Rosenheim/München – In normalen Zeiten wäre es eine Randnotiz über den Ausstand der Vizepräsidentin des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Nachdem Eva Schichl am Donnerstag im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum offiziell in den Ruhestand verabschiedet worden war (wir berichteten), wurde im Anschluss an den offiziellen Pressetermin ein Mittagessen serviert.
Zehn Personen
im Kuko-Saal
Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, handelte es sich um ein Drei-Gänge-Menü mit Suppe, Kalbs und Bayrisch Creme. Insgesamt zehn Personen aßen gemeinsam, darunter Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer, Polizeipräsident Robert Kopp und Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März.
Im Lockdown mit strengen Regeln für alle Bayern sorgt so ein Zusammentreffen für Unverständnis. Vor allem bei Vertretern der Gastronomie. „Das ist extrem unglücklich und absolut kein Vorbild“, sagt die Chefin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Angela Inselkammer. „Das darf nicht sein. Unsere Branche steht komplett im Regen und da wird ein Schlupfloch gesucht.“ Auch Bayerns FDP-Chef Martin Hagen moniert ein „Umgehen“ der Regeln: „Markus Söder hat gesagt: Die Zeit der Schlupflochsuche sei vorbei. Man sollte doch annehmen, dass sein Innenminister das beherzigt.“
Das Innenministerium deklariert das Mittagessen als Dienstbesprechung. „Aufgrund der Mittagszeit wurde den Besprechungsteilnehmern eine Verpflegung angeboten. Eine Dienstbesprechung in dieser Form ist nach der aktuellen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zulässig“, sagt Sprecher Oliver Platzer.
Konferenzen mit Abstand noch erlaubt
Bei Einhaltung der Abstandsregeln sind Besprechungen laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) tatsächlich erlaubt. Allerdings verweist die Behörde auch darauf, dass derzeit alle Besprechungen auf elektronischem Weg abgehalten werden sollten.
Das Polizeipräsidium Rosenheim war am Sonntag für eine weitere Stellungnahme nicht zu erreichen. Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März (CSU) erreichte die Anfrage der OVB-Heimatzeitungen am Sonntag kurz vor dem Mittagessen: „Gleich fürs Protokoll: Es gibt Reh, ich habe selbst gekocht und wir haben keinen Besuch.“ Die Aufregung kann er im Kern nicht nachvollziehen: „Jeder hatte bei dem Essen seinen eigenen Tisch, die Abstände waren entsprechend groß. In meinen Augen lief das regelkonform ab.“
Der Oberbürgermeister hatte als Chef der Ordnungsbehörde teilgenommen, Gastgeber war das Ministerium. Rund eine Stunde lang habe man das Thema Sicherheit in der Pandemie und die entsprechenden Verordnungen besprochen, dann sei das Treffen beendet gewesen. Über Form und Zeitpunkt der Veranstaltung könne man durchaus geteilter Meinung sein, räumt Andreas März ein. „Keine Frage, das war nicht glücklich gewählt. Aber es war auch keine Ausnahmesituation.“ Derartige Termine fänden in der Arbeitswelt trotz des Lockdowns nach wie vor überall in Deutschland statt. März: „Hätte das Ganze in einem Saal im Präsidium oder im Rathaus bei Kaffee und Butterbreze stattgefunden, wäre die Aufregung nicht halb so groß.“