Anhängern einige gefunden hätten, die einen Hilfsfonds für ihn eingerichtet haben. „Dadurch soll die Strafe auf mehrere Schultern verteilt werden“, sagt Siebzehnrübl. Denn wer sein Geschäft, trotz Corona-Verordnung, öffnet, auf den kommt ein hartes Bußgeld zu. „Man muss mit bis zu 5000 Euro Strafe rechnen“, heißt es von der Rosenheimer Polizei. Auch die Beamten sind informiert, wissen von den Plänen des Unternehmers. Wie genau man am Montag, 11. Januar, reagieren will, sei im Moment noch offen. Unter anderem auch deshalb, weil erst am heutigen Dienstag endgültig bekannt gegeben werden soll, ob der Lockdown tatsächlich verlängert wird.

Stadt will
vorerst abwarten

Genau diese Entscheidung will auch die Stadt Rosenheim abwarten. Sollte – wie bis jetzt spekuliert wird – eine Wiedereröffnung der Geschäfte auch über den 10. Januar hinaus nicht gestattet sein, müsste man die Situation neu prüfen. Doch egal was die Stadt sagt, von seinem Vorhaben abbringen lassen, wird sich Udo Siebzehnrübl höchstwahrscheinlich nicht. Denn sein Ziel steht fest: „Ich möchte wieder aufsperren“, sagt er.

Es ist eben dieser Mut, den auch vieler seiner Kollegen in Rosenheim loben. Und doch haben sich bis jetzt noch keine Nachahmer gefunden. „Wir halten uns an die Auflagen. Die Gesundheit geht vor“, sagt beispielsweise Miriam Happek. Sie ist die Filialleiterin der Buchhandlung Rupprecht in der Münchener Straße, die erst vor einigen Wochen neu eröffnet hat. Zwar treffe die Entscheidung, ob ihr Geschäft aufsperrt oder nicht, nicht sie selbst. Trotzdem ist Happek sich sicher, dass man – sollte der Lockdown tatsächlich verlängert werden – auch weiterhin geschlossen bleibt.

Gleiches gilt für das Sportgeschäft Iko in Raubling. „Natürlich wollen wir aufsperren. Aber nur, wenn es erlaubt ist“, sagt Geschäftsführerin Tessa Irlbacher. Bis dahin versuche sie, andere, kreative Wege zu finden, um ihre Waren an den Kunden zu bringen. Ähnlich äußert sich Andreas Bensegger vom gleichnamigen Rosenheimer Bürozubehör-Unternehmen. Auch er hat von Udo Siebzehnrübls Vorhaben gehört. Mitziehen will er nicht. „Ich kann die Ungeduld nachvollziehen. Aber wir halten uns an die Regeln.“ Zudem bezweifelt er, dass, selbst wenn einige Geschäfte wieder aufsperren würden, es sich wirtschaftlich lohne. Denn nach wie vor gebe es zu wenig Besucher in der Stadt. Daran würden auch vereinzelte Geschäftseröffnungen nichts ändern. „Die Stadt lebt vom gemeinsamen Miteinander“, ist sich Bensegger sicher.

Vom gemeinsamen Miteinander spricht auch Michael Steinkohl, Inhaber des Fitnessstudios „37 Grad Celsius“. „Ich glaube, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen,“ sagt er. Zwar könne er verstehen, dass „der Udo“ auf die Barrikaden geht, trotzdem glaubt er, dass ein solcher Alleingang nicht der richtige Weg ist. Aus diesem Grund bleibt auch sein Studio weiterhin geschlossen.

Und auch in der Gastronomie reagiert man verhalten auf die Nachricht. „Ich ziehe nicht mit“, sagt Toni Sket vom Wirtshaus „Zum Johann Auer“. Er glaubt nicht, dass es sich lohnt, auch wegen der rechtlichen Konsequenzen, die eine solche Entscheidung mit sich zieht. „Die Solidarität fehlt. Die großen Unternehmen werden nicht mitziehen.“

Der Traum vom
Wiederaufsperren

Und so scheint Siebzehnrübl vorerst der Einzige in der Region zu sein, der seine Geschäfte trotz Lockdown wiedereröffnen will. Stören tut es ihn nicht. „Ich bin davon überzeugt, dass wir dem Ziel, wieder aufsperren zu dürfen, ein Stück näher gekommen sind.“ Dafür nimmt er auch die stressigen Tage in Kauf.

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